Der Bogenschütze

  • Rowohlt
  • Erschienen: Januar 2004
  • 17
  • Rowohlt, 2000, Titel: 'Harlequin', Originalausgabe
Der Bogenschütze
Der Bogenschütze
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Carsten Jaehner
861001

Histo-Couch Rezension vonFeb 2007

Spannender Beginn der Suche nach dem Heiligen Gral

Hookton, England, 1342. Das Küstendorf wird gnadenlos von vier französischen Schiffen überfallen und niedergemetzelt. Einziger Überlebender ist der junge Thomas, dessen Vater der Priester des Dorfes war und der ihm sagt, dass der Oberbefehlshaber der Franzosen, genannt der "Harlekin" das wertvollste aus der Kirche gestohlen hat: Die Lanze des Heiligen Georg, mit dem er damals den Drachen getötet haben soll. Thomas soll die Lanze wiederbringen und erfährt noch, dass der "Harlekin" ein Verwandter von ihm ist. Thomas schwört Rache.

Doch drei Jahre später ist von der Rache und seiner Aufgabe nicht viel übrig geblieben. Er ist mit vielen Bogenschützen in der Bretagne, wo der Ort La Roche-Derrien belagert wird. Die Einnahme erweist sich als schwierig, doch zusammen mit seinen Freunden Will Skeat, Sam und Jake überlistet er die Mauern und verliebt sich in die Bogenschützin Jeanette, die auf französischer Seite kämpft und wegen ihrer schwarzen Haare "die Amsel" genannt wird. Er rettet sie und schafft sich damit einen Feind fürs Leben, denn Sir Simon Jekyll erhebt Anspruch auf sie und schwört, Thomas ins Grab zu bringen.

Nachdem er des öfteren auf seinen Eid aufmerksam gemacht wurde, stösst Thomas mehr oder weniger zufällig auf erste Hinweise auf seine Familiengeschichte und auf eine Aufgabe, die auf einmal viel grösser erscheint, als "nur" die Lanze wiederzubringen. Denn in den Händen seiner Feinde soll sich die grösste Waffe aller Zeiten befinden, die er nun finden soll: Der heilige Gral. Gemeinsam mit seinen Gefährten und seiner Geliebten Eleanor schlägt er Schlachten bei Caen und Crécy und kommt seinem Ziel immer näher...

Auf der Suche nach der Lanze des Heiligen Georg

Bernard Cornwell, Meister des historischen Romans, beginnt mit Der Bogenschütze eine Trilogie um den Heiligen Gral und begibt sich damit in die Mitte des 14. Jahrhunderts. Sein Held ist abermals ein junger Mann, der etwas über seine Vergangenheit erfährt, das sein Leben aus den gewohnten Bahnen wirft und der sich heldenhaft in die aufkommenden Abenteuer stürzt. Wer bereits mehrere Bücher von Cornwell gelesen hat, merkt, dass es sich hier um dasselbe Strickmuster handelt, mit dem es bei ihm eigentlich in den meisten Fällen losgeht.

Dennoch kommt nie Langeweile auf. Hat man von der Grundsituation her das Gefühl, das sei ja alles schon mal da gewesen, merkt man doch schnell, dass hier anders weitergestrickt wurde als man es schon gelesen hat. Thomas of Hookton hat quasi keine Informationen von seinem Vater bekommen, als er als einziger Überlebender den Auftrag bekommt, die Lanze des Heiligen Georg wieder zu beschaffen. Zudem merkt er auf Dauer, dass er über sich und seine Familie überhaupt nichts weiß und muss sich seine Vergangenheit und seine Gegenwart mühsam selbst zusammenreimen. Daneben gilt seine Treue seinem englischen König, und auch als er mehr über seine Vergangenheit erfährt, ändert sich dies nicht.

