Der Bund der Okkultisten

  • Gmeiner
  • Erschienen: Januar 2014
  • 1
  • Gmeiner, 2014, Titel: 'Der Bund der Okkultisten', Originalausgabe
Der Bund der Okkultisten
Der Bund der Okkultisten
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Annette Gloser
751001

Histo-Couch Rezension vonMär 2014

Die böse 13 schlägt zu!

Eine glamouröse Gesellschaft hat sich zum Ende des Jahres 1865 auf Schloß Buckow in der Märkischen Schweiz zur Silvesterparty zusammen gefunden. Polizeikommissar Gideon Horlitz jedoch ist leider verhindert. Seine Einladung hat er an die beiden Jurastudenten Albrecht Krosick und Julius Bentheim abgetreten, die nun das Vergnügen haben, an der mit einem erlesenen Menü bestückten Tafel des Barons von Falkenhayn und der nachfolgenden Séance teilzunehmen. Niemand ahnt, daß es noch in dieser Nacht einen Toten geben wird, ein Opfer eines grausigen Unfalls – zumindest will es so scheinen. Die Ursache für das Unglück ist jedenfalls von der Presse schnell ausgemacht: Dreizehn Männer haben an der Séance teilgenommen, eine Unheil verkündende Zahl, da muß es einfach Tote geben!

Albrecht Krosick amüsiert sich über den Aberglauben und gründet umgehend einen Klub der Okkultisten, selbstverständlich mit exakt dreizehn Mitgliedern. Diese Mitglieder rekrutiert er zum Teil auch unter den Gästen der Sivesterfeier. Bald jedoch gibt es den nächsten Toten und nun ist endgültig ausgemacht, daß die böse Dreizehn wieder zugeschlagen hat. Diesmal allerdings handelt es sich eindeutig um einen Mord und nun ist der Schnüffelinstinkt der beiden Jurastudenten angekurbelt. Die Suche nach dem Mörder wird für Julius Bentheim allerdings auch zum Ablenkungsmanöver von seinem persönlichen Kummer. Denn nur wenige Monate zuvor hatte er geglaubt, die große Liebe gefunden zu haben – sie allerdings auch umgehend wieder verloren. Nun plagt ihn die Sehnsucht nach seiner Filine. Aber nicht nur die Mordermittlung lenkt ihn von seinem Liebeskummer ab, denn da ist auch noch die sinnliche Adele, eine Verlockung, die immer wieder seinen Weg kreuzt.

Unter’n Linden, Unter’n Linden...

Der Autor zeichnet mit seinem Berlin-Krimi ein interessantes Bild der Berliner Mittelschicht Mitte des 19. Jahrhunderts. Da Krosick und Bentheim auch im Salon der bekannten Fanny Lewald verkehren, hat der Leser die Chance, auch hier ein wenig hinter dem Vorhang zu stehen und die Szenerie zu beobachten. Theodor Fontane geistert ebenso durch die Seiten wie der preußische Generalfeldmarschall von Moltke und Rudolf Virchow. Hier sind Öhri einige durchaus interessante Persönlichkeitsskizzen gelungen. Bentheim und Krosick als Hauptprotagonisten sind ebenfalls lebensnahe Charaktere, deren Zeichnung in die Tiefe geht und von denen der Leser ein greifbares Bild bekommt. Schwieriger wird es allerdings bei Filines Vater, Pastor Bentheim, oder auch der Vorsteherin des Klosters Lindow, Mutter Caritas. Sie scheinen so überzeichnet, daß es schon fast an Karikatur grenzt. Dennoch bietet das Personal in diesem Roman einen hübschen Querschnitt durch das Berliner Leben.

Der Einblick in das Alltagsleben um 1865 ist für den Zweck eines Krimis durchaus ausreichend, auch das Soldatenleben wird so geschildert, daß der Leser eine gute Vorstellung davon bekommt. Problematisch und offenbar ebenso ins Extreme getrieben wie die Person der Vorsteherin erscheint dagegen die Schilderung von Filines Leben im Kloster/ Damenstift Lindow. Abgesehen davon, daß das Klostergebäude bereits im Dreißigjährigen Krieg zerstört wurde, also Mitte des 19. Jahrhunderts nur noch als Ruine mit fünf Bewohnerinnen stand, verlegt Öhri das Kloster kurzerhand an den Stechlinsee und macht ein florierendes Damenstift daraus – ein Unding für den lokalpatriotischen Lindower. Die Regeln, die in diesem Stift herrschen, scheinen allerdings eher klösterlich katholisch zu sein – bei aller Prüderie kaum zu glauben, daß ein bigotter reformierter Pfarrer seine Tochter dort erziehen lässt. Und der selbstverständlich ebenfalls lokalpatriotische Berliner fragt sich natürlich, wo um alles in der Welt Öhri in der protzigen Dorotheenstadt und in direkter Nachbarschaft der Prachtstraße Unter den Linden eine enge Gasse mit Mietskasernen gefunden hat.

Durchaus spannend

Zwar muß nicht immer alles Mord sein, was vielleicht für einen Mord gehalten wird, die eine oder andere Leiche ist jedoch trotzdem in diesem Roman gelandet. Bentheims Tätigkeit als Tatortzeichner ist dabei auch eine erfreuliche Bereicherung im Repertoire der historischen Krimis. Allerdings scheint zumindest in diesem Band Kosick der agilere und auch kritischere Part des Duos zu sein. Ob allerdings die Erkrankung, welche in diesem Krimi zur Motiv-Lieferantin für Mord und andere Todesfälle wird, im Jahre 1865 tatsächlich schon benennbar und erforscht war, sei dahingestellt. Man kann sich als Leser ja auch einfach mal denken, daß der Autor es bestimmt weiß.

Ein wenig Sex kommt auch mit ins Spiel, so daß es nicht ganz so dröge bei der innigen Sehnsucht Bentheims nach seiner unerreichbar scheinenden Geliebten Finchen bleibt. Dem gelegentlich etwas skrupellos agierenden Krosick sei Dank. Und so liest sich alles recht flott und über weite Strecken recht spannend. Nur Filines melodramatische Geschichte ist so gar erschröcklich, man hat schon Schwierigkeiten, sie zu glauben. Und die leidende Nichtmehrjungfrau ist zwischendurch immer mal wieder auch ein echter Spannungskiller. Letztendlich ist es auch nicht der leidende Liebhaber Bentheim sondern Krosick, der auf die entscheidenden Zusammenhänge und die Lösung für die Mordfälle kommt. Aber warum er auf die entscheidende Idee kam – das ist schwer nach zu vollziehen. Schade eigentlich.

Keine Buckower Elegien

Armin Öhri liefert mit Der Bund der Okkultisten einen interessanten Krimi ab, kleine Ecken und Kanten seien ihm gerne verziehen. Leser, die sich für das Leben im Berlin des Jahres 1865 interessieren, sind hier richtig. Das Büchlein aus dem Gmeiner Verlag kann unterhaltsame Stunden bescheren. Unverständlich allerdings, warum das Cover von einem Phantasieschloß geschmückt wird, gibt es doch originale Bilder vom längst abgerissenen Schloß Buckow. Soviel Tatortnähe sollte der Verlag den Lesern doch gönnen.
Ansonsten ist dieser Krimi durchaus eine Empfehlung wert, für Berlin-Fans und für Histo-Krimi-Fans.

Der Bund der Okkultisten

Armin Öhri, Gmeiner

Der Bund der Okkultisten

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