Die Tote im Nebel

  • Gmeiner
  • Erschienen: Januar 2013
  • 2
  • Gmeiner, 2013, Titel: 'Die Tote im Nebel', Originalausgabe
Die Tote im Nebel
Die Tote im Nebel
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Birgit Stöckel
911001

Histo-Couch Rezension vonMär 2013

Ein märchenhaftes Lesevergnügen

Kurzgefasst:

Eine schwarzhaarige Tote am Flussufer, eine missgünstige Schwiegermutter, ein böser Wolf und eine geheimnisvolle Hexe. Die Professorentochter Sophie Dierlinger und ihr Vetter, der angehende Stadtphysikus Julius Laumann, gehen der Sache auf den Grund. Hilfe erhalten sie von dem jungen Wilhelm Grimm, der in Marburg studiert. Doch die Dinge sind nicht immer, wie sie scheinen. Hinter so manchem Volksmärchen steckt eine gefährliche Wahrheit.

 

Marburg Anfang des 19. Jahrhunderts: Unheimliche und furchtbare Dinge passieren in der Stadt. Vor den Toren der Stadt werden immer wieder Leute von einer furchtbaren Bestie, angeblich einem Wolf, angefallen und an den Flussufern wird eine junge Frau tot aufgefunden: Angeblich ertrunken und posthum von Tieren angefallen. Doch der junge Mediziner Julius Laumann, der zum neuen Adjunkten des alternden Stadtphysikus ernannt werden soll, hat seine Zweifel an dieser Erklärung. Auch seine Cousine Sophie, eine Freundin der Toten, glaubt nicht an ein Unglück. Zunächst getrennt, dann zusammen stellen die beiden Nachforschungen an, unterstützt von Wilhelm Grimm, einem Freund Sophies. Doch auf dem Weg zur Wahrheit geschehen noch weitere Todesfälle und es ergeben sich einige überraschende Wendungen.

Heike Wolf beschert mit ihrem zweiten historischen Roman und ihrem ersten Kriminalfall den Lesern unterhaltsame, verzaubernde und spannende Lesestunden.

Spannende Geschichte und überzeugende Figuren

Da ist zu einem der Krimiteil an sich. Der Autorin gelingt es, den Spannungsbogen kontinuierlich aufrechtzuerhalten. Auch wenn es einige Nebenstränge gibt, so führt der Weg doch immer wieder zu den Nachforschungen zurück, so dass man als Leser nie den roten Faden und vor allem nicht das Interesse verliert. Verdächtige gibt es einige, und dass das Naheliegendste nicht immer auch die Lösung ist, wissen erfahrene Krimileser natürlich. Doch trotzdem ist es nicht ganz einfach, die Dinge zu durchschauen und einige unerwartete Wendungen sorgen dafür, dass bis zum Schluss mitgerätselt werden kann. Die Geschichte um den "Bösen Wolf", der vor den Toren der Stadt sein Unwesen treibt, verleiht dem ganzen noch eine besondere Würze, denn man fragt sich beim Lesen, wie und ob die beiden Stränge zusammen hängen.

Besonders gelungen ist die Figurenzeichnung, die stets mehrdimensional und vielschichtig ist. Mit Sophie Dierlinger hat Heike Wolf eine eigenwillige, aber sympathische Protagonistin geschaffen. Von ihrem Vater sehr frei erzogen und zu eigenem Denken ermutigt, kann sie sich nach seinem Tod mit der veränderten Situation nur schwer abfinden und neigt zu Eigenmächtigkeiten, die ihr immer wieder Ärger mit ihrer Mutter einbringen. Doch der Wunsch, den Tod ihrer Freundin aufzuklären und den Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, ist stärker und, so bringt sie sich ein paar Mal in eine heikle Situation.

Ihr Cousin Julius ist ebenso gelungen charakterisiert, wenn auch etwas weniger sympathisch. Er tritt so auf, wie man sich einen Arzt früher (und manchmal auch heute noch) vorstellt: Arrogant, von sich überzeugt und herablassend den "Wald- und Wiesenärzten" gegenüber, wie er seine Kollegen in Marburg bezeichnet. Doch er lässt sich auch nicht leicht einschüchtern, auch nicht, wenn man ihm Steine in den Weg legt. Die Suche nach der Wahrheit und das Eintreten für seine Überzeugungen bringen ihm so manches Mal Ärger ein, doch die Tatsache, dass er nicht locker lässt, nimmt den Leser für ihn ein.

Ein Gastspiel der Brüder Grimm

Besonders interessant ist, dass auch die Gebrüder Grimm in der Geschichte auftreten. Wilhelm Grimm, für den Sophie nicht nur freundschaftliche Gefühle hegt, ist in seinem Auftreten sehr gewinnend und überzeugend. Sein älterer Bruder Jakob ist etwas verschlossener und knurriger, aber sehr beschützend Wilhelm gegenüber. Es macht auf jeden Fall Spaß, diesen beiden Persönlichkeiten, die heutzutage noch jedes Kind kennt, in der Geschichte zu begegnen.

Doch nicht nur die Gebrüder Grimm, sondern auch andere bekannte Persönlichkeiten, wie der Rechtsgelehrte Friedrich Carl von Savigny oder der Schriftsteller Clemens Brentano kommen vor. Diese Auftritte und die Dialoge zwischen den Personen bereichern und runden diesen Roman ab.

Überzeugender Sprachstil: Humorvoll und auch märchenhaft

Auch sprachlich versteht es Heike Wolf zu überzeugen. Ihre sehr bildhafte Sprache, angereichert mit schönen und reizvollen Vergleichen, ermöglicht es ihren Lesern, sich die Umgebung vorzustellen und die Stimmung wirklich mitzuempfinden. Besonders bei den Stellen außerhalb der Stadt kommt bei der Beschreibung der nebligen Wälder und Flussauen eine geradezu verwunschene Atmosphäre auf. Unterlegt ist das Ganze mit einem feinen Humor, der immer wieder an die Oberfläche bricht. Besonders vergnüglich sind auch die diversen Anspielungen auf die Märchen, die die Gebrüder Grimm schließlich in ihrer Märchensammlungen zusammen getragen und veröffentlicht haben.

Insgesamt bietet Die Tote im Nebel ein außergewöhnliches Lesevergnügen mit faszinierenden Charakteren und der besonderen Verwebung von Märchenhaftem mit dem Spannenden.

 

Die Tote im Nebel

Heike Wolf, Gmeiner

Die Tote im Nebel

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