Das Schwert des Normannen

  • Droemer-Knaur
  • Erschienen: Januar 2013
  • 11
  • Droemer-Knaur, 2013, Titel: 'Das Schwert des Normannen', Originalausgabe
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Carsten Jaehner
871001

Histo-Couch Rezension vonOkt 2013

Die Normannen erobern den Mezzogiorno

Kurzgefasst:

Die Normandie im 11. Jahrhundert: Der berüchtigte Robert Guiscard von Hauteville, genannt das Schlitzohr, ist auf der Flucht nach Süditalien, wo seine Brüder sich als Kriegsherren einen Namen gemacht haben. Unter Roberts Gefährten befindet sich der 17-jährige Gilbert, dessen Herkunft im Dunkeln liegt und der bei den Hautevilles als Schweinehirt aufgewachsen ist. Seine Treue und Waghalsigkeit lassen ihn schnell zu Roberts engstem Vertrauten werden. Sie beginnen als Raubritter, für die nichts als Gold zählt, und sind doch dabei, ein Reich zu schaffen, das in ­Europa seinesgleichen suchen wird.

 

In der Normandie des 11. Jahrhunderts leben unter anderem die reichen Hautevilles, von denen sich die Söhne nach und nach auf nach Italien machen, um dort in fremden Heeren Dienst zu tun, wie es sich einst für Normannen gehörte. Nachdem einige bereits erfolgreich nach Süden gezogen sind und sich dort als Kriegsherren einen Namen gemacht haben, zieht es auch Gilbert nach Italien. Gilbert wurde einst von den Hautevilles entführt, zählt aber nach all den Jahren als Familienmitglied.

Der 17jährige Gilbert zieht gemeinsam mit Robert de Hautville, genannt Robert Guiscard, das Schlitzohr, und weiteren Normannen nach Süden. Unter ihnen ist auch Gerlaine, Gilberts "Freundin", die ihm zwar zugeneigt ist, aber sie sind kein Paar. Als junger Mann verkleidet begleitet sie ihn dennoch, zumal sie ihre Familie verloren hat und über seherische Fähigkeiten verfügt.

Sie gehen nach Melfi, wo ihre Brüder Williame und Drogo als Grafen residieren und sich einen Namen gemacht haben. Robert langweilt sich schnell bei seinen Brüdern und begeht mit seinen Männern Raubzüge, die seine Brüder bald in Erklärungsnot bringen. Abgesehen davon hat er sich dabei recht geschickt angestellt, auch wegen der Mithilfe von Gilbert, der einen klugen Kopf hat und auch mit dem Schwert immer besser umgehen kann. Trotzdem gelingt es Robert, sich ebenfalls im Mezzogiorno einen Namen zu machen und ein gefeierter Kriegsheld zu werden. Wenn da nicht doch noch die Frauen wären...

Flotte Erzählung

Ulf Schiewe entführt den Leser mit seinem Roman Das Schwert des Normannen in die Normandie und vor allem das Mezzogiorno Italiens im 11. Jahrhundert und verschafft dem Leser auf knapp 400 Seiten einen interessanten Einblick in Zeit und Ort. Damit bleibt er deutlich unter seiner sonst gewohnten Seitenzahl, was aber der Intensität seiner Erzählung keinen Abbruch tut.

Schiewe kommt schnell zur Sache und hält sich nicht mit unnötigem Einleitungsgeplänkel auf. Überhaupt legt er mit seinem Roman ein gehöriges Tempo vor, doch auch ruhigere Momente kommen nicht zu kurz. Schiewe erzählt in der Einleitung nur das nötigste, was für die Romankonstellation wichtig ist und schickt seine Protagonisten recht schnell über die Alpen in den Mezzogiorno. Dort trifft Robert auf seine Brüder, und schon bald wird ordentlich gekämpft. Da werden Heiligtümer überfallen und Dörfer niedergemacht, und die Normannen werden schnell ihrem Ruf gerecht. Wurden die Normannen jedoch vormals hauptsächlich als Söldner von Lombarden angeheuert, so werden die Normannen bald durch ihre Erfolge ermutigt und kämpfen auf eigene Rechnung.

