Order of Darkness. Schatzwächter
- Fischer
- Erschienen: Januar 2015
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- Fischer, 2014, Titel: 'Order of Darkness. Fool's Gold', Originalausgabe
Der Vorhang zu - und alle Fragen offen
Ein bekanntes Märchen lautet so: Es war einmal eine Königin, die wünschte sich so sehr ein kleines Mädchen, das weiß wie Schnee, rot wie Blut und schwarz wie Ebenholz sein sollte. Ein freundliches Schicksal erfüllte ihr diesen Wunsch, leider langte das Schicksal genauso zu und sorgte dafür, dass die Königin verstarb, ohne ihr Kind aufwachsen zu sehen. Der so verwitwete König verheiratete sich erneut und seine nunmehr garstige Gattin wollte sich - erfüllt von Neid und Missgunst - des jungen Mädchens entledigen. Sie schickte es daraufhin mit einem Jäger in den Wald und beauftragte diesen, das arme Kind grausam zu ermorden. Der Jäger aber, der von der Schönheit und Unschuld des Mädchens gerührt war, verschonte es. Es lief noch tiefer in den Wald hinein und fand dort ein kleines Haus, in dem sieben Zwerge lebten. Hier fand es dann Unterkunft und Schutz und sie alle lebten dort herrlich und in Freuden und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie heute noch.
Wer jetzt zu Recht ungehalten kritisiert, dass die Autorin dieser Zeilen offensichtlich ein paar entscheidende Einzelheiten - um nicht zu sagen: den Hauptteil - unterschlagen hätte, der kann nachvollziehen, wie sich die Leser des letzten Bandes der Trilogie Order of Darkness Schatzwächter fühlen müssen. Philippa Gregory führt im letzten Band ihrer Trilogie um die Aufgaben des jungen Mönchs Luca und seiner Reisegefährten in die Stadt Venedig. Wie aus den beiden Vorgängerbänden bekannt, ist Luca damit beauftragt, unheimliche Vorkommnisse, die möglicherweise das Ende der Welt ankündigen könnten, mit sachlichen Augen zu untersuchen und zu erklären. Damit konnte er schon die abergläubische Furcht vor Hexen und Werwölfen erklären, unerklärliche Phänomene, wie die einer plötzlich hereinbrechenden Flut, die ebenfalls mit dem Wirken dunkler Mächte erklärt wurden, konnten als Naturphänomene entlarvt werden. Nicht nachvollziehbar ist daher, warum Gregory hier einen plötzlichen Bruch in den bisher logischen und von jeder übernatürlichen Erklärung abgewandten Ursachen einführt. Im dritten Band verwandeln sich schöne Jungfrauen von hier auf jetzt in alte Vetteln, werden der "Stein der Weisen", der Plunder in Gold verwandeln kann und sogar das künstlich geschaffene Menschlein "Homunculus" ins Feld geführt. Kurzum: Alles was in den beiden Vorgängerbänden geschaffen wurde, wird hier wieder eingerissen.
Neben diesen ganzen mysteriösen neuen Verstrickungen gibt es immerhin aber noch ein weites Feld von alten Problemen, die in den beiden Vorgängerbänden entstanden und die noch aufzulösen wären. Auf diese Auflösung wartet der Leser aber vergeblich. Die Geschichte endet abrupt und es ist unklar, wem hier der Vorwurf zu machen ist - ob der Verlag nur eine Trilogie anstelle weiterer Fortsetzungen herausbringen wollte, ob Frau Gregory dann doch die Lust an ihrer Geschichte verlor. Wer weiß es schon. Für diejenigen, die sich wacker durch drei Bände lasen und dann doch der Auflösung der diversen Geheimnisse - die insbesondere um den finsteren "Order of Darkness" rankten - entgegenfieberten ist das ein regelrechter Schlag ins Gesicht.
Nicht geklärt werden letztendlich auch die zwischenmenschlichen Verstrickungen, die im Laufe der beiden Bände zwischen den Protagonisten entstanden. So bleibt unklar, wer denn letztendlich das "Rennen" um das Herz des jungen Luca macht. Hier stünden im Übrigen nicht nur die schöne Erbin Isobel und ihre - in dieser Frage nicht so ganz treue - Dienerin Ishraq zur Debatte. Der gutaussehende Luca gefiel auch verschiedenen Damen der venezianischen Gesellschaft und da man es hier mit der Tugend offensichtlich nicht ganz so genau nahm, bestehen auch hier - neben seinen Reisebegleiterinnen - noch weitere und vorher ungeahnte Möglichkeiten.
Dennoch bleibt es dabei - eine Trilogie besteht aus drei Bänden, weitere Fortsetzungen zum "Order of Darkness" scheinen - zunächst - nicht geplant zu sein und so kann sich der Leser in schlaflosen Nächten mit der Frage auseinandersetzen, ob Luca seine Eltern aus der Sklaverei befreien konnte, wie denn das Rätsel seiner Herkunft zu klären war, ob die Dienerin Ishraq in ihr Land zurück kehrte und dort ihre Unabhängigkeit erlangen konnte, ob Isobel in der Frage ihrer Erbschaft Recht erhielt, ob der "Order of Darkness" tatsächlich eine wohl meinende Gesellschaft zur Förderung des Verständnisses außerordentlicher Phänomene war und so weiter und so fort. Der Leser kann diese Fragen aber auch einfach vermeiden und die möglicherweise geplante Anschaffung dieser drei Bände bis auf weiteres verschieben. Das wäre dann auch tatsächlich die Empfehlung dieser Autorin.
Philippa Gregory, Fischer
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