Grandhotel Giessbach
- Emons
- Erschienen: Juli 2021
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Eine atmosphärische Zeitreise mit Abenteuer.
Henri Burkard ist Journalist und Ägyptologe in Kairo. Neben dem Schreiben bessert er sich sein Einkommen mit dem Handel von ägyptischen Fundstücken auf. Vor einiger Zeit hat er Besuch von Egloff erhalten, einem Mitglied der Orion-Gesellschaft für Fortschrittsfragen. Egloff hat ihn als Referenten für den zweiten Kongress der Gesellschaft in die Schweiz eingeladen. Henri hofft deshalb auf lukrative Geschäfte. Er hätte nie gedacht, dass seine Reise nach Europa mit Gier, Politik, Spionage und Intrigen zu tun haben könnte. Doch kaum ist er angekommen, steckt er schon mittendrin.
Erneute Spannung im Grand Hotel
Bereits bei seiner Ankunft im Hotel Giessbach deutet sich an, dass dieser Kongress alles andere als gewöhnlich werden wird. Ein Teil der Gesellschafter der Orion ist mit dem Luftschiff, der LZ11 «Viktoria Luise» von Bern nach Interlaken gereist. Offensichtlich hat es an Bord des Zeppelins einen mysteriösen Zwischenfall gegeben. Henris journalistischer Instinkt ist geweckt. Vorerst hält er sich jedoch bedeckt und bleibt als Beobachter im Hintergrund. Er möchte sich erst ein Bild von der Orion und ihren Mitgliedern machen. Alles ausschliesslich einflussreiche Geschäftsleute. Doch die Orion-Gesellschaft für Zukunftsfragen ist ein undurchsichtiges Konstrukt.
Parallel dazu kämpft Amanda Ammon, die Sicherheitsbeauftragte des Kongresses, gegen eine weitaus grössere Bedrohung. Die aus Java angereiste Expertin hatte vor vier Jahren einen Putschversuch innerhalb der Orion-Gesellschaft aufgedeckt – nun will Egloff sie erneut an seiner Seite wissen. Und tatsächlich: Schon bald muss sich ihr Team mit einem Giftanschlag auf die Kongressteilnehmer befassen.
Geschichte trifft Fiktion
Phil Brutschis zweiter Roman spielt im Jahr 1914, kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Die intensive Recherche des Autors ist auf jeder Seite spürbar. Geschickt verwebt er historische Details mit seiner fiktiven Handlung und knüpft dabei an Ereignisse aus seinem ersten Roman an. Mit viel Fingerspitzengefühl platziert er Ereignisse der Weltgeschichte. Das ist unterhaltsam und vermittelt viel Wissenswertes. Wie nebenbei entführt er die Lesenden zudem auf eine Reise in die Schweiz, ins Berner Oberland.
Viele wichtige Protagonisten, die etwas zu verbergen haben, treten auf. Nach und nach werden ihre Absichten deutlich: Henri musste Ägypten fluchtartig verlassen und hofft auf einen Neuanfang in der Schweiz. Amanda möchte auf keinen Fall mit ihrer Vergangenheit konfrontiert werden. Sie hat in Java ein neues Leben angefangen, hofft aber auf eine besondere Begegnung in der Schweiz. Und dann sind da noch etliche zwielichtige Mitspieler, die einen Auftrag zu erfüllen haben. Es gibt also sehr viele Nebenschauplätze und -figuren; und Perspektivenwechsel.
Allerdings hat diese Detailfülle auch ihre Schattenseiten. Eine Vielzahl an Figuren erschwert anfangs die Orientierung. Hinzu kommen einige schweizerische Spracheigenheiten, die den Roman etwas schwerfällig machen. Die eigentliche Krimihandlung ist hingegen unkompliziert und bietet nur wenige Überraschungen. Das ist jedoch nicht zwingend ein Nachteil. Der Fokus liegt vielmehr auf der charmanten Zeitreise.
Fazit
«Grand Hotel Giessbach -Das schwarze Gold» ist ein sehr gut recherchierter und interessanter historischer Roman. Phil Brutschi versteht es, seine Erzählung ansprechend zu gestalten und sie mit politischen, gesellschaftlichen und landschaftlichen Beschreibungen zu bereichern. So ist eine lebendige Geschichte entstanden, die die Umbruchstimmung jener Epoche spürbar macht. Damit ist «Hotel Giessbach – Das schwarze Gold» ein durchaus empfehlenswerter Roman. Wer jedoch einen rasanten Thriller erwartet, wird von der eher gemächlichen Erzählweise weniger begeistert sein. Es ist vielmehr die Verbindung von Geschichte, Lokalkolorit und Abenteuer, die zu schätzen ist.

Phil Brutschi, Emons
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