Die Normannen machen sich selbständig

Höhepunkt des Buches ist die Schlacht von Civitate 1053, wo die Normannen gegen Soldaten von Papst Gregor IX., Schwaben von Kaiser Friedrich, Lombarden und Langobarden kämpfen und einen ersten wirklich bedeutenden Sieg davontragen und sich somit in Italien festsetzen. Diese Schlacht wird von Schiewe auch taktisch gut beschrieben und weidet sich nicht in unnötigen blutigen Details, wenngleich der Schrecken des Schlachtfeldes trotzdem authentisch eingefangen wird.

Schiewes Charaktere sind gut und authentisch beschrieben, zumal es sich zum Großteil um tatsächlich reale Personen handelt (hier wäre ein Personenregister aufschlussreich gewesen). Schiewe bemüht sich, seine Figuren lebendig zu zeichnen und sie mit menschlichen Zügen auszustatten, was auch in den meisten Fällen gelingt. Der Ich-Erzähler Gilbert durchlebt eine enorme Entwicklung vom Aufbruch in der Normandie bis zur Schlacht von Civitate, auch gebeutelt durch sein stetes hin und her in seiner Beziehung zu Gerlaine. Robert ist ein Schlitzohr, der sich nicht leicht etwas sagen lässt und hauptsächlich auf sich selbst und seinen Erfolg und Ruhm fixiert ist. Das wird ihn zu einer historisch bedeutenden Persönlichkeit machen, in der Nachfolge seiner Brüder, die, so sie denn auftauchen, ebenfalls gut beschrieben werden. Überhaupt wird das Verhältnis der Brüder untereinander und mit Gilbert als anerkanntem Familienmitglied immer wieder betont und zeigt so, das Blut doch dicker als Wasser ist.

Gilberts Verhältnis zu Gerlaine ist nicht die einzig komplizierte Beziehungsgeschichte im Roman. Robert verliebt sich direkt bei seiner Ankunft in Italien in Alberada, eine Tante seines Wohltäters, deren Schönheit ihrem Ruf weit vorauseilt. Doch auch hier ist alles nicht so einfach, denn er ist mit seiner Verliebtheit nicht der einzige.

Pralles Leben

Insgesamt ist Ulf Schiewe ein authentischer Roman gelungen, der sich flott lesen lässt und der einen hervorragenden Einblick in geschichtliche Ereignisse gibt, die sonst nicht im Fokus historischer Romane stehen. Dabei hat Schiewe gut recherchiert und die Lebensgeschichte der Familie der Hautevilles beschrieben, wie sie tatsächlich passiert ist. Seine Charaktere sind bunt gewürfelt und voll prallem Leben, und Langeweile kommt auf keiner Seite auf.

Allerdings birgt die straffe Erzählung auch die Gefahr, dass manche Erzählstränge vielleicht zu kurz und zu oberflächlich werden, wie beispielweise die Reise über die Alpen, bei der man das Gefühl hatte, dass der Autor sie lieber ganz weggelassen hätte, um seinem eigentlichen Erzählziel schneller näher zu kommen. Hier hätte man noch dramatischer und intimer erzählen können, zumindest aber etwas ausführlicher.

Der Roman hält sich nicht mit unwichtigen Erzählteilen auf und kommt schnell, manchmal zu schnell, auf den Punkt. Lesenswert ist auf jeden Fall das ausführliche Nachwort, in dem Autor noch einmal zur Ausgangssituation Stellung nimmt und einige Fakten, die er aus dramaturgischen Gründen geändert hat, ins rechte Licht rückt. Eine Karte Süditaliens ergänzt den Roman, allerdings fragt man sich, warum dort einige Orte verzeichnet sind, die für den Roman unerheblich sind und umgedreht, warum Orte fehlen, die im Buch beschrieben wurden.

Unterm Strich bleibt ein lesenswerter, flotter und spannungsreicher Roman, bei dem man sich eine Fortsetzung vorstellen und wünschen kann.

Das Schwert des Normannen

Ulf Schiewe, Droemer-Knaur

Das Schwert des Normannen

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