Teufels Bruder
- Piper
- Erschienen: Januar 2025
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Matthias Lohre erzählt von Bestimmung, Entsagung und einem Leben für die Kunst.
Nachdem er sich zunächst als Journalist und Sachbuchautor einen Namen machte, ist Teufels Bruder nun der zweite historische Roman von Matthias Lohre. Das Buch erscheint pünktlich zum 150. Geburtstag des Autors und befasst sich mit dem Italien-Aufenthalt von Heinrich Mann und dessen jüngeren Bruder Thomas in den Jahren 1896 bis 1898.
Wann ist ein Mann ein Mann?
Deren Beziehung ist – vorsichtig ausgedrückt – kompliziert. Es sind zwei Brüder die nicht mit-, aber auch nicht ohneeinander können, die sich gegenseitig Halt geben, sich aber auch einengen, sich helfen wollen, aber dabei doch behindern. Und sich zuletzt ähnlicher sind, als es zunächst scheint.
Geprägt vom familiär eingeimpften Gefühl des Ungenügens und einer pathologischen Fixierung auf die Reputation der Familie stehen die Brüder nach dem Tod des patriarchalen Vaters zwischen ihren künstlerischen Idealen und den bourgeoisen Erwartungen an sie, haben mit Geldnöten, Selbstzweifeln und windigen Verlegern zu kämpfen. Zwischen Schriftstellerei und Bürojob, Kunst und Konvention, Selbstbestimmung und familiärem Anspruch lässt der Autor die Lesenden in fingierter Introspektion am Seelenleben seiner Hauptfiguren teilhaben. Auf der verzweifelten Suche nach künstlerischer Inspiration wird Italien dabei besonders für Thomas zur Verheißung eines Künstlerlebens. Aber zu welchem Preis?
Der junge, sensible Thomas Mann, gehemmt vom literarischen Erfolg seines Bruders Heinrich, den eigenen Ansprüchen und dem Korsett der familiären Verpflichtungen seiner ehemals angesehenen Kaufmanns- und Senatorenfamilie, steht zwischen seiner seelenverwandten Jugendfreundin und der Sehnsucht nach einem mysteriösen blonden Jüngling, der die Inspiration für seine Novelle – oder doch mehr? – werden soll.
Dichten, Décadence und Denkspiralen
Matthias Lohre zeichnet die Coming-of-Age-Geschichte des verzweifelten, zaudernden Jugendlichen zum überzeugten Schriftsteller nach und erzählt vom Zauber des Anfangs einer bedeutenden Autorenkarriere – doch auch der titelgebende Teufel mitsamt seinen Versuchungen hat einen Gastauftritt.
Vor dem Hintergrund des Sehnsuchtsorts Italien schimmern immer wieder die späteren Romanstoffe von Thomas Mann hindurch: die Novellen Tristan und DerTod in Venedig, der Roman Doktor Faustus. Vor allem aber sein Durchbruch, Die Buddenbrooks, der gesellschaftssatirische Untergangsroman einer hanseatischen Kaufmannsfamilie als Verarbeitung der eigenen Kindheit und Jugend in Lübeck, zeichnet sich am Horizont ab.
Fazit
Teufels Bruder ist eine spannende Introspektion in die Dynamiken zweier Brüder und ihrer Lebensumstände, bevor sie zu kulturellen Größen ihrer Zeit wurden. Psychologisch genau beobachtet und voller Vorverweise auf das spätere Werk der beiden, wird in dem Roman nicht zuletzt das Verhältnis der Kunst und des Lebens zueinander verhandelt.

Matthias Lohre, Piper
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