Hexenschwester

  • Schröder
  • Erschienen: Januar 2009
  • 8
  • Schröder, 2009, Titel: 'Hexenschwester', Originalausgabe
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Rita Dell'Agnese
921001

Histo-Couch Rezension vonSep 2009

Wenn Angst und Misstrauen um sich greifen

Kurzgefasst:

Für ihre Zwillingsschwester Clara verzichtet die junge Lene auf die Liebe ihres Lebens. Sie selbst heiratet unglücklich. Als Clara der Hexerei bezichtigt wird, ändert sich ihrer aller Leben von Grund auf.

Hessen im Dreißigjährigen Krieg: Die Winzerstochter Lene Kalkhof hat sich in den Buchbinder Velten verliebt genau wie ihre Zwillingsschwester Clara. Als Velten um Claras Hand bittet, verbirgt Lene ihre Enttäuschung. Niemand soll je erfahren, dass sie ihn liebt. Die Schwestern bleiben sich innig verbunden. Und Lene fügt sich in die Ehe mit dem Schuhmacher Contz. Aber dann hält auch im beschaulichen Städtchen Büdingen der Hexenwahn Einzug.

 

Noch einer dieser Hexenromane: Wer sich solches denkt und Hexenschwester im Regal stehen lässt, dem entgeht ein ausgesprochen feines Buch, das sich mühelos über die breite Masse zu erheben vermag. Tatsächlich ist es eine Geschichte über Hexen, Hexenjagd, Hexenverbrennung. Sie ist so eindringlich und feinfühlig geschrieben, dass die Leser eine Ahnung von der Not bekommen, die die Hexenverfolgung im 17. Jahrhundert ausgelöst hat. Schauplatz des Geschehens ist ein Dorf in Hessen. Hier leben die Zwillingsschwestern Lene und Clara. Die beiden jungen Mädchen träumen von einem erfüllten Leben, doch scheint sich dieser Traum nur für Clara zu erfüllen, während Lene vom Schicksal hart geprüft wird. Dennoch vermag nichts die gegenseitige Liebe der Schwestern zu zerstören. Doch dann setzen Kriegszüge, Wetterturbulenzen und Not der Bevölkerung zu. Schuldige sind schnell gefunden: Es sind die Hexen, die auf der Waldlichtung mit dem Teufel buhlen. Bald schon wird nahezu jede dritte Frau der Hexerei bezichtigt, es herrscht ein Klima von Angst und Denunziation. Auch Clara und Lene werden davon nicht verschont.

Dichte Erzählweise

Die dichte Erzählweise lässt niemanden entkommen. Wer erst einmal mit Lene und Clara unterwegs ist, kann sich von ihnen kaum mehr lösen. Katerina Timm verzichtet in ihrem Roman gänzlich auf Übersinnliches und Mystisches. Sie erzählt in schnörkelloser, aber eingängiger Sprache, wie sich das "normale" Dorfleben langsam in eine Atmosphäre voller Misstrauen und Ablehnung wandelt. Wie Menschen, die der Hexerei bezichtigt werden, chancenlos versuchen, ihre Unschuld zu beweisen, nur um unter der Last der Folterungen zusammenzubrechen und die ihnen zur Last gelegten Ungeheuerlichkeiten zu gestehen. Selbst wer nicht an Hexerei glaubt, ist vor Verfolgung nicht sicher. In dieser Umgebung versuchen die beiden Schwestern, das Beste aus ihrem Leben zu machen. Katerina Timm lässt ihre Protagonistinnen ganz normale Frauen sein, die mit ihren Gefühlen und Wünschen ebenso zurecht kommen müssen, wie sie sich der Realität zu stellen haben. Den beiden Frauen haftet nichts Heldenhaftes an, sie wachsen auf eine Art über sich hinaus, die an die Frauen der letzten Nachkriegsjahre erinnert. Und genau dies macht den Roman zu etwas Besonderem.

Kleine Abstriche

Im Großen und Ganzen ist Hexenschwester ein wundervolles Buch. Und doch gibt es ein paar wenige, kleine Abstriche. So zeigt Lenes Liebesgeschichte zum Ende des Romans einen Hang ins Kitschige, was angesichts des starken Plots zwar verzeihlich, aber dennoch schade ist. Nicht ganz glücklich ist auch die Geschichte der Mutter von Lene und Carla. Hier fehlt es trotz schlüssiger Erklärung an Tiefe. Dies sind aber lediglich kleine Schönheitsfehler in einem starken Buch.

Wer sich also nicht durch den Titel beirren lässt - der im Übrigen durchaus stimmig gewählt ist -, wird gut bedient mit einem anspruchsvollen und bewegendem Roman. Schöne Dreingabe ist die gelungene Aufmachung des Buches mit bildlicher Darstellung des Ortes Büdingen auf der Innenseite des Buchdeckels.

 

Hexenschwester

Katerina Timm, Schröder

Hexenschwester

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