Palast der Schatten

  • Gmeiner
  • Erschienen: Januar 2013
  • 3
  • Gmeiner, 2013, Titel: 'Palast der Schatten', Originalausgabe
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Rita Dell'Agnese
931001

Histo-Couch Rezension vonAug 2013

Den Schrecken des Krieges erleben

Kurzgefasst:

1914. Ein kleines Stadtkino zur Zeit des Stummfilms. Der Filmerzähler Theo und die Kinopianistin Carla verlieben sich leidenschaftlich. Beide gehen völlig in ihrer Arbeit auf, doch ihr Glück wird überschattet von Carlas verhängnisvoller Vergangenheit. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges reißt das Paar auseinander und stellt seine Liebe auf dramatische Weise auf die Probe.

 

Es ist keine nette Lektüre, die Dagmar Fohl hier vorlegt. Die Autorin, die sich bereits mehrfach als ausgezeichnete Beobachterin psychischer Abgründe erwiesen hat, legt erneut einen Roman vor, der seine Leser stark fordert. Sie wählt dafür die Zeit unmittelbar vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Der junge Filmerzähler Theo betreibt ein kleines Stadtkino. Als er einen neuen Musiker sucht, der die Stummfilme begleitet, meldet sich die geheimnisvolle Clara bei ihm. Sie ist der Inbegriff von Theos Träumen. Hals über Kopf verliebt er sich in Clara und spürt, dass seine Gefühle erwidert werden. Einzig, dass er nichts über Claras Vergangenheit weiß, macht Theo zunehmend zu schaffen. Lange Zeit trotzt das Paar dem Umbruch der Zeit. Da muss Theo in den Krieg ziehen. Der empathische Mann kann sich schon dem Drill in der Kaserne kaum stellen, geschweige denn mit den Bildern umgehen, die in den Schützengräben auf ihn einstürmen. Der Krieg macht aus Theo einen anderen Menschen, zu dem Clara kaum mehr Zugang findet.

Sprache als Stilinstrument

Dagmar Fohl macht die Schrecken des Krieges auf eine Weise erlebbar, wie es nur wenigen Autoren gelingt. Sie nutzt dabei die Sprache als Stilmittel, setzt die Worte spärlich aber gekonnt ein und macht so das Grauen zu einem intensiven und beklemmenden Erlebnis. Mancher Leser mag mit dieser Form von Erzählung Mühe bekunden - sie lässt keinen Spielraum, um den düsteren Bildern auszuweichen und verlangt ein genaues Hinsehen. Die Autorin erspart dem Leser nichts - und bietet ihm dadurch eine Grundlage, sich mit den verschiedenen Facetten des Krieges auf eine neue Art und Weise auseinander zu setzen. Subtil führt sie den Leser durch die Vorkriegszeit und macht deutlich, wie die Menschen auf die politischen Ereignisse und den Ausbruch des Kriegs reagiert haben. Sie zeigt auch die verschiedenen Aspekte auf - so unter anderem den Versuch der Frauen, mit dem drohenden Verlust ihrer Liebsten umzugehen und sich ein Stück Normalität zu erhalten.

Ausgezeichnet aufgebaut

Obwohl nur gerade rund 240 Seiten lang, bietet Palast der Schatten nahezu alles, was man sich von einem nachhaltig wirkenden Roman wünschen mag. Es ist nicht nur eine spannende Epoche, die als Grundlage für die Geschichte dient, sondern mit dem Thema Stummfilm auch ein noch wenig ausgereiztes Thema. Die dunkle Vergangenheit Claras, die zwar immer wieder mitschwingt, aber verhältnismäßig spät Konturen bekommt, ist als Krimi-Element durchaus erkennbar, wenn sie auch nicht die absolut tragende Rolle im Ganzen spielt - obwohl der Roman als historischer Krimi angeboten wird. Auch die Liebe zwischen Clara und Theo ist zwar ein wichtiges Detail, nimmt aber nicht zu viel Raum ein. So stimmt die Mischung aller Aspekte wunderbar überein, wenn diese Aspekte auch die Zutaten für einen sehr düsteren Roman mit vorwiegend dunklen Farbschattierungen ist.

Starke Charakterzeichnung

Eine der Stärken Dagmar Fohls ist die Ausgestaltung ihrer Charaktere. Dabei legt sie nicht nur auf die Hauptfiguren Augenmerk, sie macht auch die Nebenfiguren zu interessanten Persönlichkeiten. Durch den sehr überlegten Einsatz von Sprache und Beschreibung lässt Dagmar Fohl ihre Protagonistin Clara beispielsweise lange sehr kühl und unnahbar bleiben, während Theo den Lesern auf eine fast schon spielerische Art näher kommt. Theos Umgang mit dem Film wird damit gleich zum doppelten Genuss: einerseits macht es ihn zu einem lebendigen Erzähler und Darsteller, andererseits erfährt der Leser auf eine angenehme Art viel über die Geschichte der frühen Kinos.

Palast der Schatten ist ein anspruchsvoller Roman, der sich weit ab von Mainstream bewegt. Aber gerade deshalb ist er ein tiefgründiger und nachhaltig wirkender Roman. Eine hervorragend gewählte Cover-Gestaltung rundet das Ganze optimal ab.

Palast der Schatten

Dagmar Fohl, Gmeiner

Palast der Schatten

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