Katerina Timm

„Manchmal ist Schreiben härter als Therapeutin sein ...“

05.2009 Katerina Timm sprach mit der Histo-Couch über ihren Roman „Kosakenbraut“, ihren neuen Roman „Hexenschwester“ und darüber, wie man sich als frischgebackene Autorin fühlt.

Histo-Couch: „Die Kosakenbraut“ ist Ihr Roman-Debüt. Wie ging es Ihnen, Frau Timm, als Sie das erste gedruckte Exemplar in Händen hielten?

Katerina Timm: Katerina Timm: Ich habe erst vor fünf Jahren mit dem Schreiben angefangen. Manchmal kam ich mit dem Begreifen dessen, was dann geschah, gar nicht so schnell hinterher. Kaum hatte ich mich daran gewöhnt, dass ich jetzt Geschichten schreibe, hatte ich auch schon Menschen gefunden, die sich dafür interessierten und hielt das fertige Produkt in Händen. Für andere Autoren ist dieser Moment vielleicht ein besonderer Glücksmoment. Ich war einfach nur fassungslos. Was mich aber zumindest nicht daran hinderte, mich darüber zu freuen, wie viel Mühe der Verlag sich mit der Ausstattung des Buches gegeben hatte!

Histo-Couch: Haben Sie während des Schreibens nie am Projekt gezweifelt? Wie wichtig war Ihnen der Zuspruch Ihrer Familie und Freunde?

Katerina Timm: Katerina Timm: Ich habe pausenlos an dem Projekt gezweifelt. Ich war ja noch eine ziemlich unerfahrene Autorin. Der Unterstützung meines Mannes konnte ich mir gewiss sein, jedoch wusste ich nicht, ob das, was mich begeisterte, auch den kritischen Augen von Fachleuten und Lesern würde standhalten können. Hier war es für mich wichtig, Autorenkollegen zu haben, die an mich geglaubt und mich immer wieder ermutigt haben.

Histo-Couch: Hat sich durch die Tatsache, dass Sie ein Buch veröffentlicht haben, etwas in Ihrem Leben verändert? Hat Ihr Umfeld Sie mit anderen Augen gesehen?

Katerina Timm: Katerina Timm: Ich habe durch das Schreiben wunderbare Menschen kennengelernt und Autorenkollegen getroffen, mit denen Freundschaften entstanden sind. Ansonsten denke ich nicht, dass ich jetzt mit anderen Augen gesehen werde. Die Menschen, die mir nahe stehen, finden nur – ebenso wie ich – alles ungeheuer spannend was geschehen ist und noch immer geschieht. Und für mich ist es wunderschön zu erleben, wie sie sich mit mir freuen.

Histo-Couch: Sobald das Buch in die Hände der Leserinnen und Leser kommt, muss man auch mit Reaktionen rechnen. Warteten Sie ungeduldig auf die ersten Stimmen oder hatten Sie eher ein mulmiges Gefühl?

Katerina Timm: Beides! Ich habe sehr ungeduldig gewartet und hatte ein überaus mulmiges Gefühl. Von Anfang an wusste ich, dass dieser Roman es dem Leser nicht unbedingt leicht macht. Denn die Mischung ist gewagt: Ein historischer Roman, der in einem Umfeld spielt, das möglicherweise viele Leser nicht unmittelbar anspricht und dessen Heldin zudem eine übernatürliche Fähigkeit besitzt. Zwar hatte ich einen Agenten und einen Verlag gefunden, die von dieser ungewöhnlichen Konstellation überzeugt waren. Aber wie würden die Leser reagieren? Als dann die ersten Rezensionen und Lesermeinungen erschienen, war ich einfach überwältigt davon, dass es mir tatsächlich gelungen war, zu vermitteln, was mich beim Schreiben bewegt hat.

Histo-Couch: Was bedeuten Ihnen die Reaktionen ihrer Leserschaft? Was wünschten Sie sich von ihren Leserinnen und Lesern?

Katerina Timm: Es gibt Autoren, die am liebsten für sich selbst schreiben und denen es beinahe schwer fällt, ihre Geschichten mit anderen zu teilen. Ich bin ein kommunikativer Mensch. Deshalb bedeutet mir die Meinung der Leser sehr viel. Mit Geschmacksurteilen kann ich gut leben. Wenn ein Leser sagt: „Das ist nicht mein Ding, ich mag auch sonst nicht gern Bücher lesen, die in eine ähnliche Richtung gehen“, kann ich das gut akzeptieren. Und natürlich habe ich manche Kritik auch als sehr nützlich erkannt und mir einen inneren Vermerk gemacht: Da nächstes Mal drauf achten. Wünsche an die Leser habe ich eigentlich keine. Ich als Leserin möchte ja auch nicht die Erwartungen eines Autors erfüllen müssen, sondern mich unterhalten lassen und von lebendigen Figuren angesprochen fühlen.

Histo-Couch: Rund ein Jahr nach dem gebundenen Buch gibt es „Die Kosakenbraut“ auch als Taschenbuch. Glauben Sie, dass damit noch eine andere Lesergruppe angesprochen wird?

Katerina Timm: Das könnte ich mir gut vorstellen. Ich selbst war viele Jahre lang reine Taschenbuchkonsumentin. Ich dachte damals: Wenn die Taschenbuchabteilung meinen Lesehunger voll und ganz stillen kann, welchen Grund gibt es dann noch, bei den Hardcovern zu gucken? Vielleicht scheut man sich bei einer unbekannten Autorin auch, das Geld für ein Hardcover auszugeben, wenn man noch gar nicht weiß, ob einem der Stil überhaupt gefällt.

