Die Windsor-Akte

  • Lübbe
  • Erschienen: August 2023
  • 3
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Carola Krauße-Reim
781001

Histo-Couch Rezension vonSep 2023

Churchill, Hitler und der Herzog von Windsor.

Dirk Husemann hat in seinen zahlreichen Sachbüchern und historischen Romanen gezeigt, dass er ein Händchen für die eher weniger bekannten geschichtlichen Details hat. Das beweist er nun auch wieder in „Die Windsor Akte“, wenn er uns ins Jahr 1940 entführt, als das Naziregime Paris eroberte und einer ganz schnell aus dem Machtbereich Hitlers gebracht werden musste – der Duke of Windsor, früher Edward VIII, ehemaliger König des Vereinigten Königreiches und Kaiser von Indien.

Edward, Wallis und Ajax

Ajax Doggerton ist Literaturstudent in Cambridge und begeisterter Ruderer. Doch sein Leben ändert sich von einem auf den anderen Tag, als er vom britischen Geheimdienst angeworben wird. Er soll in Paris als Diener im Hause des Duke of Windsor diesen ausspionieren. Edward steht im Verdacht, mit Hitler paktieren zu wollen um wieder auf den britischen Thron zu gelangen und mit ihm dann natürlich auch seine Frau Wallis als Queen. Doch Ajax erfährt nicht viel Neues und begeht den Fehler, sein Wissen etwas zu sehr aufzupolieren. Als die Deutschen in Frankreich einmarschieren und Paris besetzten, muss er dafür sorgen, dass Edward und Wallis nicht in die Hände Hitlers geraten, damit das Schicksal Großbritanniens nicht allzu schnell und leicht besiegelt sein könnte. Eine Hatz durch halb Europa führt bis nach Lissabon.

Die „Windsor Akte“

Nicht zuletzt dürfte Kennern der Serie „The Crown“ die „Windsor-Akte“ ein Begriff sein. Auch Geschichts-Interessierte erinnern sich an das Jahr 1996 als zum bisher letzten Mal ein Teil der „Marburg Files“, wie die „Windsor Akte“ auch genannt wird, veröffentlicht wurde. Die Akte galt lange als hochgeheim, enthielt sie doch Details zu dem Duke of Windsor, die nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollten. Das Verhältnis zwischen Edward und Hitler ist nicht eindeutig zu interpretieren und die angestrebten Ziele beider Seiten daraus können ganz unterschiedlich gesehen werden. Dazu kommt die Rolle von Wallis, der eine enge Beziehung zu von Rippentrop, Hitlers Außenminister, nachgesagt wird. Husemann verpackt die Vorkommnisse, die zu dieser Akte führten, in eine Geschichte in der Geschichte. Journalist Roger Ennis will 1992 herausfinden, was sein Großvater 1945 ganz im Geheimen im Harz bergen sollte und wendet sich daher Archivarin Imbert. Die rückt die Akte zwar nicht heraus, erzählt ihm aber eine Geschichte, die viel spannender ist als jede Akte, und die Roger in das Jahr 1940 entführt.

Spannung mit einigen Mängeln

Husemann schafft es gleich zu Beginn Spannung aufzubauen und diese auch während des ganzen Buches einigermaßen zu halten. Die Hatz durch Frankreich, Spanien und schließlich nach Lissabon dürfte zwar Kennern der Geschichte des Duke of Windsor bekannt sein, jedoch könnten es sowohl der eingängige Schreibstil als auch die immer wieder kehrenden Schwierigkeiten schaffen, sogar diese Leserschaft bei Laune zu halten. Dass der Autor dann auch noch eine sich anbahnende Liebesgeschichte einbaut, gibt der Spannung noch einen weiteren Kick. Und die ungeahnte Wendung zum Schluss ist das wahre Sahnehäubchen auf dem Ganzen. Allerdings arbeitet Husemann sich in Bezug auf Plot und Charaktere zu sehr an Klischees ab. Den Figuren fehlt es an Tiefe, sie agieren zu pauschal und sehr vorhersehbar. Ajax mutiert vom rudernden Studenten zum ausgefuchsten Spion und Hausmädchen Lydie zu einer Art furchtloser Emma Peel, die alle Probleme meistert. Dass Wallis und Edward in ihren öffentlichen Darstellungen als snobistischer Dandy und männerverschlingende Amerikanerin verharren, wundert da wenig. Zu schade ist auch, dass die meiste Spannung durch immer wieder kehrendes Zuspätkommen oder dumm gelaufenes Verpassen zu Stande kommt. Da ist eine Schießerei, welche die Flucht aufhält, schon mal eine willkommene Abwechslung. Doch „Die Windsor Akte“ ist ein Roman und kein Sachbuch und schafft es so, auf unterhaltsame Art, ein Stück Geschichte zu erzählen.

Fehler sind auch dabei

Natürlich ist in diesem Roman viel fiktiv, die tatsächlichen Vorkommnisse bilden nur den Rahmen. Doch auch dann sollten Fehler, wie die unkorrekte Anrede oder ein falscher Name nicht vorkommen. Der Fluss, der durch Lissabon fließt, heißt „Tajo“ oder auch n „Tejo“. „Tagus“ war nur in der Antike üblich, was Husemann als Archäologe eigentlich wissen sollte. Was er auch durch Recherche hätte herausfinden können, ist die korrekte Anrede für den Duke of Windsor, der auch nach seiner Abdankung immer noch ein Royal und damit eine „Königliche Hoheit“ war. Lediglich Wallis wurde mit „Euer Gnaden“ angesprochen, da ihr der Titel einer „Königlichen Hoheit“ verweigert wurde. Das sind Kleinigkeiten, die jedoch vermeidbar gewesen wären. Dass Husemann bei dem Namen „Ajax“ scheinbar auch tief in sein eigenes Interessengebiet der Antike gewühlt hat, ist verzeihlich, obwohl ein wirklich gängiger schottischer Vorname wesentlich besser gepasst hätte.

Fazit

Wenig fordernd und etwas zu klischeebehaftet, aber dennoch spannend spinnt Dirk Husemann eine aus Fiktion und Realität gemischte Geschichte, die zu der „Windsor Akte“ führte. Ein kurzweiliger Einblick in ein geschichtliches Detail, das vor allem Royal-Fans Spaß machen dürfte! 

Die Windsor-Akte

Dirk Husemann, Lübbe

Die Windsor-Akte

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