Mir ist so federleicht ums Herz

  • Eichborn
  • Erschienen: Januar 2004
  • 1
  • Eichborn, 2004, Titel: 'Mir ist so federleicht ums Herz', Originalausgabe
Mir ist so federleicht ums Herz
Mir ist so federleicht ums Herz
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Carsten Jaehner
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Histo-Couch Rezension vonAug 2006

Musikalischer Lesespaß!

1777 in Augsburg, der Mozartstadt. Mozartstadt? Inzwischen dürfte es sich herumgesprochen haben, dass Mozart in Salzburg geboren wurde, warum also Augsburg? Nun, Mozarts Vater Leopold, ebenfalls Musiker und Komponist, wurde in Augsburg geboren und dessen Verwandte wohnen noch immer dort. Unter diesen Verwandten finden wir auch den Bruder von Leopold, Franz Alois, seine Frau und vor allem dessen Tochter. Diese Tochter, Maria Anna, ist demnach Wolfgangs Cousine, oder, wie man früher sagte, Base. Sie ist zwei Jahre jünger als Wolfgang und wird daher nur das "Bäsle" genannt.

Also: 1777 in Augsburg, der Mozartstadt. Wolfgang Amadeus ist 21 Jahre alt und nach der Entlassung aus seinen Diensten in Salzburg auf der Suche nach einer neuen Anstellung, die ihn bis Paris führen soll. Unterwegs nur mit seiner Mutter als Begleiterin, macht er vom 11. bis 26. Oktober Halt in Augsburg. Die Geldvorräte gehen zur Neige, Mozart muss Akademien, das heißt Konzerte, bestreiten, um den weiteren Verlauf seiner Reise sichern zu können. Nichts aber ist ihm verhasster als Geldangelegenheiten, für ihn zählt nur die Musik als solche, wenn es nach ihm ginge, würde er immer nur musizieren, wenn man ihn denn ließe.

Das einzige, was ihn in diesen Tagen aufmuntert, sind die Begegnungen mit Maria Anna. Sie ist so ganz nach seinem Geschmack, nicht auf den Mund gefallen, ausnehmend hübsch und gut gebaut. Schnell scheint sich zwischen den beiden mehr zu entwickeln, als erlaubt...

Detailreiche Ortskenntnisse

Peter Dempf ist Augsburger und hat daher einen Roman geschrieben, dem man von der ersten Zeile an anmerkt, dass er weiß, wovon er spricht. Detailreich, aber nicht überladen beschreibt er das Augsburg des Jahres 1777, und zwar nicht nur die Stadt selbst, sondern auch die etwas hochnäsige und langsame Mentalität ihrer Bewohner. Mozarts verhasster Kampf gegen die versnobten Stadtoberen ist köstlich zu lesen, leistet er sich doch hier und da den einen oder anderen Spaß.

Der Roman pendelt zwischen Mozarts Schwierigkeiten in Augsburg Geld zu verdienen und seiner Beziehung zu Maria Anna. Niemand darf von der aufkommenden Leidenschaft der beiden füreinander wissen, schon gar nicht die Eltern. Und ob derlei Ablenkung für einen geplanten Karrierestart hilfreich ist, ist auch fraglich. Dabei sträubt sich Mozart immer gegen die für ihn lästigen "Formalitäten", obwohl seine Mutter ihm damit ständig in den Ohren liegt. Und immer hört er im Inneren seinen strengen Vater, der über ihm lastet wie ein Fluch.

Mozarts Kampf gegen Ignoranten und Idioten

Mozart führt zwei Kämpfe auf einmal: Zum Einen versucht er in Augsburg zumindest genug Geld für ein Weiterfahrt zu verdienen und muss dafür bei ihm verhassten Menschen zu Kreuze kriechen. Da ihm das nicht liegt, beherrscht er das auch nicht richtig. Sein Vater konnte das besser, und dies ist auch der zweite Kampf: gegen den Vater, der nicht einmal anwesend ist, aber durch seine Mutter vertreten, die ihn darauf auch immer wieder aufmerksam macht.

Nach seiner Ankunft in Augsburg sucht Mozart den Stadtpfleger Langenmantel auf, der ihm zu seiner Akademie verhelfen soll. Dabei verläuft diese Begegnung leider nicht wie geplant. Langenmantel und vor allem sein Sohn stellen sich als bornierte Kerle heraus, die Mozart, das ehemalige "Wunderkind", lieber am langen Arm verhungern lassen, als sich tatsächlich darum zu bemühen ihm zu helfen. Andere Kontakte in Augsburg scheinen da vielversprechender, aber auch lukrativer? Dempfs Beschreibungen der Begegnungen zwischen Mozart und dem jungen Langenmantel sind sehr humorvoll zu lesen, liefern sich die beiden doch recht schlagfertige Rededuelle.

"Vetter, ihr seid ein Filou!"

Überhaupt ist Dempf sprachlich sehr gewandt. Wer je die Korrespondenzen von Mozart gelesen hat, weiß wie realistisch die Unterhaltungen und Formulierungen sind. Aber nicht nur in den Dialogen, sondern auch in anderen sprachlichen Facetten kennt Dempf sich aus und lässt die Sprache nur so fliegen. Das liest sich gut und flüssig und lässt einen das Buch nicht so schnell aus der Hand legen.

So realistisch wie seine Sprache ist auch die Charakterisierung Mozarts. Diese ist nicht neu, weil sie durch zahlreiche zeitgenössische Berichte belegt ist Mozart als kleiner, von den Pocken verunstalteter Zwerg ohne Ausstrahlung, der mal ernst, mal heiter-frivol auftritt. Aber Dempf versteht es geschickt, einen heiteren, schönen Roman aus bekannten Details zu weben, der nicht sonderlich anstrengend oder wissenschaftlich ist, aber doch amüsiert und unterhält.

Nicht nur für Musiker geeignet

Keine Angst, in diesem Buch werden keine musikalischen Fachbegriffe verwendet, es ist ein Lesevergnügen für Jedermann, nicht nur für Musiker und Musikliebhaber. Über Mozart wurde schon viel geschrieben, in dieser Form jedoch konnte man sich ihm nur selten nähern. Dabei ist die Begegnung zwischen ihm und dem Bäsle durchaus verbürgt, ob sie so wie beschrieben abgelaufen ist, ist nicht überliefert.

Ein schönes Buch, das zwar unspektakulär ist, aber ein gut zu lesender Roman über die Kunst und die Liebe und der Unstetigkeit von beidem.

Nachbemerkung:

Mozart und seine Cousine haben bekanntlich nicht geheiratet. Nach ihrer Abreise aus Augsburg fuhr Mozart mit seiner Mutter über Mannheim weiter nach Paris. In Mannheim lernte er seine spätere Frau Konstanze kennen, in Paris starb schließlich seine Mutter. Die erhaltenen Bäsle-Briefe entstanden in den zwei Jahren nach ihrer Begegnung.

Mir ist so federleicht ums Herz

Peter Dempf, Eichborn

Mir ist so federleicht ums Herz

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