Die Magd der Fugger
- Lübbe
- Erschienen: Dezember 2021
- 0
Der Werdegang eines einfachen Webers zum wohlhabenden Kaufmann und Händler
Anna Melcherin, die Tochter des Schultheissen von Jettingen, stürzt beim Reisig sammeln in eine Grube. Über Stunden bleibt sie schwer verletzt liegen - bis ihr Vater sie endlich findet. Über den Grund des Sturzes schweigt sich Anna auch nach ihrer Genesung aus. Einzig Hans Fugger scheint die Hintergründe zu kennen.
Der Aufstieg zweier Pioniere
Seit dem Unfall entstellt eine Narbe Annas Gesicht und ein Hinken, als Folge des schlecht verheilten Beinbruchs, wird sie den Rest ihres Lebens peinigen. Annas Aussichten, zu heiraten und eine Familie zu gründen, haben sich von einer Sekunde auf die andere zerschlagen. Wer will schon einen Krüppel zur Frau? Sie ist deshalb überrascht, als Hans Fugger sie als seine Magd einstellen will und sie von der Abhängigkeit von ihrer Familie befreit.
In Annas Dorf arbeiten fast alle als Weber. Die Arbeitsbedingungen sind hart und die Abhängigkeit gross. So viele, nicht beeinflussbare, Faktoren bestimmen das Leben. Die Not ist ein ständiger Gast und der Hunger kein Unbekannter. Durch Zufall entdeckt Anna an einem Mann ein Hemd aus einem viel weicher gewebten Tuch als sie es bis dahin kennt. Es ist ein Mischgewebe aus Leinen und Baumwolle – Barchent. Anna überzeugt Hans Fugger, ein geschickter Weber, von der Qualität des Tuches und dessen Handelspotenzial. Gemeinsam versuchen sie sich an der Herstellung. Es ist jedoch nicht einfach, das Material, die Baumwolle, für die Anfertigung zu beschaffen. Die Baumwolle gelangt auf Handelsrouten aus dem Süden nach Augsburg. Die Wege sind gefährlich und während des Winters nicht passierbar.
Hans ist getrieben von dem Gedanken, in Augsburg Fuss zu fassen und mit dem Barchent zu handeln. Wie nicht anders zu erwarten, sind die Hürden hoch und es warten viele Schwierigkeiten auf die Neulinge. Trotz aller Widrigkeiten, Ränkespielen und den vielen, scheinbar unüberwindbaren, Hürden gelingt dem Weber Hans dem jüngeren Fugger aus Jettingen der Aufstieg. Er wird ein einflussreicher Augsburger Kaufmann.
Ein intensiver Einblick in den Handel des 14. Jahrhunderts
Peter Dempf verarbeitet in seinem Roman die Geschichte des Hans des jüngeren Fuggers. Er nimmt die Leserschaft mit auf eine Reise nach Augsburg zum Ende des 14. Jahrhunderts. Noch gibt es keine Weberzunft. Dafür gibt es viele Auflagen: Etwa das Tuchsiegel – ein Zeichen für Qualität und Garantie, dass das Tuch in Augsburg hergestellt worden ist. Ohne dieses kann die gewebte Ware nicht ausserhalb der Stadt verkauft werden. Diese und noch viele andere Bestimmungen und Gepflogenheiten beschreibt der Autor in seinem Roman anschaulich und mit viel Detailkenntnis aufgrund akribischer Recherchen. Vor allem durch die fiktive Figur der Magd Anna wird die Geschichte intensiv erlebbar und hinterlässt einen nachhaltigen Eindruck. Anna ist es, die im Hintergrund die Fäden zieht, schlichtet, klärt und Hans Fugger zum Erfolg verhilft. So entsteht ein beeindruckendes Bild der Rollenverteilung zwischen Mann und Frau und den herrschenden gesellschaftlichen Hierarchiestufen im Mittelalter.
«War das das Geschäft zwischen dir und dem alten Widolf? Du heiratest seine Tochter, bekommst dadurch das Bürgerrecht und die Zunftmitgliedschaft und dafür unterstützt du seine Wahl zum Zunftmeister? «Es gibt schlimmere Abmachungen» entgegnete Hans…» (Quelle: Roman)
Dem Autor gelingt es, das Leben in und um die Stadt Augsburg im 14. Jahrhundert auferstehen zu lassen. Gemeinsam mit den Figuren streift man durch die mittelalterliche Stadt und erlebt so manche brenzlige Situation. Spielerisch und ausdrucksstark erzählt Peter Dempf vom Werdegang der Fugger. Abwechslungsreich und spannend ergänzt er die Geschichte mit den Beschreibungen der Schwierigkeiten auf den Handelsrouten, der zeitintensiven Reisen und den Problemen mit den Obrigkeiten. Es ist ihm absolut gelungen, das alles auf leicht lesbare Art und Weise in einem packenden Roman zu verarbeiten.
Fazit
Die Anfänge der Handelsfamilie Fugger packend und anschaulich mit Hilfe des Lebensweges der Magd Anna erzählt. Ein facettenreiches und spannendes Lesevergnügen
Peter Dempf, Lübbe
Deine Meinung zu »Die Magd der Fugger«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!