Die Fotografin - Am Anfang des Weges
- Blanvalet
- Erschienen: Januar 2018
- 5
- Blanvalet, 2018, Titel: 'Die Fotografin - Am Anfang des Weges', Originalausgabe
Vielversprechender Auftakt einer neuen Reihe
Mimi Reventlow wagt das schier Undenkbare. Entgegen aller Normen macht die junge Frau kurz nach der Jahrhundertwende eine Ausbildung zur Fotografin, ein Beruf, in dem eigentlich nur Männer arbeiten. Ihre Eltern sind zwar nicht begeistert, lassen ihre Tochter aber gewähren. Doch als der Angestellte ihres Vaters der Pfarrerstochter einen Heiratsantrag macht, fürchtet die junge Frau um ihre Eigenständigkeit. Ihr wird bewusst, dass das nicht ihr Weg ist. Sie will keine Pfarrersfrau sein, die sich nur um Familie kümmert. Vielmehr träumt sie von einem Leben wie es ihr heißgeliebter Onkel, Josef Stöckle, führt. Er ist Wanderfotograf und zieht von Stadt zu Stadt. Schweren Herzens, aber aus Liebe, stimmen ihre Eltern zu und das Geld, welches für ihre Aussteuer gedacht war, wird in ihre erste eigene Fotoausrüstung investiert. Bei der Auswahl hilft ihr der Onkel und steht außerdem zu Beginn mit Rat und Tat zur Seite. Und so beginnt Mimis aufregender neuer Lebensabschnitt.
Nach anfänglichen Schwierigkeiten, weil die Leute in diesem Beruf an keine Frau gewöhnt sind, gelingt es ihr, Fuß zu fassen. Durch einen glücklichen Zufall gelingt es ihr in Baden-Baden sogar, Bilder für die württembergische Königin zu machen. Ihr völlig eigener, aber frischer Stil bringt ihr mit der Zeit in den größeren Städten einen guten Ruf ein. Nun kommen sogar Anfragen anderer Städte, die Mimi beauftragen, auch bei ihnen einmal ihre Dienste anzubieten.
So vergehen schnell sechs Jahre. Bei einem Halt in Ulm lernt die junge Fotografin den Gewerkschafter Hannes kennen. Mimi ist von dem jungen Mann fasziniert. Es beeindruckt sie, wie er ebenfalls mit Feuereifer für "seine" gute Sache eintritt. Doch noch ehe sie sich besser kennenlernen können, trennen sich ihre Wege auch schon wieder. Trotzdem geht ihr der junge Mann nicht mehr aus dem Sinn. Die junge Frau reist nach Laichingen auf der schwäbischen Alb. Sie hat erfahren, dass ihr geliebter Onkel, der mittlerweile dort ortsansässig ist, erkrankt ist und möchte diesen besuchen. Vor Ort stellt sich aber heraus, dass der alte Mann doch schwerer erkrankt ist. Aus Liebe zum Onkel beschließt Mimi, länger zu bleiben um die Pflege zu übernehmen und das Fotoatelier Josefs in dieser Zeit zu führen. Aber nun sieht sich die mutige Frau mit vielen Problemen konfrontiert. Immer auf der Durchreise hat sie keine Ahnung von Krankenpflege oder Haushaltsführung. Und auch das Führen der Geschäfte des Onkels erweist sich als schwierig. Laichingen ist eine arme Weberstadt. Die Leute haben kaum Geld und für die freigeistigen Ideen der jungen Frau erst recht kein Verständnis. Wird es der couragierten Fotografin gelingen, alle Hürden zu überwinden?
Interessante Beschreibung historischer Fotografie
Petra Durst-Benning gelingt es, ihre Leser mit einem besonderen Thema an dieses Buch zu fesseln. Nahtlos fügen sich hier fiktiver Roman und historische Begebenheiten ineinander. Über die Länge des gesamten Buches vermittelt sie gut recherchiertes Wissen über das Thema Fotografieren zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Erstaunt sieht man sich mit der Tatsache konfrontiert, welch großes Können und welcher Aufwand früher hinter dem Fotografieren steckte. Anhand der Figur von Josef Stöckle erklärt die Autorin anschaulich, was sich früher hinter einem Wanderfotografen verbarg. Und macht den Leser gleichzeitig neugierig, wie ihre Hauptprotagonistin wohl das Ganze als Frau meistern wird. Es gelingt ihr, diese Neugier über das gesamte Buch hinweg beim Leser aufrecht zu erhalten. Der gleichbleibend hohe Spannungsbogen steigert sich gegen Ende sogar noch.
Liebenswerte Hauptfigur verzaubert Leser
Mimi Reventlow ist eine rundum überzeugende Protagonistin. Schnell schleicht sie sich mit ihrem Mut und Selbstbewußtsein ins Herz der Leser. Gerade deswegen, weil sie sich gleichzeitig trotzdem durch ein gutes Herz auszeichnet und selbstlos anderen helfen will. Das gilt nicht nur für den geliebten Onkel, sondern auch für den armen "Weberjungen" Alexander. Ohne zu Überlegen und ohne Scheu bietet sie dem Unternehmer Gehringer die Stirn und macht sich diesen damit ungeahnt zum Feind.
Lesevergnügen, welches Lust auf mehr macht
Petra Durst- Benning lässt keine Langeweile aufkommen. Leicht nachvollziehbare wechselnde Erzählstränge beleben den Roman. So erfährt der Leser zudem einiges über die Leinenweberstadt Laichingen. Gerade die Geschichte um die Weberfamilie Schubert ist spannend und verspricht in den nächsten Bänden noch eine interessante Entwicklung.
Leicht verständlicher Sprachstil und Dialoge lassen die knapp 450 Seiten nur so dahinfliegen und viel zu schnell muss man das Buch aus der Hand legen. Auch der Blanvalet Verlag hat mit der Gestaltung des Hardcover ins Schwarze getroffen. Der in sepiafarben gehaltene Schutzumschlag erinnert an ein historisches Bild und die abgebildete junge Dame kann man leicht mit Frau Reventlow assoziieren.
Der Roman endet mit dem Anstieg des Spannungsbogens. Wie ein Feuerwerk explodiert er und hinterlässt viele unbeantwortete Fragen. Und mit diesem gemeinen Cliffhanger bleibt der Leser zurück und kann die Fortsetzung kaum erwarten. Es bleibt nun vorerst seiner Phantasie überlassen, wie die ganzen Fragezeichen wohl im zweiten Teil beantwortet werden.
Petra Durst-Benning, Blanvalet
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