Der Tod der Schlangenfrau

  • kbv
  • Erschienen: November 2020
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Nicole Goersch
801001

Histo-Couch Rezension vonMär 2021

Spannender Krimi mit kolonialgeschichtlichem Hintergrund

Berlin 1896: Im Fotoatelier Fuchs bereitet Auguste alles für exotische Aufnahmen vor. Eine Schlangenbeschwörerin aus dem Wintergarten-Varieté soll zusammen mit leicht bekleideten Frauen und schwarzen Dienern eine Szene aus einem Harem nachstellen. Plötzlich bricht die junge Schlangenfrau zusammen und stirbt noch im Studio.

Auguste hört ihre letzten Worte: sie wären gekommen, um sie zu holen. War es Mord? Diese Frage wiegelt der zuständige Kommissar erst mal ab, aber die Obduktion bestätigt es schließlich. Nur: wie wurde das tödliche Gift verabreicht, und wer hatte ein Motiv? Während sich der Kommissar auf Ndeschio Temba, der sich in direkter Nähe zu dem Opfer aufhielt, einschießt, versucht Auguste mit Hilfe des Kriminalassistenten Jakob Wilhelmi den wahren Mörder zu finden.

Ausgefeilte Charaktere

Auguste Fuchs ist eine aufgeweckte junge Frau, der allerdings manchmal auch die traditionellen Werte des ausgehenden 19. Jahrhunderts im Wege stehen. Schon zu Beginn erfährt der Leser viel über sie und die weiteren Protagonisten wie beispielsweise Lady Henrietta Droydon Jones, Augustes Tante, die eine ungewöhnliche Persönlichkeit ist, aber nicht den Eindruck einer nervig-provokanten Frau macht, die unbedingt auffallen will.

Auch die weiteren Charaktere werden facettenreich skizziert, so dass sie sehr komplex wirken. Nur zuweilen sind die Reaktionen etwas merkwürdig, zum Beispiel als Auguste Jakob gedanklich zum Vorwurf macht, dass er sie nach dem ersten Kuss weiterhin siezen würde, es aber selber genauso handhabt.

Besonders amüsant ist der Liftboy Luis, dessen Berliner Schnauze die ernste Geschichte auflockert und über dessen freche Sprüche der Leser gerne schmunzelt.

Authentisch sind außerdem die Begriffe der damaligen Zeit wie „Kaltmamsell“ oder auch die Erläuterungen zur Fotografie. Ebenso werden geradezu beiläufig die historischen Umstände eingeflochten, was das Lesen sehr angenehm macht. Dennoch hätten einige Passagen ausführlicher erzählt werden dürfen, da besonders zum Ende hin der Roman immer gestauchter wirkt.

Kolonialpolitik in der Kaiserzeit

Auch wenn andere europäische Länder eine umfangreichere Kolonialpolitik als Deutschland betrieben haben, so hat es diese doch in ausgeprägtem Maße zur Kaiserzeit gegeben wie auch heute noch Spuren in Afrika bezeugen. Das düstere Kapitel der Geschichte wird oft vernachlässigt und auch hier dient es nur als Hintergrund für den Mord.

Aus Sicht der Einheimischen wird von den Weißen erzählt, die sich in Afrika des Landes, des Ertrags und der Leute bemächtigt haben. Hier wäre mehr Raum für Erläuterungen und Schilderungen gewesen.

Fazit

Langsam blättert sich die Geschichte und der Mordfall, die Beziehungen der Personen untereinander und ihre gemeinsame Vergangenheit auf. Das ist spannend erzählt, hätte an mancher Stelle etwas ausführlicher sein dürfen, vor allem im Hinblick auf den ungewöhnlicheren geschichtlichen Hintergrund.

Der Tod der Schlangenfrau

Ulrike Bliefert, kbv

Der Tod der Schlangenfrau

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