Die vergessenen Worte

  • Blanvalet
  • Erschienen: Januar 2014
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  • Blanvalet, 2013, Titel: 'The Forgotten Seamstress', Originalausgabe
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Annette Gloser
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Histo-Couch Rezension vonOkt 2014

Ein kostbares Erbstück

Eastchester, 1970: Eine junge Studentin interviewt Patienten einer Klinik für psychisch kranke Menschen. Unter ihnen auch Maria Romano, eine frühere Patientin, die fast dreißig Jahre in dieser Anstalt lebte. Doch die Leitung der Klinik versucht, dieses Interview zu verhindern. Trotzdem findet es statt und die Kassetten, auf denen Maria ihre Lebensgeschichte erzählt, überdauern die Zeit.

London, 2008: Caroline ist ihren Freund und ihren Job los. Zeit, sich endlich auf das zu besinnen, was sie wirklich will. Eine eigene Firma für Innendesign wird ihr neues Ziel. Aber als Caroline das Haus ihrer Mutter aufräumt findet, sie einen wunderschönen Quilt, ein Erbstück von ihrer Großmutter. Schnell wird klar, dass nicht Großmutter Jean diesen Quilt angefertigt hat. Er ist ein Kunstwerk, gefertigt aus seltenen und kostbaren Stoffen, die einst für die Kleidung der Königsfamilie gedacht waren.

Woher kommt dieses außergewöhnliche Kunstwerk? Und welche Geschichte erzählt es? Caroline versucht, die Geschichte des Quilts in Erfahrung zu bringen. Aber sie wird viel mehr finden bei ihrer Spurensuche in der Vergangenheit.

Zwei starke Frauen

Die vergessenen Worte schlägt eine Brücke über fast einhundert Jahre. Der erste Teil der Geschichte beginnt etwa 1911, dazu kommen die Interviews mit der Protagonistin Maria 1970 und schließlich die Spurensuche Carolines im Jahr 2008. Dabei liegen die beiden Schwerpunkte der Geschichte in der Zeit von 1911 bis etwa 1950 sowie im Jahr 2008. Die Interviews jedoch, die praktisch diese beiden Schwerpunkte miteinander verbinden, sind regelrechte literarische Kabinettstückchen. Liz Trenow läßt hier Maria Romano selbst erzählen und es ist ihr gelungen, sich so wunderbar in diese Frau hinein zu versetzen, dass man sie beim Lesen förmlich vor sich sitzen sieht, dass man ihre Gefühle verstehen und nachempfinden kann. Allein durch die Sprache bekommt die fiktive Gestalt Maria eine sehr authentische Kontur, wird lebendig. Die kleine, zarte Frau wird dabei zu einer kraftvollen, emotionalen Gestalt, die beim Leser eine breit gefächerte Palette von Gefühlen hervorruft.

Die moderne Caroline hat auch so einige Probleme zu bewältigen und stellt sich ihnen mit viel Courage. Die Autorin gibt ihr im Verlauf des Romans die Chance, an diesen Problemen zu wachsen und eine Frau zu werden, mit der sich vermutlich viele Leserinnen gerne identifizieren.

Die Sprache der Stoffe und Motive

Liz Trenow berichtet in einem Interview, daß sie von einer erfahrenen Quilterin beim Schreiben beraten wurde. Den im Roman beschriebenen Quilt kann man im Internet auf www.liztrenow.com unter The forgotten Seamstress bewundern und es lohnt sich, diese Seite aufzurufen. Die Autorin hat sich offenbar sehr intensiv mit dem Handwerk beschäftigt und schreibt mit großer Sachkenntnis über die Herstellung, die Stoffe und auch über die Interpretation des Musters. Schon allein das ist hochinteressant. Außerdem bekommt der Leser die Chance, einen Blick auf die geradezu kriminalistische Arbeit von Textilrestauratoren zu werfen.

Der Autorin gelingt es, sehr schnell Spannung aufzubauen und diese Spannung auch bis zum Schluß zu halten. Sie entwickelt eine dramatische und glaubhafte  Geschichte voller Leid und Enttäuschung, aber auch voller Poesie und mit einem versöhnlichen Ausgang.

Gelungenes Gesamtpaket

Die vergessenen Worte ist ein wunderbar geschriebener, spannender und fesselnder Roman, ein echter Lesetipp, nicht nur für Handarbeitsfans. Auf ihrer Homepage schreibt die Autorin, dass die Covergestaltung der deutschen Ausgabe sie freudig überrascht hat, denn das Bild auf dem Cover zeigt ein Gebäude, welches sie sehr an eine psychiatrische Klinik in ihrem Umfeld erinnert. Offenbar hat der Blanvalet Verlag hier einen guten Griff gehabt. Am Ende des Buches findet sich ein Interview mit der Autorin und auf der Homepage des Verlages gibt es eine Anleitung zur Herstellung des Quilts aus dem Roman. Alles in Allem also ein rundherum gelungenes Gesamtpaket: Ein wunderbarer Roman im passenden Cover und mit ein paar feinen Extras. Spannung, große Gefühle und letztendlich auch gute Unterhaltung sind garantiert.

Die vergessenen Worte

Liz Trenow, Blanvalet

Die vergessenen Worte

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