Das Erbe von Carreg Cottage

  • Goldmann
  • Erschienen: Januar 2017
  • 2
  • Goldmann, 2017, Titel: 'Das Erbe von Carreg Cottage', Originalausgabe
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Rita Dell'Agnese
881001

Histo-Couch Rezension vonMär 2017

Die Geister des 7. Jahrhunderts werden wach

Lilian Gray ist am Ende. Sie musste ihr kleines Café schließen und verliert damit ihre Existenz. Da kommt ihr eine seltsame Erbschaft gerade recht: Sie soll ein Pilger-Cottage auf der Halbinsel Llyn in Wales übernehmen und es so betreiben, dass Pilger darin auch wirklich wieder unterkommen können. Das denkmalgeschützte Haus soll ihr jedoch nicht gehören - einzig das um das Cottage liegende Land ist ihr Eigentum. Mangels anderer Perspektiven geht Lilian Gray auf die Bedingungen ein, obwohl sie sich nicht so richtig willkommen fühlt. Immer wieder gibt es kleine Vorkommnisse, die sie verunsichern. Und da ist auch der sympathische Colleen, der Lilian auf der Suche nach der Vergangenheit des Cottage zur Hand geht. Je länger sie sich im Cottage aufhält, desto stärker hat Lilian das Gefühl, dass sie etwas Mystisches umgibt. Im 7. Jahrhundert lebte in der Hütte auf der Halbinsel Llyn die Druidin Lileas, nachdem sie als Einzige einem Massaker an ihrem Dorf entkommen konnte. Um den römisch-katholischen Priestern, die nach ihr suchen, zu entkommen, nimmt Lileas den Namen Meara an. Sie lebt zurückgezogen, bis zwei Mönche auf ihrem Weg zur Glaubensgemeinschaft auf der nahe gelegenen Insel den schwer verletzten Cadeyrn zu ihr bringen. Cadeyrn, Sohn eines Edelmannes, ist bei einem brutalen Kriegstreiber in Ungnade gefallen, nachdem er einen Unfall verursachte, bei dem der Sohn des Kriegstreibers ums Leben kam. Als einzige Alternative bleibt ihm das Leben in der Glaubensgemeinschaft. Meara schafft es, den Mönch vor dem Tod zu bewahren, muss dann aber erleben, dass er dem Kriegstreiber in die Hände fällt.

Ein ungewohntes Geschichts-Kapitel

Constanze Wilken mischt in ihrem Roman Das Erbe von Carreg Cottage zwei Haupt-Zeitebenen miteinander. Zum einen ist es die Jetzt-Zeit mit Lilian Gray, die auf der Suche nach sich selber ist. Zum anderen ist es das 7. Jahrhundert mit der Heilerin Lileas, die dem Roman die eigentliche Basis gibt. Constanze Wilken bestätigt hier ihren Ruf, den sie sich als Autorin von historischen Romanen längst erarbeitet hat. Spannend und informativ schlägt sie ein ungewohntes Kapitel der Geschichte auf und nimmt ihre Leser mit in eine Zeit, in der die römisch-katholischen Priester dem alten Glauben in Wales den Kampf ansagten. Geschickt flicht sie Lileas und ihre Heilkunst in die Geschichte ein, macht sie zur überzeugenden Botschafterin einer längst untergegangenen Kultur und verleiht dem Roman eine ganz besondere Note. Es gelingt der Autorin sehr gut, den Lesern die kulturellen und politischen Gegebenheiten des 7. Jahrhunderts näher zu bringen und den Konflikt darzustellen, in dem die Menschen jener Zeit lebten: Ihre Verbundenheit mit dem alten Glauben und der Wunsch, im neuen Glauben tatsächlich genügend Halt zu finden, um aus dem herrschenden Elend ausbrechen zu können. Sehr schön sind die Schilderungen der Lebensumstände von Fischern und Bauern, die immer wieder quasi beiläufig in die Geschichte eingebunden sind und einen tiefen Einblick in die damalige Kultur erlauben.

Die Verbindung der beiden Zeitebenen mag die eingefleischten Histo-Leserinnen und Leser weniger zu überzeugen. Das auch, weil Lilian und ihre Suche nach der Vergangenheit oft etwas oberflächlich wirkt und gegenüber der Welt, in der Lileas lebt, wenig Neues zu bieten hat. Allerdings bilden die beiden Erzählstränge eine ausgewogene Einheit, die für einige unterhaltsame Lese-Stunden sorgt. Selbst Freunde von klaren historischen Romanen kommen auf ihre Kosten.

Empathische Figuren

Dass die Autorin Constanze Wilken spannende Figuren zeichnet, hat sie nicht erst in diesem Roman bewiesen. Hier bestätigt sie die bisherigen Erfahrungen. Auch darin, dass es nicht die Hauptfiguren sein müssen, welche die stärkste Ausstrahlung haben. Wohl ist Lileas eine der starken Figuren im Roman, doch bleibt Lilian eher farb- und konturenlos. Sie wirkt immer wieder einzig als Mittel zum Zweck, um die Geschichte zu erzählen. Hier sind es eher die Nebenfiguren, die teilweise erstaunlich viel Tiefe haben und der Geschichte ein starkes Fundament verleihen. Das Zusammenspiel der Erbin und der alteingesessenen Menschen, die ihr nicht nur wohlgesonnen sind, bringt einige Spannung in die Gegenwarts-Geschichte.

Das Erbe von Carreg Cottage

Constanze Wilken, Goldmann

Das Erbe von Carreg Cottage

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