Als in La Roche-Derrien die junge Jeanette kurz vor der Vergewaltigung durch Sir Simon Jekyll steht und sie gerettet wird, lernt sie kurz darauf Thomas kennen, der sich mit seiner Armee auf ihrem Grund niederlässt. Thomas wird verletzt, und sie pflegt ihn, wodurch er der einzige wird, der in ihr Haus darf. Natürlich kommt eins zum anderen, und da sie eine Verwandte des französischen Königs ist, eskortiert er sie schließlich gen Norden, wo sich der König aufhalten soll. Sie lernen sich näher kennen, vielleicht zu nah, denn sie bleibt durchweg geheimnisvoll und undurchschaubar. Hier hat Cornwell endlich eine weibliche Figur mit Ecken und Kanten geschaffen, von der noch zu hören sein wird.

Der Held zwischen zwei Frauen

Die andere Frau an Thomas' Seite ist Eleanor, die Tochter seines vermeintlichen Feindes, in die er sich verliebt, und sie sich natürlich auch in ihn. So steht Thomas zwischen zwei Frauen, einer Engländerin und einer Französin, und gerade die Begegnungen zwischen den beiden Frauen bergen doch interessantes Potential würd die beiden weiteren Romane der Trilogie.

Cornwell versteht es wie so oft, den Leser in seinen Bann zu ziehen und seine Geschichten mit seinem typischen Humor zu würzen. Es gibt aussichtslose Situationen, blutige Kämpfe und strategische Schlachten, die, wenn auch mit einigen Überraschungen, sich durch den ganzen Roman ziehen. Das ist nichts für schwache Gemüter, die nicht detailliert lesen wollen, wie und wo sich die Gegner gegenseitig die Schwerter und Lanzen und Pfeile platzieren, allerdings historisch interessant und logisch und aufbauend aufgeschlüsselt. Zumal die erwähnten Schlachten historisch verbürgt sind, auch in den geschilderten Abläufen.

Und als wäre das alles noch nicht genug, muss Thomas, in Kriegen und Schlachten und zwischen zwei Frauen, nicht nur die Lanze des Heiligen Georg wiederfinden, sondern auch noch den heiligen Gral. Eine schwere Bürde für einen jungen Mann, ohne Informationen, aber mit Hoffnung und Freunden.

 

Er blickte hinauf zum Kreuz, das an der Wand des Skriptoriums hing, und murmelte ein leises Gebet. Gott stehe mir bei, dachte Thomas. Gott stehe mir bei, ich soll das schaffen, woran all die großen Ritter von Arthurs Tafelrunde gescheitert sind: den Gral finden.

Lehrreiches über Bogenschützen und Armbrüste

Bernard Cornwells Bösewichte sind schön fies und unangenehm geraten und sind passend unsympathisch, wenngleich nicht nur schwarz/weiß gezeichnet wird. Thomas' Freunde erweisen sich als gute Kameraden, und auch die Einblicke in die Königsetage sowohl bei den Franzosen als auch bei den Engländern sind gelungen und interessant, gerade auch aus erzieherischer Sicht. Zudem lernt man viel über das Handwerk der Bogenschützen und Armbrustschützen, was interessant und lehrreich ist.

Ein lesenswertes vierseitiges historisches Nachwort ergänzt den Roman, allerdings wäre es wünschenswert gewesen, wie bei seinen anderen Romanen auch, die eine oder andere Karte zur Orientierung und vielleicht ein Personenverzeichnis gehabt zu haben. Auch wenn der Leser (und Thomas) zu Beginn recht wenig über den Gral und die Lanze erfahren, die der geneigte Leser als Ziel der Erzählung erhofft, so kriegt der Autor doch mit der Zeit die (wenn auch weit ausholende) Kurve. Fans von Bernard Cornwell werden hier wie gewohnt auf ihre Kosten kommen und einen spannenden, hervorragend recherchierten Roman zu lesen bekommen. Neulingen in Sachen Cornwell sein gesagt, dass es Militärhistoriker ist und viel wert auf genaue Darstellungen der diversen Schlachten und deren Strategien legt. Das mag nicht jedermanns Sache sein, ist aber packend und flüssig geschildert. Immerhin wird der in sich abgeschlossene Roman so beendet, dass der Weg für zwei weitere Teile geebnet ist. Spannende Unterhaltung, wir lesen gerne weiter.

Der Bogenschütze

Bernard Cornwell, Rowohlt

Der Bogenschütze

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