Histo-Couch: Mit der „Kosakenbraut“ haben Sie einen Handlungsort und Protagonisten gewählt, die hierzulande nur wenig bekannt sind, beziehungsweise über die etliche Vorurteile existieren. Wieso hat gerade dieses Thema Sie so gefesselt, dass Sie ein Buch darüber schrieben? Welche Verbindung haben Sie zu Russland?

Katerina Timm: Das Buch hat eine interessante Entstehungsgeschichte. Zunächst war es als Fantasygeschichte konzipiert. Ein Autorenkollege meinte dann, bis auf die Fähigkeit der Hauptperson, in Träumen wandeln zu können, sei dies doch eigentlich ein historischer Roman. Ob ich nie daran gedacht hätte, ihn als solchen zu schreiben? Nachdem ich mich mit dem Gedanken angefreundet hatte, musste ich für meinen Roman und für meine Personen ein Umfeld finden, in dem sie leben konnten. Mir kamen die Kosaken in den Sinn, von denen ich zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich viel wusste. Bei der Recherche stellte sich dann heraus, dass mein Konzept sich nahtlos einfügen ließ. Es war unglaublich. Eine Geschichte und ein historischer Hintergrund, die sich gesucht und gefunden hatten. Hilfreich waren mir die deutsch-russischen Städtepartnerschaften, die es mir ermöglichten, Kontakt zu Experten an den drei wichtigsten Handlungsorten aufzunehmen. Wo noch Lücken bestanden (zum Beispiel suchte ich nach einem Kosakenlied aus dem 17. Jahrhundert und nach Details über die Einnahme der Festung Asow), ließ ich mir auch Texte übersetzen, die auf Deutsch nicht zugänglich waren.

Histo-Couch: Waren Sie eine Leseratte als Kind? Wenn ja, was haben Sie gelesen?

Katerina Timm: Ich habe alles gelesen, was Stadt- und Schulbücherei hergaben. Mädchenbücher, aber auch Klassiker wie die „Abenteuer“-Reihe von Enid Blyton, englische Fantasygeschichten für Kinder und später mindestens 40 Bände Karl May.

Histo-Couch: Wussten Sie, dass Sie einst Bücher schreiben möchten/würden?

Katerina Timm: Ich hatte eine kurze Schreibphase so um das 11., 12. Lebensjahr herum. Diese schriftstellerischen Versuche sind zum Glück verschollen. Geschichten erzählt habe ich auch danach immer, ich wählte nur für viele Jahre ein anderes Medium, zunächst das Zeichnen, später das Comiczeichnen. Ich war schon über 50, als ich auf die Idee kam, aus einer gezeichneten Geschichte einen Roman zu machen.

Histo-Couch: „Die Kosakenbraut“ fand allgemein gute Aufnahme bei der Leserschaft, die Kritiken sind weitgehend positiv. Inspiriert das dazu, einen neuen Roman zu schreiben? Oder ist es schwierig „nachzudoppeln“, wenn so hohe Erwartungen gestellt werden?

Katerina Timm: Man hört häufig, der zweite Roman sei der schwerste. Aber die Unterstützung meines Verlages, die Anerkennung durch die Rezensenten und natürlich vor allem durch die Leser haben mich wirklich beflügelt. Ich denke, es hat auch Vorteile, wenn man erst spät in eine so aufregende Lebensphase startet. Man weiß, was man will und geht mit den eigenen und fremden Erwartungen etwas gelassener um.

Histo-Couch: Sie haben als Therapeutin einen Beruf, der Sie stark fordert. Bleibt daneben noch Luft genug, um sich dem Schreiben so zu widmen, wie Sie dies gerne möchten?

Katerina Timm: Jahre, bevor ich mit dem Schreiben anfing, sagte einmal jemand zu mir: „Wenn man so hört, was du alles machst, könnte man meinen, bei dir hat jeder Tag 48 Stunden.“ Davon abgesehen, dass ich nach wie vor das Gefühl habe, Tage dürften ruhig ein wenig länger sein, bin ich mit meiner Zeiteinteilung zur Zeit sehr zufrieden. Es gibt reine Praxistage, an denen ich mir alles verbiete, was mit dem Schreiben zu tun hat und reine Schreibtage, an denen ich mir alles verbiete, was mit der Praxis zu tun hat. Diese Zweiteilung funktioniert sehr gut. Es ist gewiss so, dass ich mich beim Schreiben von meiner Arbeit mit den Patienten entspannen kann. Witzigerweise trifft aber auch das Umgekehrte zu. Ich entspanne mich in meiner Arbeit mit den Patienten vom Schreiben, was ein verdammt harter Job ist. Manchmal vielleicht sogar der härtere.

Histo-Couch: Wird es in absehbarer Zeit überhaupt einen weiteren Roman von Katerina Timm geben?

Katerina Timm: Es wird ihn geben! Der Titel des Romans lautet „Hexenschwester“. Schauplatz ist Hessen, genauer gesagt Büdingen, zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges und der Hexenprozesse. Mein Großvater war dort ehrenamtlicher Stadtführer und ich kann mich erinnern, wie ich als kleines Mädchen an seiner Hand den aufregenden und gruseligen Geschichten lauschte, die er den Touristen erzählte. Dass ich einen Teil der Vergangenheit meiner Heimatstadt zum Leben erwecken darf, ist für mich etwas ganz Besonderes. Im September wird das Buch erscheinen und in der Taschenbuchausgabe der „Kosakenbraut“, die im Juli herauskommt, wird schon eine längere Kostprobe der „Hexenschwester“ zu lesen sein.

Histo-Couch: Vielen Dank für das Interview!

Das Interview führte Rita Dell’Agnese.

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