Die Hebamme und der Meuchelmörder

  • Lübbe
  • Erschienen: Januar 2017
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  • Lübbe, 2016, Titel: 'The Midwife and the Assassin', Originalausgabe
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Carsten Jaehner
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Histo-Couch Rezension vonJul 2017

Spionage zu Cromwells Zeiten

England, 1649. Kaum haben die Hebamme Bridget und ihre Mitarbeiterin Martha die letzten Abenteuer überstanden und sich nach Pontrilas bei Hereford zurückgezogen, bekommen sie eine Nachricht, dass ihr Neffe Will im Tower von London gefangen gehalten wird und sie schnell dorthin kommen sollen, um ihn zu retten.

In London angekommen, entpuppt sich die Nachricht als Falle, denn Bridget wird Colonel Reynolds und Mr. Marlowe als Spionin bei den Levellers eingesetzt, die sich für die Demokratie und die Gleichheit der Stände einsetzen. König Charles I. ist gefangen genommen worden und man erwartet das Urteil über ihn. Bridget lässt sich als Hebamme nieder und freundet sich mit Katherine Chidley an, die mit ihrem Mann gegenüber lebt, ebenfalls als Hebamme arbeitet und bei den Levellers aktiv ist, also genau richtig für ihren Auftrag. Alles wird hektisch, als Katherines Mann ermordet wird, und nichts ist mehr wie zuvor. Bridget und Martha können niemandem mehr trauen, als ein weiterer Mord geschieht…

Eine Hebamme ermittelt

Wie schon in den drei Vorgängerromanen um die adelige Hebamme Bridget Hodgson braucht es keine zehn Seiten, um die Protagonistinnen in ein neues Abenteuer zu werfen. Der US-amerikanische Autor Sam Thomas erzählt aus Bridgets Ich-Perspektive und ist so sehr schnell mitten drin im Geschehen. Nach ihrem Umzug nach Pontrilas langweilen sie und ihre Mitstreiterin Martha sich schnell, und so kommt ihnen der Brief aus London gerade recht, wenn auch der Inhalt sehr beunruhigt. So reisen sie nach London, wobei Bridgets quengelige Tochter Elizabeth mit ihnen kommen will, was Bridget aber untersagt.

In wenigen Zeilen holt der Autor den Leser in das London des Jahres 1649. Nicht nur die Stadt wird treffend beschrieben und der Leser riecht förmlich den Gestank und die Themse, sondern auch die politischen Verhältnisse werden insofern umrissen, wie sie für die Handlung des Buches relevant sind. König Charles I. ist gefangen genommen worden, Oliver Cromwell ist an der Macht, wobei es den Bürgern der Stadt fast egal ist, ob sie von einem König oder von einem anderen Regenten unterdrückt werden.

Interessante historische Zeit

Die Geschichte entwickelt sich in hohem Tempo, und irgendwie fügt sich alles fast ein bisschen glatt, Herr Zufall steht dem Autor ordentlich zur Seite. Man findet für Bridget und Martha Zimmer in einem Haus direkt gegenüber der Verdachtsperson. Katherine Chidley, die Mitstreiterin der Levellers von gegenüber, ist auch Hebamme, wodurch zwischen ihr und Bridget direkt ein Band entsteht. Bridget und Martha installieren ein Schild an ihrem Haus, dass hier eine Hebamme wohnt, damit sie Geld verdienen können, und in Cheapside finden sich genügend schwangere Frauen, dass alle Hebammen davon leben können. So kommt es auch, dass gelegentlich in die spannendste Situation eine Magd platzt, die gerade dringend eine Hebamme benötigt. London scheint ein fruchtbares Pflaster zu sein.

Es dauert daher auch eine Weile, bis Bridget und Martha ihrem Auftrag, die Levellers auszuspionieren, nachkommen können. Richtig Fahrt nimmt der Roman erst ab ungefähr der Hälfte auf, als Katherines Mann ermordet wird, und nun müssen Bridget und Martha nicht nur ihre Freundin trösten, sondern in deren Auftrag auch den Mörder finden, denn die Obrigkeit interessiert sich nur wenig dafür. Ihnen ist jeder Verdächtige recht, Hauptsache das Thema ist schnell erledigt. Doch als Bridget herausfindet, dass auch Katherines Mann ein Spion war, fragt sich bald, wer auf wessen Seite steht und eigentlich für wen arbeitet.

Viele Wendungen

Sam Thomas entwickelt ein Verwirrspiel, bei dessen Tempo und dessen vielen Wendungen dem Leser fast schwindlig werden kann. Immerhin verliert er nicht den Überblick und lässt keinen Handlungsfaden offen. Dennoch ist alles ein bisschen durcheinander und der Handlungsfaden droht tatsächlich zwischendurch zu reißen. Man fragt sich des Öfteren, wie sich der Autor da wieder herausmanövriert. Immerhin erweisen sich die Frauen aber als derart stark und heroisch, dass sie auch Überfällen trotzen und allen Gefahren mutig entgegen gehen. Manchmal siegt auch einfach Frechheit.

Insgesamt ist Sam Thomas ein schöner Abschluss der leider nur vierteiligen Reihe gelungen, an dessen Ende sich einige private Dinge zu aller Erfreulichkeit regeln. Der im Buchtitel angekündigte Meuchelmörder schlägt nicht so oft zu wie der Titel vermuten lässt, aber es gibt einige Wendungen, die dann doch irgendwie ins schwindelerregende Bild passen.

Fazit

Hebamme Bridgets vierter Einsatz entführt den Leser in das England zur Zeit Oliver Cromwells, wo jeder verdächtig ist und jeder ein Spion für irgendwen sein kann. Zeit und Umstände werden treffend erfasst und die Handlung entwickelt sich rasant und mit vielen Wendungen, aber auch mit sich häufenden passenden Auswegen. Der Roman lässt sich flott lesen und bietet neben gekonnter Historie eine Kette spannender Kriminalhandlungen. Leider gibt es keine weiteren Fortsetzungen.

Die Hebamme und der Meuchelmörder

Sam Thomas, Lübbe

Die Hebamme und der Meuchelmörder

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