Schwesternschwur

  • Limes
  • Erschienen: April 2025
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Schwesternschwur
Schwesternschwur
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Monika Wenger
831001

Histo-Couch Rezension vonAug 2025

Der Einfluss der Geschichte auf die eigene Familie und die Gemeinschaft.

Lisa Wingate versteht es einfach, Geschichten zu erzählen. Auch dieser Roman überzeugt mit seiner Themenwahl, wenn auch nicht zu hundert Prozent mit seiner Struktur. Wie bereits in der Erzählung «Die Glasperlenmädchen» verwendet die Autorin zwei Zeitebenen, die Jahre 1909 und 1990. Dieses Mal erzählt aus der Geschichte Oklahomas und der fünf ins Indianerland umgesiedelten zivilisierten Stämme. Oklahoma ist erst seit 1907 ein Bundesstaat der USA. Der sechsundvierzigste.

Flucht nach vorn

Talihina, Oklahoma, 1990: Valerie Boren-Odell hat ihre Stelle als Parkrangerin im dem neu geschaffenen Horsethief-Trail-Nationalpark in den Winding Stair Mountains kaum angetreten, da wird ein Teenager als vermisst gemeldet und es macht die Runde, dass in einer Höhle menschliche Knochen gefunden wurden. Doch Valerie, die sich nur allzu gerne mit dem aussergewöhnlichen Knochenfund beschäftigen würde, wird von ihrem Vorgesetzten zurückgehalten. Er rät ihr, sich erst einmal gemütlich an ihrem neuen Arbeitsort einzuleben, dann würde man weitersehen. Doch da hat er die Rechnung ohne die ambitionierte und einfühlsame Parkrangerin gemacht. In dem Stammespolizisten Curtis Enroe findet sie nach anfänglichen Startschwierigkeiten einen Verbündeten. Mit ihm geht sie Hinweisen und Spuren nach, die sie tief in die Geschichte der fünf Ureinwohnerstämme Ost-Oklahomas führen werden.

Pushmataha County, Oklahoma, 1909: Olive Augusta Peele verhindert in dieser einen Nacht, dass sich ihr Stiefvater Tesco, Vorarbeiter auf einer grossen Ranch, an dem sechsjährigen Choctaw-Mädchen Nessa vergreift. Seit Nessas grosse Schwester Hazel von einem auf den anderen Tag verschwunden ist, ist sich Ollie sicher, dass sie mit dem kleinen Mädchen verschwinden muss. Von ihrer Mutter ist keine Hilfe zu erwarten. Nachdem Ollies Vater nicht aus den Bergen zurückgekehrt war, hatte sich ihr Leben verändert. Ihre Mutter hat Tesco geheiratet, ist aber immer mehr dem Alkohol und dem weissen Pulver verfallen. Ollie ist auf sich allein gestellt. Entschieden packt sie einige wenige Habseligkeiten, nimmt das Pferd ihres Vaters und macht sich mit Nessa auf den Weg in die Winding Stair Mountains. In ihre alte Heimat, wo sie hofft, Schutz zu finden.     

Habgierig und unmoralisch

In diesem Roman thematisiert Lisa Wingate die Geschichte indigener Waisenkinder, die ausgenutzt und missbraucht wurden – tot waren sie mehr wert als lebend: Die Kinder hatten im Zuge der Aufteilung von Stammesterritorien Land von ihren verstorbenen Eltern geerbt. Dieses Land wurde zum Spekulationsobjekt habgieriger Zeitgenossen. Ihr Verhalten lässt jede Moral vermissen. Während die Kinder ums Überleben kämpften, missbrauchten die gesetzlichen Vertreter ihre Macht und stahlen das Erbe der Kinder.

«Alles in allem hatte besagter Vormund die Kontrolle über einundfünfzig durch Grundbesitzzuteilung reich gewordene Kinder, von denen viele noch nicht einmal aufgefunden werden konnten.»

Es dauert eine Weile, bis sich die Geschichte entwickelt. Die zwei Zeitebenen verhindern einen durchgehend geschmeidigen Lesefluss. Immer wenn es in einer Zeitperiode gerade so richtig spannend wird, wechselt die Autorin zur anderen Handlungsschiene. Dies ist in dieser Geschichte eine eher unerwünschte Unterbrechung. Die damit verbundene gedankliche Neusortierung bremst den Schwung der Erzählung jedes Mal erheblich.

«Schwesternschwur» ist eine faszinierende und interessante Geschichte über einen eher unbekannten Teil der amerikanischen Geschichte. Die historischen Details liefern spannende und wissenswerte Informationen. Daher sieht man es der Autorin nach, dass sich die beiden Erzählstränge wie zwei separate Geschichten anfühlen. Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass Lisa Wingate zu viel in die Geschichte hineinpacken wollte. Denn neben häuslicher Gewalt, Missbrauch und Misshandlungen an den indigenen Waisenkindern spielen auch gesellschaftliche Strukturen eine wichtige Rolle in diesem Roman.  

Fazit

Die eher unbekannten Fakten, die bei der Gründung des Bundesstaats Oklahoma eine Rolle spielten, sind ein wichtiger Aspekt in Lisa Wingates Roman «Schwesternschwur». Er handelt vom systematischen und hinterhältigen Landraub der habgierigen weisse Bevölkerung. Betroffen waren vor allem die Waisen der Native Nation. Der vielschichtige Roman erzählt von einer wenig ruhmreichen Zeit in der amerikanischen Geschichte, zeigt aber auch, dass es immer Menschen gibt, die sich für die Schwachen und ihre Rechte einsetzen.

Schwesternschwur

Lisa Wingate, Limes

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