Der letzte Harem

  • Droemer-Knaur
  • Erschienen: Januar 2007
  • 15
  • Droemer-Knaur, 2007, Titel: 'Der letzte Harem', Originalausgabe
Der letzte Harem
Der letzte Harem
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Katharina Lewald
881001

Histo-Couch Rezension vonSep 2007

Ein exotischer Roman, der alle Sinne berührt...

Der historische Roman boomt und das ist kein Geheimnis. Doch gute Geschichten, die nicht gerade im deutschen oder englischen Mittelalter oder in der Frühen Neuzeit spielen, sind nicht so leicht zu finden. Umso mehr darf man sich über das Thema des aktuellen Prange-Romans freuen, der um 1900 spielt - und im Osmanischen Reich.

Glück und Unglück oder Schicksal?

In ";Der letzte Harem" geht es um, wie der Titel schon verrät, den letzten offiziellen Harem, nämlich den des Sultans Abdülhamid II. Elisa und Fatima sind noch Mädchen, als bei einem Anschlag auf ihr Heimatdorf sämtliche Verwandte ums Leben kommen und sie beide, mutterseelenallein und verängstigt, entführt und in den Yildiz Palast gebracht werden. Während Elisa sich nichts sehnlicher wünscht, als dem Harem zu entfliehen und draußen ihr eigenes Leben zu führen, ist es Fatimas größtes Ziel zur Favoritin des Sultans aufzusteigen, was ihr auch gelingt. Es scheint kein Zufall zu sein, dass Fatima Muslimin und Elisa Christin ist, die Eine atemberaubend schön, die Andere gänzlich normal, aber mit einer wunderbaren Singstimme - obwohl die beiden Frauen so verschieden sind, kann nichts sie trennen.

Doch bald schon sollte das Leben im Serail der Vergangenheit angehören: Das Osmanische Reich zerbricht nach und nach, der letzte Harem wird aufgelöst. Plötzlich stehen die beiden jungen Frauen vor der schier unlösbaren Aufgabe, außerhalb sicherer Palastmauern ihr eigenes Leben zu führen, auf eigenen Beinen zu stehen - also genau das zu tun, was sie nie gelernt haben. Mittellos, ohne Geld, ohne Freunde oder Beziehungen landet Elisa auf der Straße. Fatima hingegen lernt einen einflussreichen Militär kennen, der sie zur Frau nimmt. Ihr Sohn jedoch, dessen Vater kein Geringerer als Abdülhamid II. persönlich ist, ist Oberst Taifun jedoch ein Dorn im Auge...

Immer wieder trennen sich die Wege der einstigen Freundinnen, Intrigen und falsche Beschuldigungen machen sie zeitweilig sogar zu Feindinnen. Elisa verliebt sich in den deutschen Arzt Dr. Felix Möbius, der aber eine Frau in Deutschland zurückgelassen hat. Jedes bisschen Glück scheint für die Frauen nur von kurzer Dauer zu sein! Doch eine Freundschaft, die seit Kindesbeinen besteht, übersteht auch die schwersten Krisen...

Spannung, Herzschmerz, Geschichte

Peter Prange hat mit ";Der letzte Harem" ein Werk geschaffen, das nicht zu Unrecht auf der Liste der aktuell erfolgreichsten historischen Romane auf dem 8. Platz steht (Quelle: buchreport.express Nr. 46 vom 15. November 2007). Dies mag an der Thematik Osmanisches Reich und Harem liegen. Doch was bringt ein spannender geschichtlicher Zeitrahmen, wenn der Plot langweilig erzählt wird?

Nichts, wird sich auch Prange gedacht haben und er hat sein Bestes gegeben, um der Exotik des Orients auch Spannung, Herzschmerz und geschichtliche Fakten beizugeben. Im Gegensatz zur breiten Masse historischer Romane, die derzeit den Markt übervölkern, gelingt es Prange, den Leser tatsächlich zur Einholung von Hintergrundinformationen zu animieren. (Am Ende dieser Rezension finden Sie einige spannende Links zum Thema.)

Eine Christin, eine Muslimin - und eine tiefe Freundschaft

Auch die Vielfalt bei der Gestaltung der Charaktere macht einfach Spaß. Elisa und Fatima sind grundverschieden, aber trotzdem beste Freundinnen - auch die verschiedenen Glaubensrichtungen ändern daran nichts. Im Gegenteil: Ein tiefes Verständnis für den Glauben der jeweils Anderen verbindet die jungen Frauen zusätzlich. Nach und nach kommen auch weitere interessante Charaktere ins Spiel, die das Geschehen bereichern.

Doch ";Der letzte Harem" ist nicht nur gefühlvoll geschrieben. Die Vergangenheit eines Landes ist nicht immer nur positiv - zwischen 1894 und 1896 wurden im Osmanischen Reich Hunderttausende Armenier bei Pogromen getötet. Diese Massenmorde gingen als die Hamidischen Massaker in die Geschichte ein. Trotz den beschriebenen Grausamkeiten hat man nie das Gefühl, hier würde sinnlos Gewalt beschrieben. Vielmehr nimmt den Leser eine Art Ohnmacht gefangen, dabei zu sein, doch nichts dagegen unternehmen zu können. Eben genau so, wie sich viele Opfer während der Massaker gefühlt haben mögen...

 ";Der letzte Harem" ist eine Geschichte von Liebe und Hass, von Freund- und Feindschaft, von Macht und Ohnmacht. Nie vergisst es Prange, beide Seiten einer Medaille zu schildern, stets hat neben dem Guten auch das Schlechte Bestand. Was für uns heute unglaublich klingt, erweckt Prange anschaulich zum Leben und nimmt auch sanfte Hinweise auf Missstände in der türkischen Geschichte nicht aus. Wer denkt bei der Auflösung des Harems schon daran, dass plötzlich mehrere hundert Frauen auf der Straße sitzen, angegafft von fremden Männern und verachtet von den außerhalb des Palasts lebenden und arbeitenden Frauen? Sie haben kein Geld, kennen niemanden, manche erkennen ihre Verwandten nicht wieder oder werden von ihrer Familie nach so vielen Jahren nicht mehr erkannt. Und auch die damaligen Massaker an Armeniern sind vielen Menschen gänzlich unbekannt.

Vor allem wenn sich das Geschehen der Welt außerhalb des Topkapi Serails zuwendet, glaubt man, man könnte das Konstantinopel um 1900 riechen, schmecken, fühlen und hören. Und das wünsche ich mir von einem historischen Roman!

Linktipps zum Thema:
(Es öffnet sich ein neues Fenster.)

Der letzte Harem

Peter Prange, Droemer-Knaur

Der letzte Harem

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