Fortune de France

  • Aufbau
  • Erschienen: Januar 2000
  • 5
  • Aufbau, 1977, Titel: 'Fortune de France', Originalausgabe
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Almut Oetjen
941001

Histo-Couch Rezension vonJan 2007

Hervorragender Beginn einer dreizehnteiligen Reihe

Fortune de France (Schicksal Frankreichs) erzählt aus dem Leben von drei Generationen der adligen Familie Siorac in Zeiten der Glaubenskriege und umspannt den Zeitraum von 1545 bis 1643. Der erste Roman hat durch seinen Titel der aus dreizehn Bänden bestehenden Reihe ihren Namen gegeben.

Die Hugenotten Jean de Siorac und Jean de Sauveterre, zwei Offiziere und Freunde, die sich als Brüder begreifen, erwerben nach ihrem Armeedienst die im Périgord liegende Baronie Mespech und bauen sich dort eine Existenz auf. Jean heiratet die Katholikin Isabelle de Caumont und gründet eine Familie, deren Kinder nicht alle von Isabelle sind. Sein zweiter Sohn ist Pierre, der Erzähler des Romans. Bis auf Isabelle bekennen sich alle auf Mespech zum Calvinismus. Religions- und staatspolitische Interessenlagen führen zu gewalttätigen Übergriffen von Katholiken auf Hugenotten und schließlich zum ersten Hugenottenkrieg. In diesen werden die Bewohner von Mespech verwickelt.

Einige Personen, die wir durch die Geschichte begleiten

Erzähler der Familiengeschichte ist Pierre de Siorac. Pierres Vater Jean war kein Adliger von Geburt, sondern stammte aus einer Apothekerfamilie. Da ihm nach einem Duell die Todesstrafe drohte, flüchtete er und konnte seine Ausbildung zum Mediziner nicht vollenden. Er kämpfte für Frankreich, wurde im Gegenzug rechtlich entlastet und aufgrund seiner Leistungen im Krieg in den Adelsstand erhoben. Zu Beginn Junker, wird er nach seinem Einsatz in der Schlacht um die Stadt Calais, die die Franzosen von den Engländern zurückerobern, zum Ritter geschlagen und in den Stand eines Barons erhoben.
Er häufte während seiner Dienstzeit Ersparnisse an, statt seinen Sold zu versaufen und für Huren auszugeben und erwarb nach seiner Entlassung aus der Armee mit seinem Weggefährten Jean de Sauveterre Mespech. Mit 32 Jahren heiratet Jean die streng katholische, fünfzehn Jahre alte Isabelle de Caumont.
Pierres Vater ist ein Mann, der kein sexuelles Abenteuer auslässt, seien es adlige oder in seinem Gesinde befindliche Frauen. Auf diesem Wege bekommt er mit Samson einen Halbbruder, der ihm ein guter Freund wird.
Francois ist Pierres älterer Bruder, der Erstgeborene und deshalb Erbe von Mespech, ein ängstlicher und arroganter Junge, mit dem Pierre und Samson nicht viel zu tun haben. Über Francois erfahren wir im ersten Teil nur sehr wenig.
Maligou ist als Nachfolgerin von Cabusse die Köchin von Mespech. Sie ist lebensbejahend und abergläubisch, betet auch nach ihrer Bekehrung noch Heilige an, damit diese ihr nicht schaden.
Kammerjungfer Franchou verlässt Isabelle und geht in die Stadt. Als dort die Pest Einzug hält, holt Jean sie zurück auf die Baronie.
Miroul lebt seit 1563 als Diener Pierres auf der Burg, nachdem er während eines Einbruchsversuchs Schwachstellen der Anlage aufzeigte und auf Bitten Pierres nicht als Dieb hingerichtet wurde. Miroul und Samson begleiten Pierre zu dessen Medizinstudium nach Montpellier. Mit dem Aufbruch des Trios endet der erste Band der Reihe.

Das Ineinandergreifen von privater und öffentlicher Sphäre

Merle entwickelt zwei Handlungsbögen, die Familiengeschichte der Sioracs und die öffentliche Geschichte, in der es um Politik geht. Beides verbindet er auf vorzügliche Weise miteinander. Am Mikrokosmos Mespech zeigt Merle, wie die Politik auf das Leben der Menschen wirkt. Wie der Glaubenskrieg zum Konfliktverursacher auf der privaten Ebene gerät, das wird sehr plastisch an der Ehe von Jean und Isabelle durchbuchstabiert. Gerade dieses Problemfeld motiviert die Entwicklung Pierres zu einem für diese Zeit sehr toleranten Menschen. Er erfährt, dass die Repressionen der Katholiken, unter denen die Protestanten bis hin zu Folter und Mord leiden müssen, eine Form der Machtausübung sind, und dass sein Vater als Herr von Mespech gegen die Bediensteten ebenfalls Macht ausübt und sie so zu Protestanten bekehren lässt, auch wenn er nur mit Entlassung aus seinen Diensten droht, was in Zeiten des Hungers und großer Arbeitslosigkeit eine unattraktive Alternative ist. Und so lassen sich die Katholiken auf Mespech nach einer Lehrstunde durch den protestantischen Geistlichen und eine Diskussion bekehren, werden offen zu Protestanten und manche von ihnen bleiben heimlich Katholiken und beten weiterhin zu ihren vielen Heiligen.

Fazit

Der historisch akkurate Abenteurroman Fortune de France wird geistvoll und humorvoll erzählt. Dass der Zusammenhang zwischen Macht, Politik und Sexualität ein sehr enger ist, das erwähnt Merle bereits auf der ersten Seite. Bei aller sachlichen Genauigkeit ist Merle in erster Linie daran interessiert, eine mitreißende Geschichte zu erzählen, in der politische Auseinandersetzungen von verbalen Gefechten über Machtkämpfe bis hin zu Kriegen thematisiert werden, in der die Pest und die Glaubenskriege das Leben der Menschen mitbestimmen.
Merles Detailgenauigkeit ist verblüffend und führt beispielsweise dazu, dass man sich die Burg Mespech bildlich vorstellen kann.

 

Fortune de France

Robert Merle, Aufbau

Fortune de France

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