Tankred: Weihrauch und Schwert
- Rowohlt
- Erschienen: Dezember 2022
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Gelungener Start einer ereignisreichen neuen Trilogie!
Als im Jahr 882 das Kloster Prüm in der Eifel von Normannen überfallen wird, fliehen alle Mönche bis auf Tankred, den Bibliothekar. Er erfährt, dass sie wohl auch bereits in Aachen gewesen sein sollen, wo seine Halbschwester Judith lebt, die einzige Verwandte, die er noch hat. So schlägt er sich bis nach Aachen durch, die Normannen im Nacken und vor ihm, um seine Schwester zu suchen.
Gemeinsam mit seinem neuen Begleiter Gauzbert verfolgt er die Spur der Dänen in der Hoffnung, der richtigen Truppe zu folgen. Da seine Schwester zwei verschieden farbige Augen hat, wurde sie von mehreren Leuten gesehen und Tankred stellt fest, dass sie dieser Umstand zu etwas besonders wertvollem macht und sie hoffentlich nicht als Sklavin auf einem Sklavenmarkt verkauft wurde. Als sie sie in den Fängen des Dänen Ivars entdecken, gilt es noch, sie zu befreien, was sich als schwieriger herausstellt als gedacht.
Auf der Suche nach dem Rest der Familie
Michael Römling startet seine Wikinger-Trilogie mit einer nachvollziehbaren Geschichte. Das Kloster, in dem der Protagonist mit geheimnisvoller Vergangenheit seit zwölf Jahren lebt, wird von den Dänen überfallen, und nur er als Bibliothekar schafft es, zu überleben. Auf der Suche nach seiner Schwester muss er sich immer wieder vor den Dänen verstecken, die er doch gleichzeitig auch sucht, was seine Mission nicht einfacher macht. Zudem ist Januar, es ist kalt und die Gegend verschneit, was das Vorankommen ebenfalls erschwert.
Glücklicherweise trifft Tankred immer die richtigen Entscheidungen: Bei seiner Flucht, bei der Verfolgung der richtigen Teilgruppe der Dänen, vor allem aber bei der Wahl seiner neuen und eigentlich unbekannten Begleiter, die er, wie der Autor selbst erwähnt, erstaunlicherweise direkt vertraut findet. Keine katastrophalen Entscheidungen, er hat Glück, er liegt immer richtig, der Gevatter Zufall ist auf seiner Seite – das liest sich gut runter, ist aber in dieser Fülle eigentlich verdächtig. Natürlich gibt es ab und an ein kleines oder größeres Gemetzel, aber es ist klar, wer es überleben wird.
Viel Abwechslung
Sieht man von dieser Perspektive ab, hat man einen spannenden, abwechslungsreichen und temporeichen Roman vor sich, der mit dem 9. Jahrhundert in einer Zeit spielt, die nicht so oft von Romanautoren gewählt wird. Der geschichtliche Hintergrund in der post-karolingischen Zeit wird gut dargestellt und ist für alle nachvollziehbar. Trotz guter Recherche ist dem Autor dennoch ein Lapsus unterlaufen, denn das Schachspiel, auf das sich in einem Gespräch zwei Leute beziehen, war in der Eifel in der Gegend von Koblenz wohl noch nicht bekannt, schon gar nicht beim einfachen Volk. Hier wäre ein anderer Vergleich historisch korrekter gewesen.
Sprachlich weiß der Autor seine Leser mitzureißen, verfällt an einigen Stellen aber in eine moderne Jugendsprache wie „ich hatte mich daran gewöhnt, meine Erwartungen zerbröseln zu sehen“. Diese lockeren Modernismen fallen im Verlauf der Lektüre leider immer mal wieder auf, wenngleich sie auch einen leichten Humor transportieren, der dem Roman bei aller Dramatik etwas mehr Würze verleiht.
Die Personenzeichnung ist gut getroffen, die Charaktere sind nicht nur schwarz-weiß gezeichnet, und da ja noch zwei weitere Bände folgen werden, muss der Autor nicht bereits im ersten Roman alle Geheimnisse lüften. Eine Karte mit den betreffenden Orten und ein aufschlussreiches Nachwort ergänzen den Roman. In jedem Fall wird beim Leser die Neugier geweckt, wie die Geschichte um Tankred, den Ich-Erzähler, weitergeht.
Fazit
Der Roman ist der flotte Beginn einer Trilogie in einer nicht so häufig beschriebenen Zeit und weckt Lust auf die Fortsetzungen. Das späte 9. Jahrhundert wird treffend dargestellt und bietet neben einigen Scharmützeln auch etwas fürs Herz und für Geschichtsfreunde. Hier ist für jeden was dabei, und das lohnt sich ja immer.
Michael Römling, Rowohlt
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