Beate Maly

„Es ist ein Privileg, mit dem Schreiben Geld zu verdienen“

02.2013 Die Histo-Couch im Interview mit Beate Maly über Wien, Kritiken und Forsetzungen ihrer Romane.

Histo-Couch: Frau Maly, Sie leben in Wien. Hat Ihr geschichtsträchtiger Wohnort Ihre Affinität zu historischen Romanen begründet?

Beate Maly: Wien ist eine wunderschöne Stadt mit einer hohen Lebensqualität. Meine Liebe zu historischen Romanen hätte ich aber an jedem anderen Ort auch entwickelt.

Histo-Couch: Können Sie sich, wenn Sie durch die Straßen von Wien schlendern, vorstellen, wie es früher mal war?

Beate Maly: Obwohl Wien eine sehr moderne Stadt ist, gibt es nach wie vor viele Orte, an denen es einem nicht schwer fällt, die Geschichte lebendig werden zu lassen. Es sind vor allem jene Gassen, die nicht in den Reiseführern angegeben werden.

Histo-Couch: Ihre drei ersten historischen Romane waren stark mit dem Schauplatz Wien verknüpft, „Das Sündenbuch“ führt das Publikum von Prag aus gehend quer durch Europa. Hat sich der Schauplatz Wien erschöpft?

Beate Maly: Nein, noch lange nicht. Ich würde es spannend finden, einen Roman über die Zwischenkriegszeit zu schreiben. Gerade in Wien war diese Zeit voller Gegensätze. Viele Ideen und Veränderungen der Zwanziger und Dreißigerjahre haben immer noch ihre Wirkung auf das heutige politische und gesellschaftliche Leben in der Stadt.

Histo-Couch: Sie setzen in Ihren Romanen auf selbstbewusste Frauen, die sich von der breiten Masse ihrer damaligen Geschlechtsgenossinnen abheben. Wie schwierig ist es, die Protagonistinnen in diese Rolle schlüpfen zu lassen, ohne sie zu Überheldinnen aufzuplustern?

Beate Maly: Ich denke, dass selbstsichere Frauen sich immer noch von der breiten Masse abheben und Gefahr laufen, von anderen als Bedrohung gesehen zu werden. Aber Ihre Frage ist natürlich berechtigt. Die Rolle der Frau hat sich in Europa besonders im letzten Jahrhundert deutlich zum Positiven verändert. Ich hoffe, dass diese Entwicklung trotz Wirtschaftkrise anhalten wird.

Histo-Couch: Bei der Hebamme gab es eine Fortsetzung. Wird auch die Geschichte von Jana aus „Das Sündenbuch“ weiter gehen?

Beate Maly: Ja, ich schreibe bereits daran. Jana und Conrad segeln in die Karibik und begeben sich von dort aus auf die Suche nach einem wertvollen Schatz.

Histo-Couch: Wann ist eine Geschichte zu Ende erzählt?

Beate Maly: Wenn die Leser oder ich selbst kein Interesse mehr haben, die Figuren weiter zu begleiten.

Histo-Couch: Oft ist zu hören, das Schreiben von historischen Romanen sei eine Art Königsdisziplin, da es eine immense Recherchen-Arbeit voraussetzt. Teilen Sie die diese Auffassung?

Beate Maly: Ich hatte das große Glück für meinen ersten historischen Roman ein Literaturstipendium der Stadt Wien zu erhalten. Dieses Stipendium ermöglichte mir ein Jahr Auszeit vom Brotberuf. Ich konnte in Ruhe und nach Herzenslust Sekundärliteratur lesen. Von den Ergebnissen dieser Arbeit profitiere ich immer noch. Dennoch lese für jedes neue Buch viele interessante Artikel, Beiträge in Fachzeitschriften und …

Histo-Couch: Sie schreiben auch Kinderbücher: welches Publikum ist einfacher zu überzeugen? Die Kinder oder die Leser historischer Romane?

Beate Maly: Kinder sind gnadenlos ehrlich, aber bevor man sich ihrem Urteil stellen kann, muss man die Erwachsenen überzeugen, denn in der Regel entscheiden sie, welche Bücher gekauft werden.

