Die Winterprinzessin

  • Droemer-Knaur
  • Erschienen: Januar 2015
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  • Droemer-Knaur, 2015, Titel: 'Die Winterprinzessin', Originalausgabe
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Annette Gloser
841001

Histo-Couch Rezension vonDez 2015

Ein Bote verschwindet

Im Oktober 1668 sendet Prinzessin Henrietta, die Gemahlin des Herzogs von Orleans, einen Brief an ihren Bruder Charles II., den König von England. Sir William Fenwick ist der Bote, der seit Jahren dem englischen Königshaus treu ergeben ist und wertvolle Dienste leistet. Er soll den Brief nach England bringen. Doch der Brief kommt nie bei Charles II. an. Zutiefst beunruhigt beauftragt Charles den Jesuiten Jeremy Blackshaw mit den Nachforschungen nach dem Schicksal des Boten, vor allem aber nach dem Verbleib des Briefes, den dieser im Auftrag "Madames" befördern sollte. Geriete der Brief in falsche Hände, beispielsweise in holländische, wäre der Abschluss eines Vertrages zwischen Frankreich und England gefährdet. Pater Jeremy versucht, mit der Hilfe seiner Freundin Amoret St. Clair und ihres Gemahls Breandán Mac Mathuna das Geheimnis zu ergründen. Dabei führt ihr Weg sie auch nach Frankreich, an den Hof Ludwigs XIV. und nach Paris. Aber der Brief bleibt verschwunden und auch die Suche nach dem Mörder scheint vergeblich zu sein.

Bilaterale Beziehungen

Die Winterprinzessin ist der nunmehr fünfte Roman aus der Reihe um Pater Jeremy Blackshaw und Amoret St. Clair. Er bietet tiefen Einblick in das vielschichtige Geflecht der Beziehungen zwischen England und Frankreich zur Regierungszeit Charles II., in persönliche Beziehungen der Königshäuser zueinander und politische Verwicklungen. Dabei entfaltet sich die Handlung rund um den Abschluss des  Vertrags von Dover und um die Vorbereitungen zu diesem Vertrag. Sandra Lessmann lässt ihre Helden dabei sowohl in England als auch in Frankreich agieren und sorgt dafür, dass sie weit herum kommen. Im Roman gibt es zahlreiche Rückblenden in jene Jahre, als die königliche Familie aus England fliehen musste und Charles II. versuchte, sein Königreich zurück zu erobern. Als Leser erfährt man viel darüber, wie die beiden Königshäuser miteinander verbunden waren und wie diese Verbindungen entstanden sind. Da sowohl Rückblenden als auch die Rückkehr in die eigentliche Zeit der Handlung in den Kapitelüberschriften gekennzeichnet sind, fällt es nicht schwer, hier beim Lesen die Übersicht zu behalten.

Auch die Affinität Charles II. zum Katholizismus spielt - ebenso wie in den vorhergehenden Romanen der Reihe - wieder eine wichtige Rolle. Der Autorin ist es dabei gelungen, sich mit viel Fingerspitzengefühl in die historisch realen Personen hinein zu versetzen und insbesondere den komplizierten Charakter Charles II. sehr menschlich zu gestalten. Das traurige Schicksal der früh verstorbenen Prinzessin Henrietta ist ebenfalls ein wichtiges Thema im Roman. Sandra Lessmann widmet sich ihrer Person mit viel Aufmerksamkeit und zeichnet ein schillerndes Bild der jungen Frau. Auch die frei erfundenen Protagonisten wie z.B. Amoret St. Clair sind in sich stimmige Persönlichkeiten, in deren Gefühlsleben man sich recht gut hinein versetzen kann.

Keine Superdetektive

Der eigentliche Kriminalfall - das Verschwinden des Boten - ist während des Handlungsverlaufs immer präsent, tritt jedoch gelegentlich in den Hintergrund, um anderen Konflikten mehr Raum zu geben, schließlich haben die Protagonisten ja auch noch ein Privatleben und sind nicht nur Ermittler im Auftrag des Königs. All diese privaten Konflikte sorgen jedoch dafür, dass der Kriminalfall nur ein Teilaspekt des Romans wird und das bunte Mosaik aus Familienleben und höfischem Treiben die Handlung vorwärts bringt. Das ist interessant zu lesen, lässt jedoch auch den Spannungsbogen gelegentlich abflachen, den vor allem der HistoKrimiLeser wünscht und erwartet. Gleichzeitig ist so dafür gesorgt, dass Pater Jeremy und seine Freunde nicht als Superdetektive auftreten, sondern Ecken und Kanten bekommen. Fast scheint es, als ob sie diesmal erfolglos bleiben. Und wenn der Anstoß für die Ermittlung auch die Sorge eines Königs war, so scheint die Lösung im Vergleich dazu am Ende fast banal. Dafür sorgt das furiose Ende der Jagd nach dem Mörder noch einmal für Action und Hochspannung.

Insgesamt erscheint der Roman gut recherchiert und vermittelt viele Fakten, sowohl aus der Politik als auch dem Leben Charles II. und seiner Familie. Man spürt beim Lesen deutlich, wie intensiv sich die Autorin mit dieser Zeit beschäftigt hat und es gelingt ihr, daraus ein buntes und interessantes Panorama zu malen. Sehr angenehm ist dabei, dass politische Fakten und Hintergründe nicht über Fußnoten vermittelt werden, sondern sich über die Handlung des Romans erklären.

Gute Unterhaltung

Mit dieser Reihe aus der Feder von Sandra Lessmann hat der Verlag Knaur ein Highlight im Programm. Die Winterprinzessin ist zwar der fünfte Band, aber man kann das Buch auch dann gut lesen, wenn man die vorhergehenden Bände (noch) nicht kennt. Allerdings könnte es passieren, dass man sie danach unbedingt lesen möchte. Zwar wirkt die Umschlaggestaltung ein wenig kitschig, davon sollte man sich jedoch nicht abschrecken lassen. Der Roman bietet gute Unterhaltung, Spannung und viele Informationen. Eine Karte von Paris im Jahr 1670 ist dem Roman vorangestellt. So hat man beim Lesen die Möglichkeit, die Wege der Protagonisten mit zu verfolgen. Zudem gibt es am Ende ein Glossar. Lesenswert ist das Nachwort der Autorin, in dem sie noch einmal auf die Hintergründe des Vertrags von Dover eingeht.

Ein gelungener Roman, den man gerne weiter empfiehlt.

Die Winterprinzessin

Sandra Lessmann, Droemer-Knaur

Die Winterprinzessin

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