Sarah Lark

„Ich weiss, was Frauen zum Träumen anregt“

05.2011 Die Histo-Couch im Interview mit Sarah Lark über die Maori, Neuseeland und Tagträume.

Histo-Couch: Frau Lark, was bedeutet Neuseeland für Sie?

Sarah Lark: Ach mein Gott, was bedeutet es für mich …Ich schreibe Bücher, die da spielen. Es ist ein wunderschönes Land und ich habe es ausgesucht, weil es eben ein solch tolles Land ist. Es ist von der Landschaft her faszinierend, es ist aber auch von der Geschichte her faszinierend. Neuseeland ist durch die Verfilmung von „Der Herr der Ringe“ bekannt geworden, aufgrund seiner wunderschönen Landschaft. Aber dass es auch eine ausgesprochen interessante Geschichte hat, weiss eigentlich kaum jemand. Es ist natürlich eine kurze Geschichte, das muss man dazu sagen. Die interessanten Dinge haben erst um 1850 rum angefangen. Aber danach waren die Neuseeländer ausgesprochen fortschrittlich. Es war beispielsweise weltweit das erste Land, das ein Frauenstimmrecht hatte. Darum dreht sich auch der zweite Roman der neuen Trilogie. Vieles wurde von der Öffentlichkeit vergessen. Beispielsweise der gewaltlose Widerstand der Maori lange vor Mahatma Gandhi wurde vergessen.

Histo-Couch: Sie haben bereits im ersten Band „Das Gold der Maori“ viel von der Kultur und der Welt der Maori erzählt. Wie geht es denn weiter bei „Im Schatten des Kauribaumes“?

Sarah Lark: An der grundsätzlichen Maori-Kultur hat sich ja gegenüber dem ersten Band nichts geändert. Im zweiten Teil geht es mehr um die Ausläufer der Maori-Kriege. Man darf sich diese nun aber nicht als richtig grosse Aufstände vorstellen, das ging nicht so zu, wie in anderen Ländern. Zwischen Maori und Weissen ging es verhältnismässig friedlich zu, nur ab und zu gab es einzelne Leute mit sehr viel Charisma, die dann wieder einen Widerstand organisierten. Da ging es dann aber oft um winzige Kleinigkeiten, wie etwa der Flaggenkrieg, bei dem es um einen einzelnen Maori-Häuptling ging, der immer wieder den Union Jack umhaute. Und daraus wurde dann ein „Krieg“. Aber bei solchen Kriegen gab es dann so 20 Tote, 16 auf der einen Seite, vier auf der anderen Seite. Im Vergleich zu anderen Kolonialkriegen war das im Grunde nichts. Um diesen gewaltlosen Widerstand geht es nun im zweiten Teil der Trilogie.

Histo-Couch: Viele Leute verwechseln Maori mit Aborigines. Gelingt es Ihnen, mit ihren Romanen klar zustellen, dass es sich hier um eine ganz andere Kultur handelt?

Sarah Lark: Da gehe ich überhaupt nicht drauf ein, ich habe ja mit den Aborigines nichts zu tun. Die sind in Australien und die Maori sind in Neuseeland. Auf die Aborigines beziehe ich mich nie. Wenn ich aber eine Abgrenzung machen müsste, so würde ich das so erklären, dass die Aborigines Ureinwohner sind, die Maori aber selbst auch eingewandert . Das sind ursprünglich polynesische Stämme, die aus der Gegend von Hawaii kommen.

Histo-Couch: Hatten Sie direkten Kontakt mit den Maori, um deren Kultur so einfühlsam darstellen zu können, oder mussten Sie sich diese Informationen aus anderen Quellen besorgen?

Sarah Lark: Ich hatte Kontakt mit einer Maori-Völkerkundlerin. Sie hat mir einen ganz guten Einblick gegeben in das Verhältnis zwischen Maori und Weissen. Einen echten Eindruck von der Kultur zu gewinnen geht im Grunde nur, wenn man viel liest und auch versucht, die richtigen Quellen zu finden. Es ist natürlich sehr schwierig, sich überhaupt in eine so fremde Kultur einzufühlen. Es ist eine so andere Kultur, als das, was wir kennen. Es ist also so total anders, dass ich glaube, dass ich es nicht wirklich schaffe, alles richtig zu erfassen. Ich habe aber versucht, den Leuten gerecht zu werden, indem ich die Websites besucht habe, die von den Maori selber heraus gegeben wurden und nicht von den Völkerkundlern. Andererseits ist das natürlich auch eine sehr einseitige Sichtweise. Man wird beispielsweise nirgends einen Hinweis auf Kannibalismus finden, den es in den ganz frühen Jahren gab. Da halten sie sich natürlich auch bedeckt. Ich versuche so genau zu sein, wie möglich, aber perfekt schaffe ich das nicht.