Histo-Couch: Sie schreiben sehr nah an den Menschen und räumen auch mal verklärte Vorstellungen einer Situation aus dem Weg. Das verlangt von Ihnen aber, dass Sie sich sehr gut auf eine Situation einlassen können. Gelingt Ihnen das ohne Mühe oder gibt es das eine oder andere Hilfsmittel, um sich ganz auf die jeweilige Szene einstimmen zu können?

Beate Maly: Mich auf Menschen mit unterschiedlichsten Schicksalen einzulassen ist mein Job als mobile Frühförderin. Ich begleite Familien durch schwierige Lebenssituationen. Dabei ist es wichtig, sich vorzustellen, was die Menschen empfinden könnten. Genauso mache ich es beim Schreiben. Manchmal gelingt es besser, mal weniger gut.

Histo-Couch: Lesen Sie selber historische Romane?

Beate Maly: Ja, ich lese regelmäßig und mit großer Begeisterung historische Romane.

Histo-Couch: Und Ihre Familie?

Beate Maly: Das Leseverhalten in unserer Familie ist sehr unterschiedlich. Mein Mann und meine ältere Tochter lesen praktisch alles, was ihnen unter die Finger kommt. Meinem Sohn reicht ein Thriller im Sommer- und einer im Winterurlaub. Ansonsten hält er sich an die Wochenzeitschrift und ans Internet und meine jüngste Tochter ist ein großer Fan von Comics aller Art.

Histo-Couch: Wie reagiert Ihr Umfeld, wenn ein neuer Roman von Ihnen auf den Verkaufstisch der Buchhandlungen auftaucht?

Beate Maly: Meine Familie und meine Freunde freuen sich auf jedes neue Buch. In der Arbeit wissen nicht alle Kolleginnen, bzw. Familien, die ich betreue, dass ich schreibe.

Histo-Couch: Ist eine Neuerscheinung „Alltag“ geworden oder beobachten Sie noch mit klopfendem Herzen, wie Ihre Romane in den Buchhandlungen auftauchen?

Beate Maly: Das Schreiben ist nach wie vor mein größtes Hobby. Ich betrachte es als besonderes Privileg, dass ich damit Geld verdienen darf. Ich bin bei jeder Veröffentlichung fürchterlich aufgeregt und hoffe, dass das so bleiben wird.

Histo-Couch: Sind Sie eine Autorin, die im stillen Kämmerlein arbeitet? Oder brauchen Sie den Austausch mit anderen Menschen, während ein Roman entsteht?

Beate Maly: Mein Beruf und meine Familie bringen es mit sich, dass ich ständig im intensiven Kontakt mit Menschen stehe. Beim Schreiben genieße ich es allein zu sein.

Histo-Couch: Wie geht es Ihnen damit, wenn Ihre Romane in der Öffentlichkeit diskutiert werden? Da gibt es doch sicher hin und wieder auch Reaktionen, die wütend oder betroffen machen?

Beate Maly: Ich nehme konstruktive Kritik sehr ernst und versuche daraus zu lernen. Um mich vor besonders bösen Kommentaren zu schützen, habe ich gleich nach dem ersten Buch beschlossen, sie einfach nicht zu lesen. Ich habe eine sehr „dünne Haut“ und würde mir manche Reaktionen zu sehr zu Herzen nehmen.

Histo-Couch: Stehen alle Romane bei Ihnen im Bücherregal? Oder lassen sie die Geschichten vollständig los, wenn Sie erst mal veröffentlicht sind?

Beate Maly: Von jedem Buch steht ein Exemplar im Regal und ich freue mich über jeden Zentimeter, den ich mit meinen Texten füllen darf. Emotional losgelassen werden die Geschichten trotzdem.

Histo-Couch: Worüber würden Sie gerne mal schreiben, haben sich aber noch nicht ganz an die Sache heran getraut?

Beate Maly: Ich würde sehr gerne einen klassischen Ermittlungskrimi schreiben, in dem viele skurrile Figuren auftauchen.

Histo-Couch: Werden wir noch weitere historische Romane aus Ihrer Feder zu lesen bekommen?

Beate Maly: Das hoffe ich sehr!

Das Interview führte Rita Dell’Agnese.

Zeitpunkt.
Menschen, Schicksale und Ereignisse.

Wir schauen auf einen Zeitpunkte unserer Weltgeschichte und nennen Euch passende historische Romane.

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