Die Reformatorin von Köln

  • Emons
  • Erschienen: Januar 2017
  • 1
  • Emons, 2017, Titel: 'Die Reformatorin von Köln', Originalausgabe
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Birgit Stöckel
611001

Histo-Couch Rezension vonMär 2017

Ablässe, Luther und die Liebe

Als ihr geliebter Bruder Lucas stirbt, ist die junge Brauerstochter Jonata von Menden verzweifelt und voller Trauer. Besonders macht ihr die Angst zu schaffen, dass ihr Bruder nun die Höllenqualen des Fegefeuers erleiden muss. Ihr zweiter Bruder Enderlin, der Mönch ist, dringt darauf, einen Ablassbrief zu erwerben. Doch auch dies kann Jonatas Sorgen nicht wirklich mildern, schließlich gewährt der Ablass nur sieben Jahre Erlass, woher aber weiß sie, dass Lucas nicht länger im Fegefeuer schmoren muss?

Als sie im Auftrag ihres Vaters von Köln nach Wittenberg reist, lernt sie dort den Augustinermönch Martinus Luther kennen und ist von seinen Thesen sofort fasziniert: Nicht ein Ablass, nicht die Priester oder die Kirche können die Sünden eines Verstorbenen erlassen, sondern nur die aufrichtige Reue des Betreffenden. Zusammen mit dem Drucker Simon von Werden, für den sie bald mehr empfindet, beginnt sie, die Schriften Luthers in Köln zu verteilen.

Das ist natürlich der Kirche ein Dorn im Auge, da der Ablasshandel ein einträgliches Geschäft ist und Luthers Aussagen als Ketzerei gelten. Allen voran setzt Jonatas Bruder Enderlin als Gehilfe der Inquisition alles daran, die Verbreitung dieser Schriften zu verhindern&

Druckkunst, Brauereigewerbe und Ablasshandel

Die Reformatorin von Köln ist Bettina Lausens Debüt im Bereich Historischer Roman und auch wenn das Buch einige entspannte Lesestunden bietet und streckenweise durchaus interessant ist, ist es daneben leider auch von einigen typischen Klischees dieses Genres erfüllt.

Gelungen ist die äußere Darstellung. Man erfährt einiges über die Schwarze Kunst, das Druckhandwerk, über das Brauereigewerbe und vor allem die Einstellung der Kirche zur damaligen Zeit. Die Vormachtstellung war schon beeindruckend: Wer eine Chance haben wollte, dem Fegefeuer zu entgehen, der musste Ablassbriefe kaufen oder darauf hoffen, dass seine Angehörigen das nach seinem Ableben für ihn erledigten. Wie Gottes Wort wirklich lautet oder was in der Bibel steht, das konnten die Menschen damals nicht wissen. Die Messen wurden auf Latein gehalten, die Bibel auf Deutsch gab es nicht. Kein Wunder, das Luthers Ansichten so einschlugen und kein Wunder, dass die Kirche davon alles andere als begeistert war.

Eindimensionale und klischeehafte Charaktere

Nicht so gelungen ist hingegen die Figurenzeichnung, hier kommen die Klischees zum Tragen. Jonata ist als Protagonistin natürlich hübsch, klug und energisch. Ebenso Simon: Er sieht gut aus, kämpft für die gerechte Sache und seine Unsicherheit über seine Herkunft und seinen leiblichen Vater verleiht ihm auch etwas Verletzliches. Es fehlt hier einfach an Balance. Selbst Jonatas Sturheit, mit der sie gegen jede Vernunft ihren Willen durchzusetzen versucht, ist sympathisch. Schließlich kämpft sie für das Gute. Natürlich hat es solche Menschen immer geben, muss es sie auch geben, damit Veränderungen möglich sind. Doch hier wirkt es teilweise unausgegoren, da die Zwischentöne fehlen. Die einzige negative Eigenschaft, vor allem von Jonata, ist ihre unglaubliche Naivität und die ist so ausgeprägt, dass sie einem bald auf die Nerven geht und streckenweise auch einfach unglaubwürdig wirkt. Die beiden sind des Öfteren völlig überrascht, wenn sie ihre Probleme nicht so gelöst bekommen, wie sie sich das vorstellen, auch wenn von vornherein klar ist, dass es so nicht funktionieren wird.

Auch die Nebenfiguren sind alle strikt in Gut und Böse eingeteilt. Bei den besonders Bösen kommt auch noch ein ausgesprochen hässliches und ungepflegtes Äußeres hinzu. Klischeehafter geht es kaum. Auch sonst finden sich wenige Zwischentöne. Es gibt keinen sympathischen Mönch, von Luther einmal abgesehen, allerdings ist dessen Auftritt zu kurz, als dass man sich ein Urteil über seine Charakterisierung erlauben könnte.

Lediglich Enderlin schafft es, den Leser ein wenig zu faszinieren. Er ist zwar kein Sympathieträger, aber seine bigotte Art ist wunderbar getroffen. Er ist fromm und von seiner Frömmigkeit auch sehr überzeugt. Für Verfehlungen geißelt er sich selber und ist bestrebt, jeder Sünde aus dem Weg zu gehen. Allerdings ist er auch extrem ehrgeizig und lange nicht so demütig, wie er sich selbst sieht. Dieser Figur zu folgen, macht dem Leser Spaß.

Die Reformatorin von Köln ist ein leicht zu lesender Roman, der dank der vielen Informationen zu Reformation, Druckerei und Brauerei einige unterhaltsame Lesestunden beschert, die allerdings nicht über die Mängel in der Figurenzeichnung hinweg täuschen können. Der Roman passt zwar in das Reformationsjahr, insgesamt reicht es aber nur für eine bedingte Leseempfehlung.

Die Reformatorin von Köln

Bettina Lausen, Emons

Die Reformatorin von Köln

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