Das letzte Viertel des Mondes

  • Blessing
  • Erschienen: Mai 2025
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Das letzte Viertel des Mondes
Das letzte Viertel des Mondes
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Heike Jaschhof
901001

Histo-Couch Rezension vonAug 2025

Ein Leben mit und in der Natur.

Innere Mongolei, 2002: Eine 90jährige Frau blickt zurück auf ihr Leben. Innerhalb eines Tages schildert Sie ihre persönliche Geschichte. Im kleinen Kreis ihrer Stammesangehörigen, dem indigenen Nomadenvolk der Ewenken, verbringt sie unbekümmert und lebensfroh eine glückliche Kindheit. Doch gesellschaftlicher und politischer Wandel in ihrem Land machen auch vor der abgeschiedenen Welt der Ewenken nicht Halt.

„Nie habe ich etwas anderes als die reine Luft der Berge und Wiesen geatmet“

Die chinesische Schriftstellerin Chi Zijian erzählt in ihrem Roman „Das letzte Viertel des Mondes“ die Geschichte über das Nomadenvolk der Ewenken in den Jahren 1912 – 2002. Bereits während der ersten Seiten werden die LeserInnen stimmungsvoll in das Buch eingeführt. Die 90jährige Protagonistin blickt an einer Feuerstelle sitzend auf ihr Leben zurück. Die namenlose Ich –Erzählerin beginnt mit der Schilderung ihrer Kindheit in der Region des Großen Hinngan – Gebirges in der inneren Mongolei. Im Folgenden gibt sie eine umfassende Darstellung der ewenkischen Traditionen und Aufgaben.

In ihrem gründlich recherchierten Roman zeichnet die Autorin in einem feinfühligen, melancholischen Stil ein Bild über die souveräne Welt der Ewenken. Mit umfangreicher Sachkenntnis schildert Chi Zijian deren Zusammenleben nach den Regeln der Natur und überlieferten Sozialstrukturen, Zeremonien und Rituale.

Wenngleich auf den ersten Blick dies wie ein harmonisches Miteinander wirkt, so bleiben den LeserInnen leider stellenweise brutale Szenen nicht erspart. Glücklicherweise wendet sich die Autorin schnell wieder dem ewenkischen Alltag zu. Lyrische Naturbeschreibungen und detaillierte Erzählungen über Geistertanz, Schamanen und übernatürliche Wesen gehören ebenso dazu, wie auch ihr Broterwerb mittels Jagd und Tauschhandel.

Doch trotz ihrer zurückgezogenen und abgeschiedenen Lebensweise bleiben sie von den politischen Unruhen und Kriege in Ihrem Land nicht verschont. Ohne darauf näher einzugehen, setzt die Schriftstellerin wie erwartet ihr Augenmerk auf die neuen Herausforderungen, die auf das Nomadenvolk zukommen. Unmissverständlich zeigt sie die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen auf, die letztendlich zu einschneidenden Veränderungen führen.

In bemerkenswerter Weise schließt Chi Zijian ihren Roman mit einem aufgebrachten und aussagekräftigen Nachwort über Umwelt, ethnische Minderheiten und ihre Beweggründe, diesen Roman zu schreiben, ab.

Chi Zijian, geboren 1964 im Kreis Mohe im Nordosten Chinas,veröffentlichte bereits mit 19 Jahren ihre ersten Romane. Inzwischen ist sie in ihrem Heimatland eine anerkannte und preisgekrönte Schriftstellerin von mehr als 40 Romanen und Kurzgeschichten. Sie lebt heute in Harbin im Nordosten Chinas.

Fazit

Mit „Das letzte Viertel des Mondes“ hat Chi Zijian ein historisches Dokument über das Naturvolk der Ewenken im Nordosten Chinas geschrieben. Es ist ein wunderschöner, poetischer Roman, der Tradition und Naturverständnis eines über ein Jahrtausend alten indigenen Volkes dem Leben einer modernen Gesellschaft in beeindruckender Weise gegenüberstellt.

Das letzte Viertel des Mondes

Chi Zijian, Blessing

Das letzte Viertel des Mondes

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