Der Meister des Siebten Siegels

  • Lübbe
  • Erschienen: Januar 1994
  • 8
  • Lübbe, 1994, Titel: 'Der Meister des Siebten Siegels', Originalausgabe
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Carsten Jaehner
891001

Histo-Couch Rezension vonNov 2007

Eine beeindruckende Geschichtslektion

Im Jahr 1590 steht der Geschützgiesser Adam Dreyling vor Gericht in seiner Heimat in Tirol. Um seine Anklage Landesverrat zu entkräften, erzählt er seine Geschichte, die in Schwaz begann, als er sechzehn Jahre zuvor in Schwaz im Bergwerk gearbeitet hat und als einer der wenigen eine dortige Katastrophe überlebt hat. Durch Zufall führt er eine Gruppe Aufständiger gegen die Fugger an, denen das Bergwerk letztlich gehört, doch er muss fliehen und geht nach Innsbruck zu seinem Onkel, dem Geschützgiessermeister Hans Christoph Löffler.

Sechs Jahre lernt Dreyling, wie man Kanonen giesst und alles darüber, wie man die Formen formt, wie man die Bronze am besten kocht und alles, was dazu gehört. Wenn man eine der sieben Kategorien quasi abgeschlossen hat und das vollständige Wissen darüber erworben hat, hat man ein Siegel, und nur sein Chef und Onkel Löffler hat alle sieben Siegel und verhindert durch seine Art, dass jemand seinen Meister macht und somit ein Siegel erringen kann. Dreyling hat bereits vier Siegel in Schwaz erworben und will die weiteren bei seinem Onkel erwerben und zudem noch dessen Tochter heiraten.

Doch die Tochter Katharina soll einen anderen heiraten, der höher gestellt ist, Adam aber offizielle als Liebhaber behalten. Das ist Adam zu wenig, und nachdem er heimlich das Wissen um die restlichen drei Siegel erworben hat, verschwindet er, mithilfe von unbekannten Kräften. Diese stellen sich als Agenten des Ersten Staatssekretärs der Knigin von England, Sir Francis Walsingham heraus, und dieser hat nicht nur dafür sorgen lassen, dass Adam seinen ersehnten Meisterbrief erhält, sondern er will ihn auch als Geschützgiesser für England gewinnen. Dreyling baut sich eine Giesserei nach seinen Wünschen macht auch Bekanntschaft mit dem Schiffsbauer Matthew Baker, mit er zusammen die effektivsten und am besten ausgerüstetsten Schiffe plant und baut, die jemals die Weltmeere befahren haben. Schließlich schreibt man das Jahr 1588, und die Spanische Armada segelt gen England&

Lang, aber nicht langweilig

Was die beiden Autoren Johannes K. Soyener und Wolfram zu Mondfeld mit ihrem gemeinsamen Roman Der Meister des Siebten Siegels vorgelegt haben, ist allein mit seinen 1100 Seiten aller Ehren wert. Die beiden Autoren beschreiben breit angelegt eine Zeitspanne von 16 Jahren, in denen bedeutende Ereignisse der Weltgeschichte stattfinden und fesseln ihre Leser von der ersten Seite an an die Lektüre.

Dabei besticht der Romane vor allem durch seine Detailverliebtheit und durch seine urgenauen Beschreibungen von Handlungs- und Arbeitsabläufen. Sei es in Tirol im Bergwerk, sei es in Innsbruck in der Giesserei oder in England beim Aufbau einer komplett neuen Giesserei immer beschreiben die Autoren alle Abläufe minutiös genau und bieten dem Leser so einen mehr als exakten Einblick in die Arbeitsweisen der damaligen Zeit. Interessant ist es allemal, mit welchen Mitteln seinerzeit das Optimum aus den Möglichkeiten herausgeholt wurde und wie weit man technisch bereits war. Allerdings besteht die Gefahr, so manche Details zu überlesen, weil die Autoren wirklich sehr kleinlich genau alles beschreiben und erklären. Doch wer bei diesen Szenen bei der Stange bleibt, der bekommt einen penibel genauen Einblick in die Zeit, auch wenn man den einen oder anderen Fachbegriff vielleicht nicht versteht (es gibt keinen Glossar am Ende des Romans).

