Der Glanz von Südseemuscheln

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2015
  • 2
  • Heyne, 2015, Titel: 'Der Glanz von Südseemuscheln', Originalausgabe
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Birgit Stöckel
801001

Histo-Couch Rezension vonMär 2015

Krieg und Liebe am anderen Ende der Welt

Im Jahr 2014 jährte sich der Beginn des Ersten Weltkrieges zum 100. Mal. Zu diesem Anlass sind viele Bücher erschienen, die sich auf unterschiedlichste Art und Weise mit dem Thema befassten - Sachbücher, historische Romane, Liebesromane, Militärromane, Biographien... - und dem Leser die Auswirkungen auf Europa deutlich machten. Doch wie erging es eigentlich den deutschen Kolonien? Und was für Auswirkungen hatte der Weltkrieg auf der anderen Seite des Globus - tausende von Kilometern vom eigentlichen Kampfgeschehen entfernt?

Diesen Fragen geht Regina Gärtner in ihrem zweiten historischen Roman Der Glanz von Südseemuscheln nach und beschreibt die Effekte des Krieges exemplarisch an Deutsch-Samoa und Australien.

Eigentlich unvorstellbar, dass die Folgen bis dorthin spürbar waren. Am ehesten verständlich ist es noch auf Samoa, da die Inseln als Kolonien ja zu deutschem Staatsgebiet zählten. Doch auch Australien und Neuseeland entsandten als Mitglieder des Commonwealth zahlreiche Truppen nach Europa - obwohl beide Länder de facto bereits unabhängig waren. Natürlich litt die Bevölkerung dieser Länder nicht so unmittelbar und so furchtbar unter dem Krieg wie Europa, doch hatten besonders die Deutschen in dieser Zeit nicht viel zu lachen.

Viele unbekannte Fakten über die damalige politische Situation

In Australien ist die Deutsche Alma, die jahrelang auf Samoa lebte, jetzt mit ihrer großen Liebe Joshua endlich in Sydney angekommen und hofft nun auf das Glück, das ihr so lange verwehrt wurde. Doch sie wird schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt: Bereits vor Kriegsausbruch kommt es zur Stimmungsmache gegen Deutsche, die sich im Kriegsverlauf noch verschärft: Arbeit zu finden ist fast unmöglich, deutsche Einwanderer müssen Meldescheine mit sich führen, die wöchentlich verlängert gehören, und dabei ist es egal, wie lange sie schon in Australien leben.

Auf Samoa muss auch Almas Cousine Mathilde mit den Auswirkungen kämpfen. Nachdem die Inseln von Neuseeländern besetzt wurden, müssen die Deutschen weitreichende Einschränkungen in Kauf nehmen. Es gibt eine Ausgangssperre, Einfuhr und Ausfuhr aller Art ist untersagt, es finden willkürliche Verhaftungen statt und nach und nach droht auch die Enteignung.

Teilweise erschütternd zu lesen, wie sehr blinder Hass und Vorurteile die Menschen leiten können und sie dazu bringen, sich von anderen abzuwenden auch wenn die für die aktuelle Situation nichts können.

Einfühlsame Liebesgeschichten mit wenig Überraschungen

Eingebettet werden diese Fakten in zwei Liebesgeschichten: Alma und Joshua sowie Mathilde und Scott. Den Beginn von Alma und Joshuas Beziehung kann man in Gärtners erstem historischen Roman Unter dem Südseemond nachlesen. In Der Glanz von Südseemuscheln geht es darum, dass große Lieben nach einem Happy End durchaus Belastungen ausgesetzt sind. Die feindliche Stimmung gegenüber den Deutschen und die zunehmende Kriegshysterie setzen auch Alma und Joshua zu, vor allem als Joshua seinen Patriotismus entdeckt und sich in Gefahr begibt. Das ist nicht durch die verklärende rosarote Brille erzählt, sondern wie aus dem Leben gegriffen. Joshua entwickelt dabei auch Züge, die ihn dem Leser teilweise unsympathisch erscheinen lassen - und somit lebendig und dreidimensional, was man von den meisten anderen Figuren nur eingeschränkt behaupten kann. Der Großteil ist recht eindeutig als gut oder böse charakterisiert - hier wäre ein wenig mehr Tiefgang bei der Figurenzeichnung wünschenswert gewesen.

Dem gegenüber stehen Mathilde und Scott noch am Anfang ihrer Beziehung bzw. zunächst scheint es keinen Anfang zu geben, da sie auf gegnerischen Seiten stehen. Doch die gegenseitige Anziehungskraft ist nicht weg zu leugnen und so beginnt eine zarte Annäherung - immer wieder gefährdet von Enttäuschung, Vorurteilen, Wut und Verwirrungen. Das ist gefühlvoll und glaubhaft erzählt, auch wenn die meisten Wendungen zwischen Mathilde und Scott leicht zu durchschauen sind und wenige Überraschungen bieten.

Das gilt für die ganze Geschichte: Sie ist über große Teile sehr linear erzählt und wie schon im ersten Roman können die meisten Geheimnisse und Auflösungen problemlos durchschaut werden.

Insgesamt ist Der Glanz von Südseemuscheln ein gelungener Roman, der viele spannende und unbekannte Informationen zu der Situation am anderen Ende der Welt während des Ersten Weltkriegs enthält und in dem man die aus dem ersten Teil liebgewonnenen Figuren noch ein Stück weiter auf ihrem Weg begleiten darf. Für den Genuss der Lektüre ist die Kenntnis des Vorgängerromans übrigens nicht zwingend erforderlich, da die wichtigsten Dinge kurz zusammen gefasst werden - auch wenn es wie immer natürlich schön ist, die Protagonisten und ihr Vorleben bereits zu kennen.

Der Glanz von Südseemuscheln

Regina Gärtner, Heyne

Der Glanz von Südseemuscheln

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