Die Schwestern von Auschwitz

  • Piper
  • Erschienen: Oktober 2024
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Monika Wenger
801001

Histo-Couch Rezension vonJun 2025

Das Versprechen, das sie am Leben hält. Allen Widrigkeiten zum Trotz.

Heather Morris’ Roman «Die Schwestern von Auschwitz» beginnt mit einem Prolog im Jahr 1929: Die drei Schwestern Cibi, Magda und Livi sitzen mit ihrem Vater im Garten, als dieser ihnen ein Versprechen abnimmt. Am nächsten Tag soll er sich einer riskanten Operation unterziehen, die von seiner Verletzung aus dem Ersten Weltkrieg herrührt.

«Ich möchte, dass ihr mir und euch gegenseitig versprecht, dass ihr immer aufeinander aufpasst. Dass ihr immer füreinander da seid, egal, was kommt. Dass ihr niemals zulasst, dass euch irgendwer voneinander trennt.»

Überleben in Auschwitz

Vranov nad Topl’ou, Slowakei, März 1942: Cibi, inzwischen neunzehn Jahre alt, erinnert sich dreizehn Jahre später an das Versprechen, als ihre kleine Schwester Livi, gerade fünfzehn Jahre alt, zu einem angeblichen Arbeitseinsatz für die Deutschen abgeholt wird. Cibi ist fest entschlossen, sie zu begleiten und zu beschützen, obwohl ihr Name nicht auf der Liste der Hlinka-Garde steht, der paramilitärischen Wehrorganisation. Magda, die mittlere Schwester, liegt zur selben Zeit im Krankenhaus. Ihr Hausarzt, Dr. Kyselý versucht sie dort vor der Gefangennahme zu schützen.

Cibi und Livia werden nach Auschwitz gebracht. Jeder Tag wird zur Herausforderung, sowohl körperlich als auch emotional. Ein Überlebenskampf an einem Ort, wo der Tod allgegenwärtig ist. Sie sind gefangen in einer Welt aus Grauen und Entbehrung. Aber jeden Tag erinnern sich die beiden Schwestern an das Versprechen, das sie ihrem Vater gegeben haben: immer füreinander da zu sein.

Inständig hoffen sie, dass es den anderen Familienmitgliedern zuhause gut geht. Noch immer ist Magda bei ihrer Mutter und ihrem Grossvater im Heimatdorf. Doch auch Magda bleibt nicht verschont: Zwei Jahre nach Cibi und Livi wird sie ebenfalls nach Auschwitz gebracht. Nun sind die Schwestern zwar wieder vereint, doch das Lagerleben und die ständigen Todesängste schwächen sie zusehends. Ihr seelisches Leiden nimmt zu. Verzweifelt, aber mit Entschlossenheit, trotzen sie den Widrigkeiten und bestärken sich gegenseitig, durchzuhalten und an bessere Zeiten zu glauben. Doch ihre Zuversicht und ihr Durchhaltevermögen werden auf eine harte Probe gestellt.

Die Rückkehr

Gerüchte über die Befreiung von der Nazi-Herrschaft und das Ende des Krieges verbreiten sich. Die Nazis versuchen, alle Beweise für ihre Gräueltaten zu vernichten, und verlassen mit den Inhaftierten Auschwitz. Während des Marsches ins Ungewisse entfernen sich die ersten Aufseher unbemerkt von der Todeskolonne, um ihre eigene Haut zu retten. Sie überlassen die Gefangenen ihrem Schicksal. Eine Frauengruppe nach der anderen ergreift die Gelegenheit und macht sich auf den Weg in die Freiheit. Auch Cibi und Livi ergreifen die Gelegenheit. Nach einer aufreibenden Reise erreichen die Schwestern ihre Heimatstadt, nur um festzustellen, dass ihr Elternhaus beschlagnahmt wurde. Entsetzt, aber auch empört, machen sie die Erfahrung, dass der Hass auf die Juden keineswegs vergangen ist. Sie müssen sich mit ihrem Trauma auseinandersetzen und gleichzeitig ihre eigene Identität wiederfinden. Damit geht ihre Geschichte weiter und findet in Israel ihre Fortsetzung.

«Sie ist vielleicht keine Gefangene mehr, aber wird sie jemals wirklich frei sein?»

Die richtige Sprache gefunden

Für ihren Roman, der auf einer wahren Geschichte basiert, hat Heather Morris den geeigneten Schreibstil gefunden. Als Erzählerin berichtet sie eher nüchtern von dem Grauen, das sich tagtäglich in Auschwitz und Birkenau abspielt. Sie beschönigt nichts, geht emotional nicht in die Tiefe. Diese Distanz erleichtert das Lesen. Ein emotionalerer Ansatz hätte die Wirkung der Geschichte verstärkt, dennoch lässt die nüchterne Schilderung auch so keine Zweifel über das Grauen aufkommen. Allerdings flacht die Erzählung mit der Ausreise der Schwestern nach Israel überraschend ab. Ab diesem Zeitpunkt wird der Schreibstil emotionaler und alles wirkt etwas zu weichgezeichnet.

Der Roman befasst sich ausserdem mit dem Schuldgefühl der Überlebenden und wie sie damit umgehen. Die Schuld, überlebt zu haben, während andere gestorben sind. Nebst den nur langsam verblassenden, schrecklichen Erinnerungen ist dies eine zusätzliche seelische Last. Morris legt ferner den Finger auf einen weiteren wichtigen Punkt: Auch nach dem Krieg treffen die jüdischen Rückkehrer auf Abneigung und Ausgrenzung.

Das gegenseitige Versprechen der Schwestern ist und bleibt das zentrale Thema und zieht sich wie ein roter Faden durch die Erzählung. Es ist der Grund, weshalb die drei Frauen nie aufgegeben, sich gegenseitig bestärkt und so das Grauen bewältigt haben.

Fazit

Der Roman erzählt die bewegende Geschichte von drei Schwestern, die dank der Liebe, einem tiefen Zusammengehörigkeitsgefühl und grossem Mut die Hölle von Auschwitz überlebten. Er ist der Beweis dafür, wozu die Hoffnung die Menschen befähigt. Obwohl es sich nicht um eine einfache Lektüre handelt, gelingt es Heather Morris, das Lebensbejahende hervorzuheben und mit einem zuversichtlichen Gefühl abzuschliessen.

Die Schwestern von Auschwitz

Heather Morris, Piper

Die Schwestern von Auschwitz

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