Das Ritual

  • Rütten und Loening
  • Erschienen: Januar 2008
  • 5
  • Rütten und Loening, 2007, Titel: 'Bone Rattler', Originalausgabe
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Volker Faßnacht
911001

Histo-Couch Rezension vonMai 2009

Für alle Fans von komplexen und historisch anspruchsvollen Geschichten

Kurzgefasst:

Amerika im 18. Jahrhundert: Duncan ist von den Engländern wegen Hochverrats zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt worden. Nun soll er in den neuen Kolonien seine Strafe verbüßen. Schon die Überfahrt ist voller Rätsel und Gefahren. Zwei Morde geschehen, rituelle Zeichen tauchen auf, und immer wieder ist von Stony Run die Rede, einem Ort, wo es angeblich einen geheimnisvollen Kampf gegen die Indianer gegeben hat. In New York hofft Duncan seinen Bruder wiederzusehen, der bei der englischen Armee dient. Doch Jamie ist zu den Indianern übergelaufen. Duncan ahnt, dass man ihn nur als Lockvogel in die Kolonien geholt hat. In Stony Run soll er seinen Bruder wiederfinden - und die Wahrheit über sich selbst und den Kampf der Weißen erfahren.

 

Gleich vorneweg: Einem ist Eliot Pattison mit seinem Roman "Das Ritual" treu geblieben - seiner Passion, Kriminalromane zu schreiben. Dass dabei auch noch ein äußerst spannendes Werk entstanden ist (James Fenimore Cooper und Thomas Macaulay gewidmet), dürfte die Leserschaft freuen.

Äußerst spannender und geheimnisvoller
Kriminalfall

Der Schotte Duncan McCullum wird zu sieben Jahren Arbeitsdienst in den neuen Kolonien verurteilt. Bereits auf der Überfahrt geschehen zwei Morde, rituelle Zeichen und geheimnisvolle Rätsel tauchen auf und immer wieder ist von "Stony Run" die Rede. Duncan McCullum verstrickt sich in die Geschehnisse und ist gezwungen, die Ermittlungen aufzunehmen, da sonst der alte Lister, ein anderer Schotte, mit dem er auf dem Schiff Freundschaft geschlossen hat, als Sündenbock hingerichtet werden würde.

Auch die Rolle von Duncans Bruder Jamie ist mehr als mysteriös, da er als Schotte in den Dienst der englischen Armee eingetreten ist. Wie sich vor Ort herausstellt, ist er allerdings mittlerweile zu den Indianern übergelaufen und wieder taucht ein Name auf: "Stony Run".

Duncan McCullum schafft es innerhalb kürzester Zeit, sich zwischen alle Stühle zu setzen, indem er noch auf dem Schiff eine geheimnisvolle - für seinen neuen Arbeitsgeber aber wichtige - Frau vor dem Ertrinken retten kann und er somit eine Vertrauensposition erhält, die auf wenig Gegenliebe bei den anderen Verurteilten trifft, zumal ja ein Mörder unter ihnen ist und Duncan durch seine Ermittlungen immer wieder in Wespennester sticht. Auch seine Unkenntnis der indianischen Kultur, sowie die Unkenntnis der Rolle der Armee und der Siedler in den neuen Kolonien tragen dazu bei, dass er immer wieder in Gefahr gerät.

Die Kriminalgeschichte ist äußerst spannend. Der Autor versteht es sehr geschickt, lediglich vage Andeutungen zu machen und den Leser ansonsten im Ungewissen zu lassen. So entwickelt sich schon nach wenigen Seiten eine Unzahl an Indizien und Hinweisen, aber auch vielen Fragmenten, die zunächst weitere Rätsel hinterlassen, deren Überblick dann auch nur von der Leserschaft, die sich dem Roman mit voller Aufmerksamkeit widmet, gewahrt werden kann.

Interessante historische Zeugnisse und
Verbindungen

Der Roman beginnt im Jahr 1759, also nur wenige Jahre nach dem endgültigen Ende des Jakobitismus in Schottland. Das erklärt die Vielzahl von schottischen "Verbrechern", die quasi wie Glutnester in alle Himmelsrichtungen auseinander gezogen wurden, so dass sie in kleinen Gruppen keine Gefahr für das britische Empire darstellen konnten. Ein großer Teil dieser Menschen wurde auch nach Amerika gebracht.

