Derek Meister

„Schon die Nominierung betrachte ich als Gewinn“

06.2006 Derek Meister sprach mit der Histo-Couch über die Nominierung für den Friedrich- Glauser- Preis in der Kategorie „Bestes Debüt“ und über seinen neuen Lübeck-Krimi „Rungholts Sünde“.

Histo-Couch: Herr Meister, erzählen Sie unseren Leserinnen und Lesern doch bitte ein wenig über sich. Wie sind Sie zum Schreiben gekommen und wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?

Derek Meister: Ich schreibe seitdem ich vierzehn, fünfzehn bin. Die Faszination am Schreiben ist bis heute ungebrochen und glücklicherweise konnte ich zwei meiner Leidenschaften – den Film und das Schreiben – durch ein Studium der Film- und Fernsehdramaturgie verbinden. Mein Arbeitsalltag ist schlicht: aufstehen, Kaffee, schreiben, Feierabend. Ich schreibe – durchbrochen von einer kleinen Mittagspause – quasi den ganzen Tag. Es ist ein bisschen wie ein normaler Bürojob: Ich hocke in meinem kleinen Arbeitszimmer, schreibe, grüble und schreibe, verfluche das Telefon und schreibe weiter. Ab und an klapp ich den Laptop zu und ziehe mit meinem „Schreibtisch“ einfach um.

Histo-Couch: Neben dem Schreiben sind Sie auch für verschiedene TV-Produktionsfirmen tätig. An welchen Filmprojekten arbeiten Sie gerade?

Derek Meister: Gerade arbeite ich unter anderem an einem Abenteuerfilm für RTL, der (klopft auf Holz) im Sommer gedreht werden soll. Ein toller Stoff um eine irrwitzige Schatzjagd.

Histo-Couch: Kommen wir nun zu Ihrem aktuellen Roman „Rungholts Sünde“. Wie überrascht waren Sie von der Nominierung für den Friedrich-Glauser-Preis in der Kategorie „Bestes Debüt“?

Derek Meister: Sehr überrascht. Schon die Nominierung betrachte ich als Gewinn. Ich hätte nicht gedacht, dass ein historischer Krimi nominiert wird – und schon gar nicht, dass es mein Erstlingsroman in die Riege schafft.

Histo-Couch: Letztendlich hat Andrea Maria Schenkel mit „Tannöd“ den Preis gewonnen. Waren Sie enttäuscht oder eher froh, überhaupt nominiert worden zu sein?

Derek Meister: Enttäuscht war ich natürlich schon ein wenig. Wer wäre das nicht? Ein bisschen hofft man ja immer …(lacht) Aber die Nominierung selbst war großartig und allein schon eine Auszeichnung, denn immerhin waren es ja meine Kollegen, die mich nominiert haben.

Histo-Couch: Wie entstand die Figur des Rungholt? Gibt es eine reale Person, die Ihnen bei der Gestaltung vor Augen stand und wie kamen Sie auf Lübeck als Ort der Handlung?

Derek Meister: Lübeck ergab sich, weil ich einen historischen Krimi zur Hansezeit schreiben wollte. Da lag Lübeck als „Haupt der Hanse“ natürlich nahe und die Backsteingotik Lübecks passt perfekt zu Rungholt. Zu dem es übrigens kein lebendiges Vorbild gibt. Er entstand aus Splittern vieler Leute, die ich kenne.

Histo-Couch: Wie und wie lange haben Sie für „Rungholts Sünde“ recherchiert?

Derek Meister: Schwer zu sagen, weil ich auch viel während des Schreibens recherchiere. Es waren vielleicht drei Monate insgesamt. Viele Fahrten nach Lübeck, viel Internet und mittlerweile zwei Meter Literatur über das Mittelalter. Von Diplomarbeiten über Bogenschießen bis zu archäologischen Fachblättern.

Histo-Couch: Auffallend ist, dass einige Nebenfiguren stärker in den Vordergrund getreten sind (zum Beispiel Marek und Sinje), während Rungholts Tochter deutlich in den Hintergrund tritt. Geschah dies bewusst, da im ersten Teil die Liebesgeschichte womöglich etwas zu vorherrschend war und Sie jetzt ein bisschen mehr auf Action setzen wollten?

Derek Meister: Nun, Marek ist ja keine „Nebenfigur“, sondern bildet mit Rungholt in Teil eins ein Ermittlerduo. In „Rungholts Sünde“ wollte ich dieses Duo durch Sinje erweitern und den beiden Hansern eine Frau zur Seite stellen, die noch ein bisschen frischen Wind in die Geschichten bringt. Ob mehr „Action“ in der „Sünde“ ist, als in der „Ehre“ weiß ich gar nicht zu sagen, aber auf jeden Fall wollte ich mehr in Richtung Thriller gehen und weg vom „Who-Done-It“.

Histo-Couch: Arbeiten Sie bereits am dritten Teil der Serie? Der Konflikt mit dem von Rungholt missäugig betrachteten Hermann Kerkring ist ja noch nicht abgeschlossen. Ganz im Gegenteil.

Derek Meister: Der dritte Teil mit dem Titel „Knochenwald“ ist gerade im Entstehen. In der Tat ist Kerkring ein vorzüglicher „Gegenspieler“ für Rungholt – wobei ich Kerkring eher als einen karrieristischen „Staatsanwalt“ halte. Die beiden sind sich ja ähnlicher, als Rungholt es wahrhaben will – und wollen letztlich ja das Gleiche: die Mörder in den Kerker beziehungsweise auf den Köpfelberg bringen. In „Knochenwald“ wird Rungholt jedoch noch nichts mehr Kerkring zu tun haben, weil er sich auf Reisen begibt: Rungholt wird in München einen Fall klären müssen. Ein Fischkopp in Bayern sozusagen. (lacht)

Histo-Couch: Was wird Rungholt in Zukunft erleben? Gibt es bereits konkrete Planungen, Rungholt auch mal in eine andere Stadt oder gar ins Ausland zu schicken?

Derek Meister: Ich kann mir vorstellen, Rungholt einmal nach London zu schicken – und ein konkreter Plan, Rungholt einen Fall in Riga beziehungsweise Novgorod lösen zu lassen, existiert bereits. Wir wollen sehen, was er im vierten Fall für eine Abscheulichkeit aufzuklären hat. In „Knochenwald“ geht es aber erst einmal in den Sünden – in die Nähe des Klosters Andechs.

Histo-Couch: Was dürfen wir in Zukunft an Romanen noch von Ihnen erwarten oder richtet sich der Fokus ausschließlich auf Rungholt?

Derek Meister: Zusammen mit meiner Frau schreibe ich ja noch die Kinderbuchreihe „Drachenhof Feuerfels“, von denen bereits drei Bände erschienen sind. Des Weiteren entwickle ich einen Mystery-Thriller für Jugendliche und stecke in den Vorbereitungen zu einem weiteren historischen Krimi – diesmal jedoch ohne Rungholt. Ich habe meinen Fokus also nicht nur auf Rungholt gelegt, obwohl mir der alte „Pfeffersack“ wirklich an Herz gewachsen ist.

Histo-Couch: Herr Meister, vielen Dank für das Interview.

Das Interview führte Jörg Kijanski.

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