Histo-Couch: Sie haben bereits eine äusserst erfolgreiche Neuseeland-Trilogie veröffentlicht. Nun haben Sie erneut auf die Karte Neuseeland gesetzt. Wieso das?

Sarah Lark: Es gab eben noch eine Geschichte zu erzählen. Aber der nächste Roman, so viel kann ich schon mal erzählen, spielt dann auf Jamaika.

Histo-Couch: Aber die aktuellen Romane sind Teil einer Trilogie. Es müsste also noch ein weiterer Neuseeland-Roman hinzukommen?

Sarah Lark: Ja, ja. Es kommt noch ein dritter Band. Aber es kommt parallel dazu auch ein Buch, das an einem anderen Ort spielt. Ich möchte mich sehr ungern wiederholen. Die neuseeländische Geschichte ist sehr ereignisarm. Es ist viel passiert, das schon. Aber wenn man sie vergleicht mit der deutschen Geschichte, der französischen Geschichte, der spanischen Geschichte oder der englischen Geschichte, dann ist sie eben sehr kurz und eher ruhig.

Histo-Couch: Sie haben sich mit der ersten Trilogie eine grosse Fangemeinde geschaffen, die teilweise enttäuscht war, dass Sie sich für die zweite Trilogie von den geliebten Figuren trennen mussten. War es für Sie schwierig, einen völlig anderen Weg zu gehen?

Sarah Lark: Nein, ich finde, man muss die Leute auch loslassen können. Das ist wie bei Kindern: Ich setze die Figuren in die Welt und begleite sie durch ihr Leben. Man muss sie aber ab einem gewissen Punkt wieder loslassen können. Die Leute wollen auch mal wieder unbeobachtet leben.

Histo-Couch: Haben Sie für die Hauptpersonen historische Persönlichkeiten als Vorbild herangezogen?

Sarah Lark: Für die Neuseeland-Geschichten nicht, nein. Die zweite Trilogie geht etwas auf ein Lied zurück, auf ein irisches Volkslied. Das hat mich dazu inspiriert. Da geht es um einen Michael, der nach Australien verbannt wird und um eine Mary, die sehen muss, wie sie ihr Kind allein groß zieht. Mein Lieblingsinterpret dieses Liedes hat meinem Michael dann auch den Nachnahmen gegeben. Aber sonst gibt es bei den Neuseeland-Romanen niemanden, den ich eingeflochten habe.

Histo-Couch: Als sie ihren ersten Neuseeland-Roman verfasst haben, gab es noch wenig über dieses Land. Seither ist aber eine richtige Neuseeland-Hysterie ausgebrochen …

Sarah Lark: Ja, leider. Die ist fatal. Ich finde die Bücher total katastrophal. Wenn man Bücher über Neuseeland schreibt, sollte man doch etwas Englisch können. Aber teilweise findet man schon grobe Rechtschreibfehler, wenn nur mal ein Straßenname eingeflochten wird. Und da rede ich noch nicht von den mangelnden Kenntnissen bezüglich der Maori-Kultur. Ich finde das zwar eigentlich toll, dass ich da so einen Trend ausgelöst habe, aber wenn die Recherche nicht gut ist, dann ärgere ich mich.

Histo-Couch: Das heisst, sie lesen die Neuseeland-Romane der anderen Autorinnen und Autoren?

Sarah Lark: Wenn ich die gerade umsonst bekomme schon, Geld gebe ich dafür nicht aus.

Histo-Couch: Hat es Sie geärgert, dass es Nachahmer gegeben hat?

Sarah Lark: Nein. Ich komme ja aus dem Pferdebuch-Bereich, ich kenn das. Da ist es schon seit ewigen Zeiten so: Wenn ein Verlag ein Thema erfolgreich aufgegriffen hat, kommen schnell die anderen Verlage und machen auch etwas zu diesem Thema. Das ist einfach so. Und da bin ich gefühlsmässig nicht involviert. Ich ärgere mich über schlechte Bücher, egal, welches Thema sie haben. Man gibt doch Geld dafür aus und es sterben ja auch Bäume dafür.

