Die Johann-Strauss-Verschwörung

  • Emons
  • Erschienen: Mai 2025
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Carsten Jaehner
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Histo-Couch Rezension vonJul 2025

Der Walzerkönig ist in Gefahr!

Im Jahr 1872 findet in Boston in Amerika das Weltfriedensfest statt, zu dem unter anderem auch der berühmte Komponist und Dirigent Johann Strauss aus Wien eingeladen wird. Der Walzerkönig nimmt nach langem Zureden die Einladung an, vor allem seine Frau Jetty hat auf ihn eingewirkt, denn er hasst Reisen, zumal auf einer fast zweiwöchigen Ozeandampfertour, da wer weiß passieren kann. Doch schließlich willigt er, auch aufgrund unterschriebener Verträge, ein. Seine Frau engagiert mit Francis Kingsley einen Bewacher für Strauss, der davon aber nichts merken soll.

Tatsächlich freundet sich Strauss auf der Überfahrt mit Kingsley an, und auch die Gruppe, die mit ihm Tisch sitzt, wird ihm immer vertrauter. Und doch wird Strauss das Gefühl nicht los, verfolgt zu werden. Als Kingsley einen von Strauss unbemerkten Mordanschlag auf den Walzerkönig verhindern kann, sind alle Sinne geweckt und zusammen mit Detective Ferranelli, der ebenfalls an Bord ist, muss Kingsley den Komponisten in Sicherheit wiegen und alles Übel von ihm fernhalten. Wird er Boston unbeschadet erreichen und dort seine triumphalen Konzerte geben können? Haben die wertvollen Diamanten, die sich an Bord befinden, etwas damit zu tun? Und vor allem: Wer trachtet Strauss nach dem Leben?

Das Ziel: Das Weltfriedensfest in Boston

Die österreichische Autorin Maria Jelenko hat sich für ihren Debütroman mit dem Walzerkönig Johann Strauss Sohn, dessen 200. Geburtstag im Jahr 2025 gefeiert wird, ein ur-österreichisches Thema ausgesucht und dabei mit seinem Besuch auf dem Weltfriedensfest 1872 in Boston gleichwohl eine Zeitspanne gefunden, die in der Literatur bislang keine große Beachtung gefunden hat. Dabei spielt das Fest zwar auch eine größere Rolle, der Großteil der Handlung spielt allerdings auf der Überfahrt von Bremerhaven nach New York, von wo aus es dann mit der Bahn nach Boston weiterging.

Johann Strauss ist zur Zeit des Romans 47 Jahre alt und hat bereits seine erste Operette erfolgreich auf die Bühne gebracht, vor allem aber mit seinen Walzern, Märschen und Polkas die Tanzsalons Europas erobert. Sein Donauwalzer darf an keinem Abend fehlen, und wenn der Maestro persönlich anwesend ist, schon einmal gar nicht. Kein Wunder, dass es viele Neider gibt, auf der anderen Seite liegt ihm die Damenwelt zu Füssen und schmachtet ihn an. Obwohl er das Reisen hasst, das Tageslicht scheut und hinter jeder Ecke eine kommende Katastrophe wähnt, sagt er nach langem Zureden die Reise nach Boston zu. Zu seiner Entourage gehören sein Diener Stepi und das Dienstmädchen Anna – und der „Bewacher“ Francis Kingsley, mit dem er sich anfreundet.

Unauffälliger Personenschutz

Kingsleys eigentlich Aufgabe ist es, aufdringliche Fans von Übergriffen abzuhalten und Strauss davon abzubringen, doch noch an irgendeinem Punkt die Reise zu unterbrechen oder gar umzukehren. Herrlich beschreibt die Autorin die Neurosen von Strauss, der immerzu fürchtet, das Schiff könne untergehen, mit einem Eisberg zusammenstoßen, ein Zug könne entgleisen oder was auch immer geschehen könnte. Tageslicht mag er nicht, da er meist abends und nachts zwischen seinen Auftritten unterwegs ist, und überall hört er stets das Gras wachsen und ist misstrauisch. So hat er auf dem Schiff auch ständig das Gefühl, beobachtet und verfolgt zu werden, was einerseits ja auch stimmt, da jeder an Bord weiß, dass der berühmte Johann Strauss auf dem Schiff ist. Doch Strauss‘ Verfolgungswahn geht eher in eine unangenehme Richtung.

