Im Wind der Freiheit
- Hoffmann & Campe
- Erschienen: März 2025
- 0


Das Revolutionsjahr 1848: Politische Unterdrückung und soziale Krisen entladen sich.
Die Februarrevolution von 1848 in Frankreich führte zum Sturz des Bürgerkönigs Louis Philippe und zur Ausrufung der Zweiten Republik. Das revolutionäre Gedankengut verbreitete sich rasch auch in den Staaten des Deutschen Bundes. Die Bevölkerung hatte genug von der Unterdrückung durch die Fürsten und die Zensoren. Sie wünschte sich eine gerechtere Staatsform, sei es die konstitutionelle Monarchie oder eine Republik wie in Frankreich. Unter den Aufständischen befanden sich auch viele Frauen, die sich nicht nur politisch engagierten, sondern sich auch für ihre Rechte und gegen das Patriarchat zur Wehr setzten.
Zweiklassen-Gesellschaft und revolutionäres Gedankengut
Eine dieser Frauen, die sich für ihre Rechte einsetzen, ist die Schriftstellerin Louise Otto aus Meissen. Mit sechzehn Jahren verlor sie ihre Eltern und lebt fortan mit ihren beiden Schwestern und einer Tante weiter im Elternhaus. Als Publizistin schreibt sie unter anderem über die katastrophalen Zustände in der Tuchfabrik Oederan und über die Lebensumstände der Arbeiterfamilien. So lernt sie die junge Arbeiterin Susanne Grabasch kennen. Für Susanne hat die Bekanntschaft mit Louise verheerende Folgen. Denn für die Geschäftsführung der Tuchfabrik steht fest: Es kann nur eine Angestellte Details aus der Fabrik nach aussen getragen haben. Susanne und ihre Mutter verlieren ihre Anstellung. Die beiden Frauen ziehen nach Dresden, wo Susanne sich als Prostituierte ihren Lebensunterhalt verdienen muss. Da sie kein Empfehlungsschreiben aus der Tuchfabrik hat, findet sie keine andere, anständige Arbeit.
Unterdessen unterstützt Louise Otto den Politiker und Herausgeber der «Sächsischen Vaterlands-Blätter», Robert Blum, und veröffentlicht einen Artikel zu seiner Frage nach der politischen Stellung von Frauen. Durch ihre sozialkritischen Artikel wird Louise Otto im Verlaufe der Zeit zu einer öffentlich geachteten Person. Sie engagiert sich immer mehr für die Rechte der Arbeiter, aber auch für die Anliegen der Frauen. Susanne kämpft derweil ums Überleben. Während die wohlhabende Louise und die politisch äusserst aktive Amalie Struve naiv von Revolution, Freiheit und Frauenrechten träumen, kennt Susanne die Not der Arbeiterklasse. Sie kämpft für anständige Löhne und für eine gesicherte Anstellung, dabei hilft ihr das revolutionäre Gedankengut. Als sie für das Mainzer Informationsbureau als Spitzel angeheuert wird, bedeutet dies für sie erst einmal genug Geld, um ihre kranke Mutter zu versorgen. Doch sie soll im Umfeld von Louise Otto und ihrem Verleger spionieren. Für Susanne ist das ein wahnsinniger Balanceakt, denn sie will den betroffenen Personen im Grunde genommen nicht schaden.
Akribisch recherchiert
Der Roman beschäftigt sich mit den Revolutionsjahren 1848/1849 im Deutschen Bund. Die Menschen lehnen sich gegen die Obrigkeiten auf, um Freiheit und Gerechtigkeit zu erlangen. Tanja Kinkel erzählt aus unterschiedlichen Perspektiven von dieser vom Umbruch geprägten Zeit. Dabei beschreibt sie die Auswirkungen auf alle Bevölkerungsschichten und erzählt von Menschen, die sich für den neuen Zeitgeist einsetzen. Die Vereinheitlichung und die Zusammenführung der über dreissig Staaten in einen deutschen Nationalstaat ist eine blutige Angelegenheit. Zwar können erste Erfolge, wie der Wegfall der Zensur, verbucht werden, doch das Militär schlägt die Aufstände gewaltsam nieder. Tausende verlieren dabei ihr Leben. Die Revolutionen scheitern an den Interessenkonflikten der Revolutionäre und dem Widerstand der Fürstenhäuser.
Tanja Kinkel legt mit ihrer Geschichte rund um die Figuren Louise Otto, Amalie Struve und Susanne Grabasch ein Werk vor, das sehr gut recherchiert und mit vielen historischen Details gespickt ist. Die unterschiedlichen Perspektiven auf die Lebensweisen und die Ereignisse unterstreicht die Autorin, indem sie das Leben von Louise und Susanne beschreibt. Obwohl viele reale Persönlichkeiten darin vorkommen, ist es die fiktive Geschichte Susannes, die berührt und das Geschehen veranschaulicht. Gerade die Gegensätzlichkeiten machen das Geschilderte authentisch und nachvollziehbar.
Tanja Kinkel ist es gelungen, mit starken Frauenfiguren Geschichte auf lebendige und informative Weise zu vermitteln.
Fazit
Tanja Kinkel versteht es einfach, historische Fakten in unterhaltsame Romane zu verpacken. Das ist ihr auch mit diesem Titel wieder gelungen. Besonders interessant sind dabei die politischen Hintergründe auf dem Weg zum geeinten Deutschland und die Rolle, die die Frauen dabei spielten. Ein Buch, das nicht nur informiert, sondern auch berührt.

Tanja Kinkel, Hoffmann & Campe
Deine Meinung zu »Im Wind der Freiheit«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!