Die Dirnen von Karthago

  • Heyne
  • Erschienen: Januar 2014
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  • Heyne, 2014, Titel: 'Die Dirnen von Karthago', Originalausgabe
Die Dirnen von Karthago
Die Dirnen von Karthago
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Annette Gloser
851001

Histo-Couch Rezension vonOkt 2014

Viele, viele Fädchen ...

Karthago, im Jahre 227 vor Christus. Vor dem Tempel der Tanit werden zwei tote Huren gefunden, grausam verstümmelt. Karawanen aus dem Süden sind überfällig und Gerüchte über einen Aufstand kursieren in der Stadt. Bomilkar, Herr der Wächter, hat reichlich Arbeit auf dem Tisch: Viele kleine Vorkommnisse, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben, die bei Bomilkar aber dieses gefahrverheißende Prickeln im Nacken auslösen. Und dann erscheint auch noch eine Dame in seiner Amtsstube, die in der karthagischen Unterwelt eine wichtige Rolle spielt. Sie berichtet über Machtkämpfe unter den Verbrecherbanden der Stadt. Der oberste Wächter von Karthago hat das Gefühl, dass irgendwie alles zusammen hängt. Aber er kann es nicht beweisen. Und all die vielen kleinen Details wollen sich einfach nicht zusammen fügen und Bomilkar kommt mit der Aufklärung der Verbrechen nicht voran. Da fordert ein empörter Jungpolitiker, den Herrn der Wächter für sein Versagen zu kreuzigen. Karthagos Rat stimmt der Forderung zu. Nur eine Frist von fünf Tagen bleibt Bomilkar, um den Fall zu lösen und so der Vollstreckung des Urteils zu entgehen.

Quereinstieg möglich

Möglicherweise ist es einfacher, über eine Stadt zu schreiben, die heute noch existiert. Aber Gisbert Haefs kennt sich vermutlich im alten Karthago mittlerweile ähnlich gut aus wie in seiner Heimatstadt. Immerhin ist Die Dirnen von Karthago bereits der vierte Histo-Krimi mit dem Wächter-Chef Bomilkar als Detektiv. Und das Wissen des Autors um das Leben in der mittlerweile ausgelöschten und später von den Römern selbst wieder aufgebauten Stadt schlägt sich im Roman nieder. So erfährt man als Leser sehr viel über das Alltagsleben, von Ess- und Trinkgewohnheiten über Kleidung bis zur Ausstattung von Wohnungen, über Feiern und Handwerk. So malt der Autor ganz nebenbei ein Genrebild der Stadt, was seinen ganz eigenen Reiz, unabhängig vom Krimi, hat. Das verleiht dem Buch viel Atmosphäre und lässt eine bunte, greifbare Welt entstehen, in die ein Leser eintauchen kann.

Dabei ist es auch nicht notwendig, die vorhergehenden Bände der Krimi-Reihe gelesen zu haben. Man findet auch als Quereinsteiger schnell in den Roman hinein, lernt seine Protagonisten kennen und bekommt eine gute Vorstellung vom Leben in Karthago. Dabei begegnet Bomilkar den Lesern nicht als der bei vielen Autoren beliebte Eigenbrötler mit Hang zum Alleingang. Im Gegenteil. Der karthagische Polizeichef ist ein echter Teamplayer und ein Mann, der Aufgaben an den richtigen Mann in seinem Team abgeben kann. Das macht ihn ebenso sympathisch wie seine intensiv gelebte Liebe zu der schönen Handwerkerin Aspasia. Neben Bomilkar und seinen eindeutig positiv besetzten Kollegen gibt es dann noch die ganz Bösen und ein paar zwielichtige Gestalten. Alles in allem ist dieses Karthago also ein hübsches Sammelsurium an Protagonisten für eine interessante Geschichte.

Für Puzzlefreunde

Es passiert ja auch so allerhand. Allerdings ist es für den Leser mindestens genauso schwer wie für Bomilkar, das Geschehen zu ordnen und zu durchschauen. Und wenn einen auch gegen Ende so eine Ahnung beschleicht, so kriegt man doch die vielen Fädchen nicht zu einem Teppich geknüpft, der ein klares Bild sehen lässt. Oder, um ein moderneres Bild zu gebrauchen: Die vielen Puzzleteile, die da auf dem Tablett liegen, wollen einfach nicht zueinander passen. Dabei ist man doch als Leser ständig dabei, wenn Bomilkar nachdenkt, aber der kommt ja irgendwie auch erst ganz zum Schluß auf die Lösung. Das könnte durchaus aufregend sein, allerdings flacht der Spannungsbogen zwischendurch gelegentlich ab. Nicht so sehr, dass man gelangweilt das Buch zur Seite legen möchte, aber man hat das Gefühl, dass eigentlich nichts so richtig vorwärts geht und wird ungeduldig. Trotzdem kann man dem Roman das Attribut spannend bescheinigen.

Interessant ist die Sprache, die Haefs seine Protagonisten sprechen läßt. Man fragt sich unwillkürlich, ob die alten Karthager tatsächlich solche Formulierungen gebrauchten. Und der oft bissige Humor, den Bomilkar und seine Untergebenen pflegen, ist ein echtes Highlight. Beim Lesen kann man sich das Grinsen oft nicht verkneifen.

Unterhaltsam und spannend

Die Dirnen von Karthago bietet Unterhaltung, Spannung und ein außergewöhnliches Sujet. Der Roman ist bei Heyne als Hardcover erschienen, der Schutzumschlag mit dem stimmungsvollen Bild einer antiken Stadt versehen, das gut zum Inhalt des Romans passt. Und es ist nicht ausgeschlossen, daß Leser von diesem Roman angefüttert werden, um sich die vorhergehenden Bände der Reihe auch zu besorgen. 

Die Dirnen von Karthago

Gisbert Haefs, Heyne

Die Dirnen von Karthago

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