Histo-Couch: Haben Sie erwartet, dass Ihre Neuseeland-Romane so viele Leserinnen ansprechen werden?

Sarah Lark: Nein. Überhaupt nicht. Für den Verlag kam es zwar nicht überraschend, sie haben ja den Bereich „Sehnsuchtsliteratur“ aufgebaut. Aber für mich kam es total überraschend. Ich habe unter meinem eigenen Namen neben ganz vielen Pferdebüchern auch zwei historische Romane geschrieben. Das waren sehr schöne Bücher, aber die sind ganz schlecht gegangen, haben sich sehr schlecht verkauft. Ich glaube, das lag am Namen. Die Leute verbanden meinen Namen einfach so sehr mit den Pferdebüchern, dass im historischen Bereich kaum etwas verkauft wurde. Aber daher war ich total desillusioniert und habe nicht damit gerechnet, dass dies nun ein solch grosser Erfolg wird.

Histo-Couch: Schlafen sie gut, bevor ein Buch von Ihnen veröffentlicht wird?

Sarah Lark: Ja, die Veröffentlichung eines Buches hat auf meinen Nachtschlaf überhaupt keinen Einfluss. Ich habe so viele Probleme mit meiner Nachbarschaft, die mir den Schlaf raubt. Ich merke es oft auch gar nicht, wenn ein Buch veröffentlicht wird. Ich wohn ja soweit weg und sehe die insofern auch nicht in den Buchhandlungen.

Histo-Couch: Aber es hat schon etwas mit Stolz zu tun, wenn man dann bei einem Anlass, beispielsweise der Buchmesse sieht, wie die Leute das Buch in die Hand nehmen und es am liebsten behalten möchten …

Sarah Lark: Ja klar. Ich schreibe wahnsinnig gerne Bücher. Das ist abgesehen vom Stolz auch eine ganz existenzielle Sache. Ich kann einfach gut schreiben, aber sonst kann ich fast nichts. Ich habe mir Gedanken darüber gemacht, womit ich Geld verdienen sollte, und das hiess eben Bücher schreiben.

Histo-Couch: Wird das neue Buch aus der Karibik Auftakt einer Trilogie?

Sarah Lark: Es ist zunächst einmal ein erstes Buch und ich will sehen, wie es läuft. Es ist so angelegt, dass es eine Fortsetzung geben könnte. Die Geschichte ist noch nicht ganz zu Ende erzählt.

Histo-Couch: Wechseln Sie nun ganz zur Sehnsuchts-Literatur oder bleiben Sie als Ricarda Jordan auch dem historischen Genre treu? Was schreiben Sie lieber?

Sarah Lark: Es kommt ganz auf die Geschichte an. Eigentlich mag ich alles gern.

Histo-Couch: Ihre Figuren zeichnen sich dadurch aus, dass sie sehr vielschichtig sind. Bemühen Sie sich speziell darum?

Sarah Lark: Na, es sind ja Menschen, nicht! Aber es kann schon mal vorkommen, dass die Leute dann in den Rezensionen schreiben: Die Figur mag ich nicht …

Histo-Couch: Wie gehen Sie damit um?

Sarah Lark: Im richtigen Leben gibt es auch Leute, die mag ich oder die mag ich nicht. Das ist einfach so.

Histo-Couch: Dann haben Sie beim Schreiben also weniger die Leserschaft im Auge als die eigentliche Geschichte?

Sarah Lark: Sowohl als auch. Ich habe die Leserschaft schon im Auge. Aber die Geschichte muss ja stimmen. Ich kenne meine Leserschaft total gut, denn ich habe über Tagträume promoviert. Das heisst also, ich weiss, was Frauen gerne lesen möchten und was uns zum Träumen anregt. Und daran orientiere ich mich. Es macht mir Spass, die Menschen zum Träumen zu bringen.

Histo-Couch: Gibt es noch eine Region auf der Welt, über die Sie gerne einmal schreiben möchten?

Sarah Lark: In meinem ersten historischen Roman habe ich über mein Dorf in Spanien geschrieben. Da wünschte ich mir, dass er nochmals aufgelegt wird.

Das Interview führe Rita Dell’Agnese.

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