Es gibt sehr viele Parallelen zwischen den unterdrückten schottischen Gefangenen und den um ihre Freiheit kämpfenden indianischen Eingeborenen. Eliot Pattison vermag diese Verbindung in meisterhaft subtiler Brillanz zu schildern. Ein ums andere Mal kann einem ein kalter Schauer über den Rücken laufen, insbesondere dann, wenn man sich vorher mit dem schottischen Freiheitskampf (wie "Die Rebellin der Rose" von Janet Paisley) oder auch den Ritualen der Indianer befasst hat. Gerade die Abschnitte, die aus der Sicht der Geschwisterkulturen der schottischen Waldläufer, der Black Guards (ehemalige Highland-Miliz) und den Irokesen handeln, sind durch die unbekannte Perspektive sehr geheimnisvoll und die neuen Erkenntnisse dieser beiden tief miteinander und im Spirituellen verwurzelten Kulturen sorgen dafür, dass man unbedingt wissen will, wie es weitergeht.

Zäher Beginn?

Mancher Leser wird dem Autor vorwerfen, dass der Beginn recht zäh ist. Das stimmt so jedoch nicht: Zwar beschreibt Eliot Pattison die Szenerie auf dem Schiff sehr detailliert und geheimnisvoll und der Leserschaft erschließt sich zu Beginn nicht, was das alles soll. Manchmal entsteht der Eindruck, dass der Roman immer wieder am Rande zur Fantasy steht. Andererseits wird von vielen Lesern auch immer wieder verlangt, dass ein kriminalistisches Werk nicht sofort erkennbar die Guten und die Bösen benennt und die Geschichte nicht zu durchsichtig werden darf.

Zweites ist Elliot Pattison mit dem vorliegenden Roman "Das Ritual" für all diejenigen Leser, die mit einem komplexen Werk - bei dem man vielleicht auch mal einige Seiten zurückblättern muss, um die Übersicht zwischen all den mysteriösen Andeutungen und preisgegebenen Indizien zu behalten - umzugehen wissen, sehr gut gelungen. So überwiegt der Lesespaß doch eindeutig, besonders dann, wenn man einmal das erste Drittel hinter sich gelassen hat und sich langsam aber beständig einzelne Puzzleteile zu einem Ganzen formieren. So bedarf es bei diesem Roman ganz eindeutig an Durchhaltevermögen (im positiven Sinn), weil sich das Gesamtbild auch erst zum Schluss ergibt.

Bemerkenswert gut recherchiert

Das bestechende Element der Geschichte sind die bemerkenswert gut recherchierten historischen Details der handelnden Kulturen und die unbekannten Verflechtungen derselben. Aufgewertet wird das vorliegende Werk durch die sehr schön gestaltete Verpackung - Hard Cover mit erhabener "Blutschrift" & bluttriefender Feder, einer historischen Karten der "Six Nations", einer Zeittafel, einem Personenregister und einem ergreifenden Nachwort des Autors.

Oder hätten Sie gewusst, dass sich die Gründerväter des modernen Amerikas bei der Bildung ihrer Regierungsform bei der irokesischen Liga einige Aspekte (Rat der Liga, die freiheitliche Verfassung und Demokratie) abgeschaut haben oder dass es Menschen gegeben hat, die sich selbst im Kriegsgetümmel unbeschadet zwischen den indianischen Völkern bewegen konnten? Warum hat es Familien gegeben, die trotz aller wohlbekannten Gefahren in der Wildnis ansiedelten oder auch weswegen viele der Kriegsgefangenen nach der Befreiung freiwillig bei den Indianerstämmen geblieben sind, die sie damals entführt hatten?

Eben! Aber das sind die immer wieder sehr schönen Aha!-Erlebnisse, die man vom Autor Eliot Pattison bei seinem Roman "Das Ritual" vermittelt bekommt.

Das Ritual

Eliot Pattison, Rütten und Loening

Das Ritual

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