Mandrifolie 1

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  • Erschienen: Januar 2011
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  • , 2011, Titel: 'Mandrifolie - Eine Tochter Zar Nikolaus II. von Russland (Band 1)', Originalausgabe
Mandrifolie 1
Mandrifolie 1
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Daniela Loisl
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Histo-Couch Rezension vonSep 2012

Das Schicksal der Romanows mit den Augen einer der letzten Zeitzeugen

Kurzgefasst:

Grossfürstin Maria Nikolajewna Romanowa erblickt im Jahre 1899 als dritte Tochter des letzten Zaren Nikolaus II. von Russland und seiner Frau, Zarin Alexandra Feodorowna, das Licht der Welt. Sie wird hineingeboren in die prunkvolle Welt des zaristischen Russland, in der ihr Vater, einer der mächtigsten Männer der Welt, sein Volk nach den alten Traditionen beherrscht. Maria erzählt ihre eigene Geschichte, beginnend bei ihrer Geburt, die bei Hofe große Enttäuschung auslöste, denn man erwartet, auch im Volk, endlich die Geburt eines Thronfolgers. Doch der Zar und die Zarin lieben jedes ihrer Kinder mit ganzem Herzen und so berichtet Maria in den kommenden Jahren von einem glücklichen Familienleben, einer wohlbehüteten Kindheit, der Geburt des lange ersehnten Thronfolgers, ihres Bruders Alexei, dessen Leben von der englischen Krankheit, der Hämophilie, überschattet sein wird. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges schildert Maria, wie sie zu einem Backfisch heranreift, während die geschichtlichen Ereignisse Russland verändern und zusehends an der Machtposition ihres Vaters rütteln...

 

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts in St. Petersburg. Maria, geboren 1899, erzählt aus ihrer Sicht das Leben ihrer privilegierten Familie, deren Oberhaupt kein Geringerer ist als Zar Nikolaus II. Eigentlich ist "Mandrifolie" eine Romanbiografie, die das Leben der Romanows noch einmal aufrollt.

Es ist der erste Band, der das Leben am Zarenhof von 1899 bis 1914 erzählt; ein zweiter Band setzt bei den letzten Ereignissen an und erzählt die Geschichte weiter bis zum tragischen Ende der Zarenmonarchie und dem Auslöschen der Romanows.

Ungewöhnliche Protagonistin

Silke Ellenbeck lässt die kleine Maria, die mittlere der fünf Zarenkinder, von ihrem Vater zärtlich "Mandrifolie" genannt, die letzten beinah zwanzig Jahre der Romanows erzählen. Ein Mädchen, das auch über eine Zeit berichtet, in der sie selbst noch gar nicht geboren ist oder erst drei oder vier Jahre alt war. Wirken die Erzählungen des Kindes auch nachvollziehbar und von ihrer Sicht auch stimmig, so beschleicht einen jedoch immer wieder das Gefühl, dass das Mädchen eigentlich zu viel weiß, denn schon im Alter von vier Jahren erzählt Mandrifolie über die verschiedensten Familienbande, deren Stellung in der Gesellschaft und kann die Charaktere der Menschen scheinbar ebenso gut einschätzen wie ein weitgereister Gelehrter.

Einerseits ist bei der Figur Mandrifolie schon sehr viel Wissen und analytisches Denken vorhanden, aber in dessen krassen Gegensatz wiederum steht die wirklich sehr einfache Sprache. So empfindet man dies als etwas paradox, einerseits einer sehr klugen und wissenden Erzählerin zu folgen und anderseits bildlich aber stets ein kleines, noch unwissendes Mädchen vor Augen zu haben.

Würde die Geschichte z.B. von einem Kindermädchen der Romanows erzählt, so wäre die Protagonistin bestimmt weniger innovativ, aber wegfallen würde der Aspekt, dass man sich als Leser nicht sicher sein kann, ob Mandriflolie die Ereignisse alle richtig gedeutet hat.

Ausführliche Recherche

Auffällig und wirklich anerkennenswert, ist das intensive Beschäftigen der Autorin mit der letzten Zarenfamilie und ihrem Schicksal. Um wirklich behaupten zu können, dass historisch alles korrekt ist, müsste der Leser sämtliche Angaben, insofern er nicht selbst ein sehr großes Wissen um die Romanows hat, nachrecherchieren, was aber den Unterhaltungswert des Buches, der durch die Menge an Informationen ohnehin eher dünn ist, sicher immens schmälert.

Die Autorin hat eine wahre Flut an Wissen rund um diese Zeit in das Buch gepackt und es sogar geschafft, dass die Fakten Interessierte nie langweilen. Allerdings kommen so gezwungenermaßen eine unüberschaubare Zahl an Figuren, wie Geschwister des Zaren, Onkel, Tanten, hochgestellte Persönlichkeiten aus anderen europäischen Ländern und jede Menge andere Verwandte und Verschwägerte vor, dass es für den Leser unmöglich ist, die Übersicht zu behalten. Hier einen Stammbaum oder auch ein paar Fotos im Buch mit unterzubringen, wäre nicht nur eine Bereicherung für das Buch gewesen, sondern schon beinah Notwendigkeit. Aber der Verlag verzichtete anscheinend nicht nur auf eine hilfreiche Personenübersicht, sondern auch auf ein Lektorat. Interpunktions- und Rechtschreibfehler häufen sich im Laufe des Buches immer mehr und die Autorin wusste sich wohl nicht zu entscheiden, ob sie die neue oder die alte Rechtschreibung anwenden soll.

Tiefgang bleibt auf der Strecke

Lediglich gute zweihundert Seiten umfasst dieses doch eher dünne Buch und man fragt sich schnell, weshalb ein zweiter Band notwendig gewesen ist, wäre die Geschichte sehr leicht in einem Buch unterzubringen gewesen. Dies ist jetzt sicher keine Tragik, aber angesichts der oft sehr umfangreichen historischen Romane von tausend Seiten und mehr fällt dies doch deutlich auf.

Ellenbeck hat eine Fülle an interessanten Fakten in ihr Buch gepackt, sodass es beinahe scheint, als habe sie die Menschen hinter den Figuren vergessen. Die erzählende Romanow-Tochter erwähnt beispielsweise immer wieder, wie schwer es ihre Mutter hat, von wo vermutlich ihre negativen Stimmungen oder Migräneanfälle kommen oder dass sie selbst oft sehr traurig war, wenn ihre Großmutter sie als zu dick bezeichnete oder sie das Gefühl hatte, nicht zu den anderen Geschwistern zu passen, aber dies alles bewirkt beim Leser keine Identifizierung mit den Figuren. Alles wird erwähnt und erzählt, aber durch die fehlende Empathie und die Überfülle an Fakten, bleibt der Tiefgang dieser doch tragischen Familiengeschichte leider auf der Strecke.

Temporeich und leicht lesbar erzählt, ist dieses Buch schnell gelesen. Empfohlen sei Mandrifolie 1 Lesern die sich wirklich für die Geschichte der letzten Romanows interessieren, denn den anderen wird der zwar äußerst interessante, aber auch die Aufmerksamkeit des Lesers fordernde Hintergrund möglicherweise schnell langweilen.

Mandrifolie 1

Silke Ellenbeck, -

Mandrifolie 1

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