Wolfskrieg

  • Rowohlt
  • Erschienen: April 2019
  • 1

Karolina Fell (Übersetzerin)

Wolfskrieg
Wolfskrieg
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Carsten Jaehner
951001

Histo-Couch Rezension vonApr 2020

Ein alter Krieger nimmt Rache

Northumbrien in den frühen 920er Jahren. Uhtred von Bebbanburg hat seine Familienburg erobert und doch erreicht ihn ein Hilferuf seines Schwiegersohns Sigtryggr, der König in Northumbrien und mit Uhtreds Tochter Stiorra verheiratet ist. Nach einer kurzen Balgerei stellen Uhtred und seine Männer fest, dass es sich bei dem Hilferuf wohl nur um eine List gehandelt hat. Sköll Grimmarson hat Uhtred aus Bebbanburg weggelockt, um ihn zu töten, da Uhtred einst seinen Sohn verunstaltet hat.

Zum Skölls Rachefeldzug gehört auch, Verwandte von Uhtred zu töten, woraufhin dieser Rache schwört. Doch gilt es zunächst herauszufinden, wo sich Sköll aufhält, und so suchen sie ihn jenseits des Römischen Walls. Als sie ihn schließlich in Heahburh finden, hat er nicht nur seine Wolfskrieger dabei, sondern auch Snorri, einen blinden, aber dennoch mächtigen Zauberer, der für die Wolfskrieger ein Garant für den Sieg sein soll. Auch Uhtred und seine Männer sind beeindruckt, und so kommt es zur Schlacht an der schier uneinnehmbaren Zitadelle von Heahburh.

Sehenden Auges in die Falle gelockt

In seinem bereits elften Roman um den Sachsen Uhtred von Bebbanburg „Wolfskrieg“ erlebt der Leser Uhtred wieder in alter Frische und guter Form, auch wenn man bereits merkt, wie der Zahn der Zeit an ihm nagt, was er auch selber immer wieder gerne ironisch betont. Er ist um die 60 Jahre alt, aber immer noch gefürchtet, zumal er einen Namen hat, der vielen das Fürchten lernt, gilt er ja auch als Priestermörder und König ohne Krone, also absolute Respektsperson.

Dass nun jemand seine Tochter tötet und damit seinen Schwiegersohn Sigtryggr, Vater seiner Enkel, zum Witwer und verunsicherten König von Northumbrien und zugleich Spielball mannigfaltiger politischer Überlegungen macht, kommt Uhtred insofern ungelegen, da er sich gerade auf Bebbanburg, der Burg seiner Väter, eingerichtet hat. Doch er macht sich auf den Weg mit seinen alten Recken, um Rache zu nehmen, und das wird immer wieder begleitet von politischen Debatten, wie die Einigung Englalands verlaufen kann, und dem üblichen Zwist der Religionen von Nordmännern, Sachsen, Christen und Dänen.

„Die Männer, die für mich kämpften, beteten ein Dutzend Götter und Göttinnen an, darunter auch den Christengott, doch wenn ein Mann diesen Unsinn glaubt, dass es nur einen einzigen Gott gibt, dann hat es keinen Sinn zu streiten, denn das wäre, wie mit einem Blinden über einen Regenbogen sprechen zu wollen.“

Mit Sköll Grimmarson hat Cornwell einen Wikinger erfunden, der mit seinen titelgebenden Wolfskriegern Northumbrien unsicher macht und seine Spuren hinterlässt. Seine Krieger kleiden sich mit Wolfsfellen und geben entsprechende Geräusche von sich, sie bewegen sich  wie Wölfe und sind auch so brutal zu ihren Opfern. Was in Teil zehn „Der Flammenträger“ der Reihe an Schlachten und Kämpfen ausgelassen wurde, wird hier in erhöhter Dosis nachgeholt, und Cornwell versteht es wie so oft, den Leser in den Kampf und die Schlacht zu holen, erklärt die taktischen Winkelzüge und warum man siegt oder verliert.

Neue Erzählperspektive

Besonders geschickt tut er dies im finalen Teil der entscheidenden Schlacht, in der er eine neue Art des Erzählens gefunden hat: Pater Selwyn schreibt ein Siegeslied über den Kampf, während Uhtred, der Ich-Erzähler, daneben steht und die Niederschrift kommentiert und natürlich korrigiert. Das ist ein geschickter Winkelzug und eine überraschende Erzählweise, von der man anfangs nur davon ausgehen kann, dass Uhtred selbst überlebt, da er ja kommentiert. Anhand des Liedes wird die finale Schlacht erzählt, und wie immer erklärt Cornwell dem Leser die Taktik, minutiös und so für jeden verständlich.

Wer sich mit dieser Romanreihe beschäftigt, sollte nicht zu große Pausen zwischen den Romanen machen, sonst könnte es sein, dass man zwischen Namen wie Eadgyth, Edward, Eadgifu, Ӕthelstan, Ӕlfweard und Ӕthelhelm leicht den Überblick verliert. Hier ist Aufpassen angesagt, obwohl Cornwell sich nicht verzettelt und man ihm eigentlich gut folgen. Trotzdem sollte man mit den Gedanken nicht abschweifen.

Neben einer Karte (und einer weiteren vor dem Kapitel der finalen Schlacht) und einem Glossar sei dem Leser wie immer das Nachwort des Autors anempfohlen, in dem er Realität und Fiktion des Romans aufschlüsselt und den Weg der englischen Königreiche zu einem geeinten Englaland dem Leser weiter nahebringt.

Fazit:

Mit „Wolfskrieg“ erlebt der Leser der Reihe wieder einen Uhtred in Bestform, nachdem der Vorgänger eher in ruhigerem Fahrwasser herumdümpelte – wohl die Ruhe vor dem Sturm. Cornwell erweist sich erneut als brillanter Erzähler mit Überblick, einer gelungenen Prise ironischem Humor, Blick für den Leser und militärhistorischen Glanzleistungen. Ein Fest für Freunde des (leicht blutigen) historischen Romans. Schade, dass das Ende der Reihe in Sicht ist. Äußerst empfehlenswert, aber nur mit Kenntnis der Vorgänger.

Wolfskrieg

Bernard Cornwell, Rowohlt

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