Die Herrin der Rosen
- Lübbe
- Erschienen: Januar 2012
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- Lübbe, 2008, Titel: 'Lady of the Roses', Originalausgabe
Schick mir Liebe!
Kurzgefasst:
England 1456. Die Adelshäuser Lancaster und York kämpfen erbittert um die englische Thronfolge. Als Isobel an den lancastrianischen Hof von Königin Marguerite kommt, stehen die Verehrer Schlange. Doch Isobel hat nur Augen für einen: Sir John Neville, einen Ritter aus dem verfeindeten Hause York. Während rings um sie ein erbarmungsloser Krieg tobt, kämpfen John und Isobel um ihre Liebe ...
Mitte des 15. Jahrhunderts. Lady Isobel Ingoldsthorpe ist fünfzehn Jahre alt. Ihre Eltern sind früh verstorben, die letzten Jahre hat sie in einem Kloster verbracht. Als Mündel der "französischen" Königin Marguerite ist Isobel ein wertvolles Gut. Ihre Verheiratung wird der englischen Krone viel Geld einbringen, denn die junge Dame ist die Erbin großer Ländereien. Als Isobel jedoch aus dem Kloster nach London reist um sich der Königin vorzustellen, trifft sie während eines Festes auf John Neville, Lord Montagu, den Bruder des berühmten und beliebten Earl of Warwick.
Isobel und John verlieben sich ineinander. Aber es besteht keine Hoffnung, daß diese Liebe auch Erfüllung finden kann. Als Neville ist John dem Herzog von York verpflichtet, Isobel dagegen muß als Mündel der Königin dem Hause Lancaster ergeben sein. Keine Bitte Isobels kann das Herz der Königin erweichen.
Gegen große Widerstände und auch unter enormen finanziellen Opfern gelingt es der Familie Neville, die Hochzeit zwischen John und Isobel durchzusetzen. Die beiden lieben sich und sind glücklich miteinander. Aber überdeutlich sind die Anzeichen für einen Krieg zwischen der roten und der weißen Rose und obwohl Isobel der Königin ihr Lebensglück zu verdanken hat, kann sie nicht übersehen, daß Marguerites Günstlingswirtschaft England in den Ruin führen wird. Die Männer des Hauses Neville ziehen in den Krieg für ihren Dienstherren und nicht alle werden aus den Schlachten zurückkommen. Isobel aber hat einst einen Handel mit Gott abgeschlossen: Schick mir Liebe, hatte sie gebeten, schick mir Liebe, dann darfst du mir auch großen Kummer schicken. Die große Liebe zwischen Isobel und John trägt sie beide durch die Zeit. Als jedoch Edward of York den englischen Thron besteigt und Elisabeth Woodville heiratet, muß Isobel erkennen, daß die neue Königin eine gnadenlose Feindin des Hauses Neville ist.
Mal wieder die Rosenkriege!
Mit Die Herrin der Rosen ist ein weiterer Roman über eine starke Frau aus der Zeit der Rosenkriege im Buchhandel. Und es ist ein Roman, den zu lesen sich wirklich lohnt. Sandra Worth stellt mit John Neville und seiner Gemahlin Isobel Ingoldsthorpe zwei fast unbekannte Protagonisten in den Mittelpunkt der Romanhandlung und umspannt die Zeit von 1456 bis 1471. Zwar ist John als Soldat in die Kampfhandlungen des Krieges eingebunden, jedoch steht Isobel so weit außerhalb der politischen Brennpunkte, daß sie einen recht klaren Blick auf das Geschehen behält. Und so schildert der Roman zwar eine große Liebe, gerät dabei jedoch nicht zur süßlichen Schmonzette sondern wird zur Spiegelung schwerer politischer Unruhen und zur Schilderung eines harten Kampfes um das persönliche Glück. Aus der Perspektive der nicht unmittelbar Betroffenen kann Isobel als Ich-Erzählerin all jene Dinge berichten, die letztendlich zum Zusammenbruch des Hauses Lancaster führten, die das Haus York an die Macht brachten, und kann den Anfang vom Ende der weißen Rose erzählen.
Über John Neville ist nur wenig historisch verbürgt, jedoch wurde er von Zeitgenossen als ehrenhafter Ritter beschrieben. Darauf beruft sich die Autorin und interpretiert die historischen Fakten so, daß sie ihn letztendlich in einen gnadenlosen Loyalitätskonflikt geraten läßt, der ihn und die gesamte Familie Neville zu zermalmen droht.
Nicht mittendrin, aber immer dabei
Der Roman ist spannend von der ersten bis zur letzten Seite. Sandra Worth schreibt detailgetreu und historisch korrekt. Das betrifft sowohl die kleinen Dinge, wie z.B. den Alltag auf einer Burg, als auch die Schilderung historischer Geschehnisse oder Persönlichkeiten. Die großen Emotionen des Liebespaares John und Isobel werden dem Leser nahegebracht und sind nachvollziehbar. Sie begleiten durch den gesamten Roman, jedoch ist hier nicht der historische Hintergrund nette Staffage für Herzschmerz, sondern die Liebesgeschichte bietet dem Leser die Möglichkeit, ein Stück englische Geschichte aus einer ganz besonderen Perspektive mit zu erleben. Dabei ist man eigentlich nie "mittendrin", denn auch die Erzählerin Isobel ist nur selten an den Brennpunkten des Geschehens und muß auf Nachrichten warten, die ihr weiteres Geschick bestimmen werden. Stattdessen lässt sie den Leser jedoch Anteil haben an ihrem Leben und an ihren Gedanken, an ihren Beobachtungen und Ängsten.
Die Protagonisten haben Tiefe und unverwechselbare Charaktere, selbst Nebenrollen werden von der Autorin glaubhaft und feinfühlig gestaltet. Damit entsteht ein buntes, greifbares Panorama, welches es dem Leser ermöglicht, mit allen Sinnen in diese ferne Zeit einzutauchen.
Eine Perle, leider versteckt
Sandra Worth gibt ihren Lesern hilfreiche Stammbäume der wichtigen Familien mit auf den Weg. Die Anmerkungen der Autorin im Anhang des Buches lohnt es zu lesen und ein Personenverzeichnis erleichtert ein wenig die Orientierung im Wirrwarr der historischen Persönlichkeiten.
Allerdings hat der Bastei- Lübbe Verlag das Buch mit einem grässlichen Cover ausgestattet. Eine in gelbe Seide gehüllte abgeschnittene Frauengestalt, in einem Kleid, das wohl frühestens vierhundert Jahre nach der Romanhandlung tragfähig war... Das Ganze sieht aus wie ein Groschenroman und dürfte in Verbindung mit dem recht schwülstig klingenden Titel tatsächlich historisch interessierte Leser eher abschrecken und sie veranlassen, dieses wunderbare Buch gar nicht erst in die Hand zu nehmen. Diese Gestaltung wird dem Inhalt des Buches nicht gerecht.
Und dabei ist Die Herrin der Rosen eine Perle, die bei allen, die sich für englische Geschichte und speziell für die Rosenkriege interessieren, im Regal stehen sollte. Eine versteckte Perle, die zu entdecken sich lohnt.
Sandra Worth, Lübbe
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