Eine temporeiche Europareise unter dem Aspekt der Bronzekanonen

Die Hauptfigur Adam Dreyling macht durch den Roman eine Entwicklung durch, bei der jede Etappe schon ein eigener Roman gewesen wäre. Doch immer wieder durch äußere Umstände zum Weiterreisen und zur Flucht genötigt, wiederholt sich sein Leben doch auch immer wieder. Adam bekommt die Chance, ein berühmter Mann zu werden, der er auch wird, doch in dem Moment, wo sein Traum in Erfüllung zu gehen scheint, muss er das mühsam Aufgebaute verlassen, meist auch eine Frau dabei, um in weiter Entfernung neu zu beginnen. Sei es in Tirol, England oder Polen, nie kommt er letztlich zur Ruhe, bis zum Ende die Gerichtsverhandlung ist, die letztlich über sein Leben und seine Schuld des Hochverrats entscheidet.

Geschickt nutzen die Autoren die Gerichtsverhandlung als Rahmenhandlung, um dann immer wieder die Tagebücher zu präsentieren, in denen Adam seine Geschichte erzählt. Und diese ist gespickt mit vielen geschichtlichen Ereignissen. Neben einem Bergwerkseinsturz, einer Flottenparade in Venedig, der Schlacht der Englischen Flotte gegen die Spanische Armada mit Sir Francis Drake und einem Winter im polnischen Krakau ist es vor allem auch die Bronzegiesskunst und hier vor allem die der Feldschlangen-Kanonen, die Adam europaweit zu einem beliebten und gesuchten Mann macht. Die Autoren bieten dem Leser nicht nur eine Tour durch Europa, zu Lande und zu Wasser, sondern auch einen Einblick in die Politik der Zeit, wo die Habsburger gegen England ziehen und die Elisabeth I. gegen Philip II. von Spanien kämpft. Das ist Geschichtslektion in Reinkultur, spannend und packend erzählt, mit allen Details die man braucht. Wären Schulgeschichtsbücher so interessant, würden sich heute bestimmt mehr Pennäler für Geschichte interessieren.

England gegen die Spanische Armada

Besondere Highlights im Roman sind auch die Begegnungen mit prominenten Persönlichkeiten, von denen jeder schon einmal gehört haben sollte. Neben Sir Francis Walsingham ist es vor allem Elisabeth I. und auch Francis Drake, mit denen Adam persönlich zu tun hat. Besonders in der Schlacht gegen die Armada leidet man mit Adam mit, und es werden interessante Details wie der Mangel an geeigneten Kanonenkugeln erklärt, die manchem Leser doch unbekannt vorkommen könnten, diese aber das Geschehen der Schlacht, das überall nachzulesen ist, erklären.

Wer sich an die klein geschriebenen 1100 Seiten heranwagt, wird eine Geschichtslektion ersten Ranges vor die Augen bekommen, die jedem Geschichtsfreund das Wasser im Munde zusammen laufen lässt. Der Roman ist intensiv und kurzweilig geschrieben und bietet für jeden etwas neben actionreichen Sequenzen wie Seeschlachten oder Bergwerkseinstürze gibt es Liebesgeschichten und philosophische Stellen. Die ausschweifenden Erklärungen und Lektionen könnten für einige Leser des Guten zu viel sein, aber das ist sicher Geschmackssache.

Ein ausführliches, lokal sortiertes Personenverzeichnis, eine Kapitelübersicht und ein Nachwort ergänzen den Roman, der leider ohne Glossar daherkommt. Negativ zu bemängeln sind die zahlreichen Tippfehler, die durch ein sorgfältigeres Lektorat hätten vermieden werden können und die in ihrer leider recht hohen Zahl ärgerlich und daher leider erwähnenswert sind. Für eine weitere Neuauflage sollte hier jemand noch einmal in den süssen Apfel beissen und die Lektüre überarbeiten. Der Roman hätte es verdient. Trotz allem bleibt ein empfehlenswerter Roman. Weiter so.

Der Meister des Siebten Siegels

Johannes K. Soyener, Lübbe

Der Meister des Siebten Siegels

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