Kerstin Groeper

„Ich habe mich schon immer für Indianer interessiert“

12.2012 Die Histo-Couch im Interview mit Kerstin Groeper über Indianer, Karl May und die Kritik von Indianern an ihren Romanen.

Histo-Couch: Frau Groeper, hängt über Ihrem Bett ein Traumfänger?

Kerstin Groeper: Nein! Ich habe zwar indianische Artefakte, aber die nehme ich eher in Schulen als Anschauungsmaterial mit.

Histo-Couch: Sie haben schon mehrere historische Indianer-Romane veröffentlicht. Wie kommt es zu dieser doch eher ungewöhnlichen Kombination?

Kerstin Groeper: Ich habe mich immer schon für dieses Thema interessiert. Anfangs natürlich Karl May oder Liselotte Welskopf Henrich. Dann hat mein Vater einen Roman über Deutsche Auswanderer in Texas geschrieben, in dem auch Comanchen vorkamen. Ich habe mit ihm gestritten, weil er die Comanchen so grausam beschrieben hat. Ich habe das nie geglaubt und wollte ihm dann beweisen, dass ich Recht habe.

Histo-Couch: Und wie haben Sie das gemacht?

Kerstin Groeper: Ich habe ihm zum Beispiel erklärt, dass Comanchen nicht in Wigwams gelebt haben und habe dafür eine Ohrfeige bekommen. Da habe ich mir entsprechende Fachliteratur besorgt! Inzwischen bin ich bescheidener geworden. Je mehr ich weiß, desto mehr weiß ich, was ich alles nicht weiß!

Histo-Couch: Findet sich ein genügend großes Publikum für diese Geschichten – oder fristen sie eher ein Schattendasein?

Kerstin Groeper: Ich war immer schon ein Mauerblümchen! Nein, zwei meiner Bücher sind bereits als Taschenbücher nachgedruckt worden. Das ist nicht schlecht für das Thema! In der Szene bin ich sehr bekannt, ich versuche aber ein breites Publikum anzusprechen! Menschen, die einfach mal Lust haben, einen spannenden historischen Roman zu lesen, der halt bei den Indianern handelt.

Histo-Couch: Haben Sie als Kind Winnetou gelesen?

Kerstin Groeper: Freilich! Alle! Indianer mögen Winnetou, weil der Indianer der Held ist und Karl May es geschafft hat, dass in Deutschland so ein positives Indianerbild vorherrscht.

Histo-Couch: Indianer-Romane haben immer einen leichten Anschein von Winnetou-Romantik …Was tun Sie, um sich von Karl May abzugrenzen?

Kerstin Groeper: Ich habe reale Menschen als Vorbild und überprüfe die Bilder, die in meinem Kopf entstehen. Meine Protagonisten sind realen Indianern nachempfunden.

Histo-Couch: Wie gut vermag sich ein Mensch, der in der westlichen Kultur aufgewachsen ist, in die Denkstruktur eines Indianers zu versetzen?

Kerstin Groeper: Das geht nur über den persönlichen Kontakt, viel Fantasie und die Sprache. Und trotzdem bin ich immer noch eine weiße Frau. Wenn ich über Männer schreibe, rufe ich oft indianische Freunde an und frage, wie sie sich in einer solchen Situation verhalten würden. Die Antwort ist manchmal nicht unbedingt das, was ich gerne schreiben würde.

Histo-Couch: Sie bleiben in ihren Romanen einerseits sehr dicht an den Menschen, über die sie schreiben, andererseits wahren sie jedoch eine gewisse Objektivität den Ereignissen gegenüber. Ist das nicht ein großer Spagat?

Kerstin Groeper: Nein, gar nicht. Ich nehme historische Ereignisse und webe die Menschen darin ein. Oft steht in den Geschichtsbüchern nur: Die Frauen und Kinder rannten um ihr Leben ...bei mir steht, wie sie sich dabei gefühlt haben.

Histo-Couch: Können Sie sich vorstellen, andere Ethnien in den Mittelpunkt ihrer Romane zu rücken?

