Kaiserin Joséphine

  • Fischer
  • Erschienen: Januar 2000
  • 2

Originalausgabe erschienen 2000 unter dem Titel „The Last Great Dance on Earth“ bei Harper Collins

deutsche Erstausgabe erschienen 2001 im S. Fischer Verlag

aktuelle Ausgabe erschienen im September 2019 bei Fischer Taschenbuch

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Birgit Stöckel
801001

Histo-Couch Rezension vonSep 2019

Gekrönt, geschieden, gestorben

„Kaiserin Joséphine“ ist der Abschluss von Sandra Gullands Trilogie über Joséphine de Beauharnais, die von der Tochter eines verarmten Plantagenbesitzers auf Martinique zur Kaiserin der Franzosen aufstieg und deren Nachkommen sich in fast allen europäischen Königshäusern finden. Der Band beginnt im März 1800 und von dort spannt sich ein Bogen über die nächsten 14 Jahre: Von der Krönung über das Leben als Kaiserin, über die Verheiratung ihrer beiden Kinder, über die familiären Intrigen und Entwicklungen innerhalb der Familie Bonaparte bis hin zur Scheidung, Napoléons Abdankung und  Joséphines Tod im Mai 1814.

Bisherige Schwächen sind verschwunden

Sandra Gulland gelingt es in diesem Roman, zwei der größeren Schwächen der Vorgänger auszumerzen: Einmal die Längen, die bisher immer wieder auftraten, in diesem Buch aber nicht zu finden sind und zum anderen hat man als Leser endlich das Gefühl, Joséphine näher zu kommen, ihre Gedanken und Gefühle zu erfahren und zu verstehen. Das war in den beiden vorherigen Bänden trotz der Tagebuchform so leider nicht spürbar. Insbesondere gelingt Gulland das bei der Beschreibung der Beziehung zwischen Joséphine und Napoléon. Auch wenn die Ehe keinesfalls nur harmonisch verlief - dafür sorgten Napoléons wiederholte Untreue, Joséphines daraus folgende Eifersucht und die Intrigen der Familie Bonaparte - so kommt doch sehr gut rüber, dass beide für einander die große Liebe waren. Umso schmerzlicher ist die Scheidung, die rein aus Staatsräson erfolgte, und die Autorin vermittelt den Schmerz gekonnt und ohne Kitsch an die Lesenden.

Dieser Band rundet das Bild Joséphines sehr schön ab und man kann nicht umhin, nach der Lektüre den Hut vor dieser ungewöhnlichen Frau zu ziehen, die ihr Leben mit viel Mut, Geschick, Großzügigkeit, Loyalität und innerer Stärke gemeistert hat. Natürlich gibt es in der Literatur viele deutlich negativere Darstellungen von Joséphine de Beauharnais, aber im Nachwort des zweiten Bandes begründet die Autorin sehr gut, warum sie sich für ihre Sicht entschieden hat. Die Darstellung anderer Charaktere bleibt leider deutlich hinter der Joséphines zurück: Während ihr Mann überwiegend und ihre Kinder ausschließlich positiv dargestellt werden, sind die Mitglieder der Familie ihre Mannes ausschließlich negativ dargestellt. Natürlich wird durch die gewählte Tagebuchform die subjektive Sicht der Verfasserin wiedergegeben, doch ein wenig mehr Ausgewogenheit hätte der Figurenzeichnung definitiv gut getan.

Nicht alles kann erzählt werden

Schade ist auch, dass so viele wichtige Ereignisse deutlich zu kurz kommen. Zum Beispiel die Einführung des „Code Civil“, die häufig als eine revolutionäre Errungenschaft bezeichnet wird, viele Rechtssysteme Europas beeinflusste und in großen Teilen noch heute in Frankreich gilt. Ebenso wird Napoléons Scheitern im Russlandfeldzug sehr knapp abgehandelt. Lesenden ohne Vorkenntnisse dürfte schwer fallen, zu verstehen, warum ein verlorener Feldzug dem Kaiser jeglichen Rückhalt in der Bevölkerung entzogen hat, weil die Bedeutung dieses desaströsen Unterfangens überhaupt nicht vermittelt wird.

Lobend sei zum Abschluss der Epilog erwähnt, in dem die Autorin eine kurze Übersicht gibt, wie es mit den einzelnen Familienmitgliedern nach Joséphines Tod weitergegangen ist. Das rundet die Geschichte sehr schön ab.

Fazit:

„Kaiserin Joséphine“ ist der beste der drei Bände um Joséphine de Beauharnais, der nicht nur das Bild dieser außergewöhnlichen Frau und der damaligen Zeit vervollständigt, sondern die Protagonistin auch endlich den Lesenden wirklich nahe bringt. Zudem passiert familiär und privat so viel, dass beim Lesen keine Langeweile aufkommt. Dagegen fallen die oben genannten Schwächen nicht zu sehr ins Gewicht.

Kaiserin Joséphine

Sandra Gulland, Fischer

Kaiserin Joséphine

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