Das Savoy - Aufbruch einer Familie
- Aufbau
- Erschienen: August 2019
- 2
Kein Historienschmöker, in den man sich vertiefen könnte
London 1932: Violet träumt von einer Karriere als Autorin beim Radio. Dann aber erleidet ihr Großvater, der das Savoy-Hotel leitet, einen Schlaganfall, so dass sie sich als Erbin nun widerwillig um die Geschicke des Luxushotels kümmern muss. Dabei geht es nicht nur friedvoll zu, sondern auch äußerst intrigant. Kann Violet sich behaupten und den Wunsch ihres Großvaters erfüllen?
Viel Platz
Als erstes fallen der großzügige Zeilenabstand und die große Schrift des Buches auf, zudem gibt es mehrere leere Seiten, weil ein Kapitel immer auf der rechten Seite beginnt. Mit knapp vierhundert Seiten kann man dieses Buch deshalb nicht als historischen Schmöker bezeichnen.
Der übersichtliche Text bewirkt, dass die Personen oberflächlich erscheinen, ebenso wie das Geschehen. Nur selten blitzen Wortperlen auf wie zum Beispiel auf Seite 62:„Eine kleine Weile wollte sie sich die Gleichgültigkeit zwischen Nacht und Tag hingeben.“ Ansonsten ist der Schreibstil einfach gehalten und lässt sich zügig lesen.
Viel Verwirrung
Gerade zu Beginn, wenn man noch nicht mit den Figuren vertraut ist, sorgt es für Verwirrung, wenn Violets Großvater manchmal als Sir Laurence und dann wieder als Larry betitelt wird. Selbst in ihren eigenen Gedanken besteht keine Konstanz. Die hochherrschaftliche Atmosphäre, die man mit dem Savoy-Hotel verbindet, blitzt nur ab und zu mal durch.
Leider hat es die angebliche Londoner Hotel-Dynastie, von der hier erzählt wird, so nie gegeben, schon gar nicht im Savoy. Das ist schade, denn wenn man den Klappentext liest, könnte man denken, dass zumindest Personen entlehnt sind, die wirklich gelebt haben. Da unterstellt man dann natürlich auch Absicht, dass am Ende bei den Nachbemerkungen nur auf berühmte Gäste des Hauses eingegangen wird.
Viele Erzählstränge
Am Anfang des Buches gibt es sehr viele lose Erzählstränge, bei denen einige Fragezeichen bleiben. Manche werden im Verlauf der Geschichte geklärt, manche nicht. Auch Violets Herkunft ist lange Zeit unklar. Auf ihre Vergangenheit wird nur sehr wenig eingegangen. Ausführlichere Beschreibungen, auch Ausschweifungen, Erläuterungen oder Charakterzüge, die anhand von Anekdoten oder Episoden erzählt werden, hätte man sich reichlicher gewünscht. So bleibt nur ein Geschichtsgerüst, das unbefriedigend ist. Es bleibt zu viel Raum für Spekulationen offen. Absichten und Motivationen für Handlungen der einzelnen Charaktere werden nicht erklärt.
Die Intrige, die sich um das Hotel und Sir Laurence spannt, ist aufregend, auch aufgrund der historischen Hintergründe, allerdings bleibt auch hier die wirkliche Motivation, die dahintersteckt, verborgen. Eine komplette Aufklärung gibt es indes ebenfalls nicht, so dass man auf den zweiten Band warten muss. Vielleicht hätte man auch die Geschichte mit Sir Laurence beginnen können, denn zwischen den Zeilen blitzt durch, welch interessantes Leben er hinter sich hat.
Fazit:
Normalerweise möchte man sich als Leser in eine alte Welt fallen lassen und darin versinken, was bei diesem Roman nicht gelingen möchte, dafür gibt es zu wenig Beschreibungen der Umgebung und des Alltäglichen, die die Fantasie anregen und einen Kosmos erschaffen können. So ist der Roman zu kurz und zu oberflächlich für einen Historienschmöker, der eine vergangene Welt aufleben lässt.
Maxim Wahl, Aufbau
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