Gut, dass er Francis Kingsley dabeihat, der tatsächlich einen ersten Anschlag verhindern kann und auch den potentiell darauffolgenden Skandal verhindern kann. Der Kapitän ist alarmiert, der an Bord befindliche englische Detective Ferranelli, von Strauss‘ Auftraggeber in Boston für Sicherheit engagiert, beteiligt sich an den Schutzmaßnahmen. Schnell entwickelt sich zwischen Francis und Ferranelli eine Liaison, denn beide Männer finden schnell Sympathien füreinander.

Viele bunte Charaktere

Mit an Bord sind auch andere Prominente der Zeit, wie die Sopranistin Minna Peschka-Leutner, die immer ein interessiertes Auge auf Strauss hat, und das Mutter-und-Tochter-Gespann Mary und Ida Greely. Mary Greelys Mann Horace wird sich in den USA im kommenden Herbst als Gegner von Ulysses Grant bei den Präsidentschaftswahlen aufstellen lassen, und so kommt ihr als Gemahlin und der Tochter ein gewisser Rang an Prominenz zu, wenngleich Mary fortwährend kränkelt. Insgesamt sind alle Nebenfiguren liebevoll umschrieben und mit eigenen Neurosen besetzt, was durchaus amüsant zu lesen ist.

Maria Jelenko spinnt aus dieser Konstellation einen launigen Krimi zusammen, der Johann Strauss zum Mittelpunkt hat, der aber eigentlich gar nicht ahnt, was um ihn herum geschieht. Er bekommt nichts vom Mordanschlag mit, wird er doch durchgehend beschützt, und alle Personen um ihn herum versuchen, alles Übel von ihm abzuhalten, damit er seine kulturelle Mission in Amerika, wo sie ihn schon einmal dorthin bekommen haben, erfolgreich absolvieren kann. Die Beschreibung der Konzerte des Weltfriedensfestes nimmt einigen Raum ein, hier hätte man bestimmt das eine oder andere weglassen können. Der „Showdown“ beim Abschlusskonzert erinnert ein wenig an den im Hitchcock-Film „Der Mann der zu viel wusste“, bietet aber immerhin eine interessante Variante.

Insgesamt bietet der Roman aus dem Emons Verlag auf 288 Seiten einen schönen Beitrag zum Johann-Strauss-Jahr 2025 und porträtiert einen Komponisten, den viele nur durch seine Walzer und seine Operette „Die Fledermaus“ kennen (hier noch in Planung) und dem hier ein paar, wenngleich leicht neurotische, interessante Facetten angedacht werden. Der Roman bietet neben seinem realen geschichtlichen Hintergrund, der nahezu vergessen ist, eine Reihe von bunten Persönlichkeiten, die alle mit Humor charakterisiert werden und dem Ganzen einen doch fröhlichen und gleichzeitig bedeutenden Anstrich geben. Dass Strauss von vielem nichts mitbekommt (und mitbekommen darf), ist eine schöne Idee und funktioniert bis zum finalen Konzert wunderbar.

Fazit

„Die Johann-Strauss-Verschwörung“ von Maria Jelenko ist eine schöne Ergänzung für das Jubiläumsjahr 2025 und bietet neben einer interessanten Geschichtsstunde, die heute vergessen ist, einen Einblick in das Leben und in den Charakter von Johann Strauss Sohn, der so nicht nur etwas für Musikfreunde ist, sondern auch für Krimifans.  Amüsant, spannend und überraschend.

Die Johann-Strauss-Verschwörung

Maria Jelenko, Emons

Die Johann-Strauss-Verschwörung

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