Kerstin Groeper: Schwierig, weil ich mich da nicht so gut auskenne. Ich schreibe gerade einen Krimi, der in Italien handelt. Aber ich spreche italienisch und mache dort seit 20 Jahren Urlaub. Da ist es einfach italienische Mentalität zu beschreiben. Auch weil ich wieder reale Personen zum Vorbild habe. Andere Völker faszinieren mich, aber zum Schreiben reicht mein Wissen noch nicht.

Histo-Couch: Mit wem besprechen Sie sich, wenn sie beim Schreiben merken, dass eine Szene ein falsches Bild vermitteln könnte oder wenn ihnen Hintergrundwissen für eine bestimmte Entwicklung fehlt?

Kerstin Groeper: Ich habe gute Freunde, die ich anrufen kann. Ich kenne auch viele Fachleute. Außerdem habe ich eine umfangreiche Bibliothek. In meinem letzten Roman kommt ein „Heyoka“, eine Art Clown vor, der alles anders herum macht. Das war eine echte Herausforderung und ich habe mehrfach mit Leonard Little Finger telefoniert, um das in den Griff zu bekommen.

Histo-Couch: Haben auch Indianer selber Ihre Romane schon gelesen?

Kerstin Groeper: Oh ja! Einige Indianer leben ja in Deutschland und sprechen auch deutsch. Die schönste Kritik war, dass ich wie eine „Native“ schreibe. Das bedeutet mir viel. Auf Amazon bekomme ich auch oft gute Bewertungen, aber so ein Lob macht mich wirklich froh, denn es zeigt, dass ich respektvoll mit dem Thema umgehe. Was mich nervt ist, wenn meine Bücher als Fachbücher bewertet werden. Ich muss nicht in jedem meiner Romane einen Sonnentanz beschreiben. Das bleibt schließlich mir als Autorin überlassen, oder nicht? Ich beschreibe keine Anleitung zum Unglücklich sein, indem ich einen vollständigen Sonnentanz oder andere Zeremonien beschreibe. So etwas findet man in Fachbüchern. Meine Romane sollen unterhalten und ein Gefühl für die Menschen vermitteln und generell wieder für das Thema interessieren. Ich beschreibe viele Details indianischen Lebens, beschreibe jedoch Einzelheiten nur aus der Sicht der Protagonisten und wenn es gerade passt. Einen Sonnentanz hatte ich ausführlich in meinem letzten Buch beschreiben, deshalb habe ich in meinem neuen Buch darauf verzichtet. Auch, weil es nicht gepasst hätte.

Histo-Couch: Wird es weitere Indianer-Romane – oder andere historische Romane – aus Ihrer Feder geben?

Kerstin Groeper: Ich schreibe gerade einen Roman über ein Cheyenne-Mädchen. Und ein weiterer Roman über Lakota ist bereits fertig. Ich würde auch mal gern etwas über unser Mittelalter schreiben. Das verlangt eine ganz andere Sprache. Da habe ich richtig Lust zu.

Histo-Couch: Gibt es schon einen Veröffentlichungstermin?
 

Kerstin Groeper: Nein …

Histo-Couch: Worüber würden Sie gerne mal schreiben?

Kerstin Groeper: Ich möchte ein Buch über einen Autisten schreiben und wie Menschen in unserer Gesellschaft mit Andersartigkeit umgehen. Außerdem habe ich die Idee zu einem Mordfall in einem bayrischen Dorf. Mit geht es da um die Entwicklung einer drangsalierten Bäuerin, die durch den Tod des Mannes wieder zum Leben erwacht.

Histo-Couch: Welche historischen Romane finden sich in ihrem eigenen Bücherregal?

Kerstin Groeper: Oh je …alle! Ich habe bestimmt an die 3000 Bücher und die meisten davon historisch. In letzter Zeit sammeln sich auch die Romane der Quo Vadis Autoren bei mir. Ich finde es toll, wie meine Kollegen schreiben und wie sie ihre Ideen umsetzen. Mein Mann liest nur historische Romane und so sind wir gut bestückt. Er ist auch mein schärfster Kritiker! Ich zücke dann ganz „indianisch“ mein Messer und kläre das.

Das Interview führte Rita Dell’Agnese

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