Rosé Pompadour

  • Bebra
  • Erschienen: Januar 2013
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  • Bebra, 2013, Titel: 'Rosé Pompadour', Originalausgabe
Rosé Pompadour
Rosé Pompadour
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Carsten Jaehner
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Histo-Couch Rezension vonOkt 2013

Der Preußenkönig sitzt in der Bastille ein!

Im Juli 1755 ist Friedrich der Grosse inkognito durch Frankreich unterwegs in Sachen Kultur. Mit in seiner Kutsche sitzt neben zwei weiteren Begleitern auch sein Zweiter Hofküchenmeister Honoré Langustier, hier als Honorius von Toepffer unterwegs. Nach einer Unachtsamkeit der Insassen kippt die Kutsche um, und zufällig kommt die Kutsche des Comte de Vavigny, eines Protegés der Madame Pompadour, vorbei und nimmt die Herren mit nach Versailles, wo er dafür sorgt, dass sie dem König beim Essen seines Eis zuschauen dürfen.

Da ein Dame kollabierte, kümmert sich Langustier alias von Toepffer um sie, während der König Friedrich, alias Graf Le Constant, als kleiner Mann direkt in der ersten Reihe steht und Ludwig XV. beim Speisen zusieht. Da fällt der Mann neben Friedrich tot um, erstochen, und Friedrich wird mit seinen beiden anderen Begleitern verhaftet und unter Mordverdacht in die Bastille gebracht.

Der König unter Mordverdacht

Langustier beginnt mit den Ermittlungen, um seinen König vor der Guillotine zu bewahren und den Mord aufzuklären. Dabei gerät er nicht nur in die wirren Intrigen am Hofe des französischen Königs um die bereits von Majestät "abgelegte” Madame Pompadour, sondern auch in höchstkönigliche Kochangelegenheiten in Paris. Allmählich kommt er dem Leben und Schaffen des Opfers, einem Schriftsteller und Mitarbeiters an Diderots großer Enzyklopädie, auf die Spur, und der Mord zieht weitere Kreise als zunächst vermutet...

In seinem nunmehr zwölften Fall, wenngleich der Chronologie folgend erst der dritte Fall, des geschätzten Zweiten Hofküchenmeisters Honoré Langustier am Hofe des Königs in Preußen Friedrich II. genannt dem Großen, gibt es erstmals einen Mord zu lösen, der nicht in Brandenburg, sondern in Frankreich während einer Inkognito-Reise stattfindet. In einer Zeit, wo die Antlitze der Herrscher nicht übermäßig bekannt waren, nicht einmal unter den Herrschern selbst, waren solche Reisen sowohl noch möglich als auch nachgewiesen beliebt, wenn man nicht gerade zu dusselig war und sich verquatschte und aufflog.

Doch was nützt das beste Pseudonym, wenn man als Mordverdächtiger im Essenssaal des Königs verhaftet wird? Friedrich wird in die Bastille gesperrt, und Langustier beginnt zu ermitteln. Doch ist das alles Zufall oder ein von Vornherein abgekartetes Spiel, wo jeder dieser zufälligen Schritte sorgfältig geplant und intrigiert wurde? Das würde bedeuten, dass man von Anfang wusste, dass Friedrich in Versailles und in Paris ist. Ein kompliziertes Konstrukt, das sich Langustier dort eröffnet.

Mit Witz und Historie

Doch Autor Tom Wolf behält den Überblick und verfolgt das Geschehen in Versailles um den berühmten Koch mit viel sprachlichem Witz und Delikatesse. Da Majestäten ja auch in Preußen normalerweise französisch parliert, sind die beliebten Bonmots, die ihm sonst im Deutschen schon einmal herausrutschen, leider viel zu unterrepräsentiert, aber das tut der launigen Geschichte keinen Abbruch. Wie in allen anderen Fällen auch präsentiert sich die Reihe wiederum mit Witz und viel Historie und sprachlich passend zur beschriebenen Zeit.

Neben den bekannten Figuren trumpft Wolf auch dieses Mal wieder mit einer gelungene Mischung aus fiktiven und realen Charakteren auf, die alle im Vorfeld des Romans im Personenverzeichnis aufgeführt und gekennzeichnet sind. Doch dieses Mal gibt sich die Prominenz mehr als je zuvor die Klinke in die Hand. Neben dem französischen König Ludwig XV. und seiner bereits verflossenen Geliebten und doch noch omnipräsenten Madame de Pompadour sind dies Köpfe wie Diderot, Maupertuis, Rousseau, der Archäologe Barthélemy und der Mathematiker d’Alembert, die hier mehr oder weniger häufig die Wege des Ermittler kreuzen. Doch auch hier hat der Autor die eine oder andere Überraschung parat, die vielleicht selbst geneigten Historikern und Freunden historischer Kriminalromane aus der Zeit der Aufklärung (auch dieser Begriff fällt, und die sich darob verdrehenden Augen zeugen von der Beliebtheit des Wortes) unbekannt sind.

Launige Erzählung

Der Kriminalfall selbst scheint zu Beginn recht schnell lösbar, und man hat das Gefühl, dass Langustier auf das einfachste und naheliegendste nicht kommt, doch lässt sich der Leser hier vielleicht doch zu arg vom Autor täuschen, der es dem Leser dann doch nicht so einfach macht. Zwar kann man auf gut 250 Seiten Kriminalfall inklusive ausführlicher Zubereitung eines großen Abendessens in mehreren Gängen für18 Personen keine allzu komplizierte Lösung erwarten, aber der Autor beweist geschickt, dass er nicht das erste Mal einen spannenden und launigen Fall präsentiert.

Tom Wolf spickt den Roman wieder mit kleinen historischen Geschichtchen, Anekdoten und Kuriositäten, die er alle wie gewohnt im lesenswerten, ausführlichen Anhang auf zwanzig Seiten darlegt und erklärt. Gekonnt hat er sie zuvor in den Roman eingeflochten, und so manches Kopfschütteln über die überbordende Fantasie des Autors wird hier widerlegt. So macht fiktiver Geschichtsunterricht Spaß, und mit Rosé Pompadour findet der Autor wieder auf den Pfad des gelungenen Preußenkrimis.

Langustiers Zwölfter Fall ist sprachlich wie inhaltlich eine Freude für jeden Interessenten an historischen Kriminalromanen, und bei dieser Lektüre kann wirklich nicht viel falsch machen. Mit Lust (im wahrsten Sinne des Wortes) und Laune (sowohl bei den Mitwirkenden als auch beim Leser) wird dem Leser ein Frankreich der Aufklärung in höchsten Kreisen präsentiert, das keinen Wunsch offen lässt, lehrreich und amüsant ist und den Trieb weckt, sich die bisher erschienen Fälle auch noch einmal vorzuknöpfen. Möge der Starkoch seiner Zeit noch viele Gelegenheiten bekommen, seine (beiden) Fähigkeiten unter Beweis zu stellen.

Rosé Pompadour

Tom Wolf, Bebra

Rosé Pompadour

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