Dr. Watson

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  • Erschienen: Januar 2014
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  • , 2014, Titel: 'Dr. Watson', Originalausgabe
Dr. Watson
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Jörg Kijanski
851001

Histo-Couch Rezension vonMär 2018

Bewegende Autobiografie des berühmten Chronisten

Keine Frage, Sherlock Holmes ist der größte Meisterdetektiv aller Zeiten und dies verdanken wir seinem Chronisten Dr. John H. Watson, der stets getreu und zuverlässig dessen Abenteuer begleitete und später niederschrieb. Über Holmes und dessen realen Erfinder, Sir Arthur Conan Doyle, wissen die Fans sehr viel; zahlreiche Sachbücher liefern umfangreiche Informationen, wie beispielhaft das lesenswerte Buch Von Mr. Holmes zu Sherlock von Mattias Boström. Allein von seinem Begleiter Dr. Watson ist bislang nur wenig bekannt. Dieser besitzt einen Armeerevolver und war in Afghanistan, doch damit endet es dann meist auch schon. Diese Lücke im Sherlock-Holmes-Kosmos schließt mit dem vorliegenden Buch Dr. Watson, erschienen in der Sherlock-Holmes-Reihe des BLITZ-Verlag, kein Geringerer als Michael Hardwick (1924-1991), der zu seinen Lebzeiten Kontakt zu den Nachkommen Arthur Conan Doyles hatte und als Holmes-Experte weltweit anerkannt ist. Doyles Sohn Adrian zählte Hardwick in den 1960er Jahren zu seinen Lieblingsschriftstellern und Doyles Tochter Jean hat - nach Angaben des BLITZ-Verlag - den vorliegenden Roman beglaubigt. Er entspräche dem gegenwärtigen Stand der Holmes-Forschung.

Ein fragiles Familienleben dominiert Kindheit und Jugend

Dr. Watson ist eine Autobiografie, in der der Protagonist als Ich-Erzähler über sein Leben berichtet und dabei auch an der einen oder anderen Stelle leichte Korrekturen späterer Romane und Erzählungen vornimmt, die sein Leben nicht korrekt darstellen. Mit diesem Kniff gelingt es dem Autor nicht nur den Lebenslauf des jungen Watson vorzustellen, sondern in einigen (überschaubaren) Anmerkungen auch Bezug auf Holmes selber zu nehmen. So beginnt und endet das Buch mit den Sätzen "Wie geht es Ihnen? Sie waren in Afghanistan, wie ich sehe.", die Holmes am 1. Januar 1881 an Dr. Watson richtet (vgl. Eine Studie in Scharlachrot); sozusagen der Beginn von allem. Folglich dreht es sich in dem Buch um die Zeit von 1852 (in diesem Jahr wird John am 7. Juli geboren) bis zu jenem Neujahrstag 1881.

John kommt als zweiter Sohn von John Henry Watson und dessen Frau Violet, geborene Hamish, zur Welt. Sein Bruder Henry ist zwei Jahre älter. Man wohnt in Schottland, längere Zeit am Loch Ryan, doch die Ehe wird bald getrübt. Der Vater verfällt dem Alkohol, die Mutter der Religion beziehungsweise dem amerikanischen Reverend Henry Ward Beecher. Ein Neustart in Amerika soll die Familie retten, doch das Verhältnis zwischen Violet und Beecher wird zunehmend enger, Vater und Bruder verschwinden eines Tages nach Kalifornien, wo sie Gold schürfen wollen. Als die Beziehung der Mutter auffliegt, geht es für sie und John zurück nach England, wo John auf dem College als fünfzehnjähriger Schüler eine für sein weiteres Leben prägende Entdeckung macht. Aggie Brown heißt das deutlich ältere Dienstmädchen, das seine Aufmerksamkeit erregt und der er seine erste Liebesnacht zu verdanken hat. Dass Aggie nicht nur als Dienstmädchen arbeitet, erfährt er erst hinterher.

Frauen, Abenteuer, Krieg und vier Kontinente

John absolviert sein Studium und soll die Praxis seines Großvaters mütterlicherseits übernehmen. Doch John will nicht sesshaft werden, sondern sich austoben. Sei es beim Rugby oder den Frauen, von denen er zahlreiche kennen lernt. Amouröse Abenteuer offenbaren sich ihm in der Welt des Varieté und des Schauspiels, später macht er sich auf die Suche von Vater und Bruder im fernen Australien, wo er einige Abenteuer zu bestehen hat; ein Gefängnisaufenthalt inklusive. Zurück in London gibt es ein Wiedersehen mit Aggie, die mittlerweile einen Sohn hat, der John zu denken gibt, gleicht er doch äußerlich sehr seinem Bruder. Doch Aggie fühlt sich zu alt für ihn, möchte ihr eigenes Leben führen. Nach der erneuten Abfuhr meldet sich John zum Kriegsdienst, der ihn im Sommer des Jahres 1880 nach Kandahar in Afghanistan führt, wo er als Militärarzt an der Schlacht von Maiwand teilnimmt.

"Pflichtlektüre" für Fans von Sherlock Holmes

Dr. Watson mag ein zwielichtiger Roman sein, denn es könnte sich natürlich auch alles ganz anders zugetragen haben. Dass John in seinen ersten achtundzwanzig Lebensjahren ein großer Schwerenöter und zu impulsiven Gewaltausbrüchen neigendes Raubein war, lässt sich anhand seiner späteren Geschichten an der Seite des Meisterdetektivs jedenfalls nicht zwingend erahnen. Wie dem aber sei, es könnte sich sehr wohl so zugetragen haben und Autor Michael Hardwick gelingt es ausgezeichnet, den Schreibstil von Arthur Conan Doyle respektive Watson aus den Originalromanen und Erzählungen einzufangen. Kriminalfälle sind zwar nicht zu lösen und auch die typische Logik des Meisterdetektives wird man hier vergeblich suchen (Holmes wird nahezu kaum erwähnt), aber dennoch ist eine abwechslungsreiche Erzählung gelungen. Diese führt in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts und führt den Protagonisten auf vier Kontinente. Von einem zerfallenden Familienleben über amouröse Abenteuer, Gefahren im fernen Australien zur Goldgräberzeit bis hin zu einem kurzen, aber intensiven Militärdienst in Afghanistan ist alles vertreten. Man kann sich in die damalige Zeit hineinversetzen und weiß nun endlich alles über Dr. Watson, was man sich bislang nicht zu fragen traute.

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