Die Säulen des Zorns

  • Gmeiner
  • Erschienen: Januar 2014
  • 2
  • Gmeiner, 2014, Titel: 'Die Säulen des Zorns', Originalausgabe
Die Säulen des Zorns
Die Säulen des Zorns
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Karin Speck
891001

Histo-Couch Rezension vonAug 2014

Wie aus der Stiftung einer Fahne ein neuer Brauch entstand

Staufen in den Jahren 1649/50. Die Bewohner des Ortes haben gerade die Pest und den Dreißigjährigen Krieg hinter sich gebracht, als der Reichsgraf Hugo zu Königsegg beschließt, den ledigen Jungen eine Fahne zu stiften. Diese Fahne beinhaltet auch einen großen Umzug und ein Festmahl. Die Burschen sollen extra dafür einen Fähnrich aus ihren Reihen wählen und den großen Tag organisieren. Zur gleichen Zeit wird ein junger Mann tot aufgefunden. Er ist grausam verstümmelt und die Frage kommt auf, wer mordet hier und warum? Hat es etwas mit der Stiftung des Grafen zu tun? Als wenn dies alles noch nicht schlimm genug wäre, verschwindet auch noch eine junge Frau spurlos. Ein Schuldiger wird auch schnell festgesetzt. Jockel Mühlegg ist ein Tagelöhner und Schwarzfischer. Er eignet sich hervorragend als Schuldiger, aber ist er auch schuldig?

Ein dritter Band mit zu vielen Wiederholungen aus den Vorgeschichten

Der Autor weißt gleich zu Beginn darauf hin, dass dieser dritte Band der Trilogie durchaus einzeln lesbar ist. Die Handlung beginnt hier ca. 15 Jahre später, somit ist einiges an Zeit vergangen und schließt nicht direkt an die Vorgängerbücher an. Der Prolog ist dann auch mehr eine Inhaltsangabe der Vorgängerbände. Während des Lesens wird man schnell feststellen, dass genügend Rückblenden vorhanden sind, sodass man problemlos zurechtkommt. Es wird immer wieder auf das Pestjahr 1635 hingewiesen, darauf, dass es 706 Tote gab und zudem auch noch 69 Menschen ermordet wurden. Diese Zahlen prägen sich dem Leser einfach ein, so oft werden sie wiederholt. Auch die Protagonisten, die schon bei Die Pestspur oder Der Peststurmy dabei waren, werden hier ausführlich vorgestellt, somit werden die Zusammenhänge gut geklärt. Es ist schon fast ein bisschen zu viel Wiederholung dabei, dies stört ein wenig den Lesefluss.

Viel Alltägliches, ein paar Morde und ein neuer Brauch

Wucherer hat hier ein großes Bild der damaligen Zeit gezeichnet, sich dabei aber auch ein wenig verloren. Es werden einige Ereignisse oder einfache Dinge des Lebens ausführlich beschrieben. Zum Beispiel wird der Henker, im benachbarten Ort Immenstadt, Carnifex genannt, was sicher interessant ist, der Autor schildert aber auch über Seiten, warum dies so ist und was es mit dieser Besonderheit auf sich hat. Eigentlich verfährt er so mit jedem Protagonisten, der für die Geschichte halbwegs interessant ist und verliert sich dadurch zu sehr im Detail. Genauso ist es mit den alltäglichen Dingen des Lebens, er wird nicht müde darauf hinzuweisen, dass die Nahrungsbeschaffung oder Brennholzbeschaffung ein schwieriges Thema zu der Zeit war. Sicher alles für sich sehr interessant und das Gesamtbild, welches der Autor damit schafft, auch gut gelungen, leider lenkt es dann aber doch zu sehr von dem eigentlichen Thema, nämlich den Morden rund um Staufen ab. Wobei auch die Morde und dieser Krimi nur schmückendes Beiwerk sind, denn eigentlich geht es hier um die Fahnenstiftung des Reichsgrafen zu Königsegg-Rothenfels im Jahre 1635. Hier im Roman hat der Autor die Fahne allerdings erst im Jahre 1650 den Staufern übergeben. Wer hätte schon gleich, nach dem die letzte Pesttote begraben war, so ein Fest feiern wollen und vor allem von was. Das Entstehen dieses Brauches des Fahnenschwingens und den damit verbundenen Fasnatziestag ist interessant zu lesen, auch wenn der Autor nicht müde wird, dies bis ins Detail zu erzählen. Es ist nachvollziehbar und glaubhaft und zudem auch interessant.

Liest sich fast wie eine Chronik

Einen eigentlichen Helden gibt es auf diesen Seiten dann auch nicht wirklich, irgendwie sind alle Charaktere für das Gesamtbild wichtig. Eine Zeit lang darf der Leser Jockel Mühlegg begleiten, er ist der arme Sünder, der hier im Kerker landet und an dem Wucherer sehr schön die Foltermethoden der Zeit beschreibt. Mit dem Richter Waldvogel gibt er einen schönen Einblick wie damals Gericht gehalten wurde und vor allem wie Recht gesprochen wurde. Der Gegenpol dazu ist vielleicht Lodewig Dreyling von Wagrain, er ist der Kastellan des Schlosses in Staufen und versucht die Morde aufzuklären, ohne dabei zu merken, dass er selbst im Fokus des Täters steht. Dies sind aber nur ein paar Beispiele der Protagonisten, es gibt so viele, positive wie negative, sehr spannende Charaktere, sowie auch welche, die nur schmückendes Beiwerk sind, um sie alle aufzuzählen. Der Erzählstil des Autors ist dabei so angelegt, dass man das Gefühl bekommt, eine Chronik zu lesen. Eine richtige Beziehung zu den Protagonisten aufzubauen, fällt dabei etwas schwer.

Die Aufmachung dieses Taschenbuchs hat es dann auch in sich, es gibt eine Karte von Staufen aus dem 17. Jahrhundert sowie eine Karte des Schlosses zu Staufen. Am Ende befindet sich ein ausführliches Personenregister, indem die Protagonisten beschrieben werden und gekennzeichnet sind, wer historisch nachweisbar ist. Ein großes Glossar der fremden Begriffe ist auch vorhanden und beim Lesen durchaus hilfreich. Insgesamt genommen zeichnen Die Säulen des Zorns ein schönes Bild dieser Zeit. Es wird deutlich, wie schwer das Leben vor allem so kurz nach dem Dreißigjährigen Krieg war, wie schwer es die Menschen überhaupt zu dieser Zeit hatten. Hat man sich einmal eingelesen, macht es auch Spaß der Geschichte zu folgen und die Prise schwarzen Humors, die Bernhard Wucherer mit einfließen lässt, trägt bestimmt dazu bei. 

Die Säulen des Zorns

Bernhard Wucherer, Gmeiner

Die Säulen des Zorns

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