Das Buch des Kurfürsten

  • Dryas
  • Erschienen: Januar 2012
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  • Dryas, 2012, Titel: 'Das Buch des Kurfürsten', Originalausgabe
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Carsten Jaehner
921001

Histo-Couch Rezension vonSep 2012

Spannender Roman um ein gestohlenes Buch

Kurzgefasst:

Heidelberg, November 1595. Hedwig und Philipp Eichhorn leben mit ihrem Kind in der Residenzstadt. Sie arbeitet als Magd, er als Knecht in der kurfürstlichen Kanzlei. Ihr junges Glück wird brutal zerstört, als man Hedwig und das Kind entführt. Die Entführer erpressen Philipp, er soll ein Buch, das den Besitz der kurfürstlichen Gefolgsleute auflistet, aus der Kanzlei stehlen. Hedwig, die in einer Hütte außerhalb Heidelbergs festgehalten wird, fürchtet um ihr Leben und das ihrer Tochter. Aber auch Philipp ist in Gefahr. Immer enger zieht sich das Netz der Verschwörer um die Eheleute. Doch ihr Mut und ihre Liebe lässt sie nicht im Stich.

 

Heidelberg, November 1595. Es ist bitterkalt, und der Schnee hat die Stadt und das Umland fest im Griff. Philipp Eichhorn arbeitet in der kurfürstlichen Kanzlei und ist glücklich verheiratet mit seiner Frau Hedwig, die als Magd arbeitet und gerade frische Mutter eines kleines Mädchens namens Juliane, genannt Juli, geworden ist.

An einem Novemberabend wird Philipp von Schergen gezwungen, ein Buch aus der Kanzlei zu entwenden, in dem Besitztümer eingetragen sind. Sie haben Hedwig und Juli entführt und zeigen als Beweis Hedwigs Ring vor, so dass sich Philipp gezwungen sieht, zu gehorchen und ihnen das Buch auszuhändigen. Hedwig und Juli sind tatsächlich entführt worden, und ihre Entführer warten im Wald auf das Buch.

Da streunt der Walise Ryss durch die Wälder und wird unerwartet Zeuge, wie einer der Entführer den anderen tötet. Von nun an läuft die Aktion aus dem Ruder, denn Hedwig gelingt mit Hilfe von Ryss die Flucht, und sie nehmen das Buch mit, in dem Ryss einen bestimmten Eintrag auskratzen musste. Philipp indessen ist mit seinen Lügen seinen Freunden gegenüber mehr oder weniger aufgeflogen, denn seine Ausrede, wo den Hedwig sei, war, sie sei zu ihren Eltern gereist, doch plötzlich stehen genau diese bei Philipp vor der Tür. Philipp und Hedwig wissen nichts vom Schicksal des jeweils anderen und können nur ahnen, was passiert ist. Doch die Schergen geben nicht auf und verfolgen beide weiterhin. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, denn auch der Winter wird immer härter.

Langsames, aber intensives Erzähltempo

Marlene Klaus hat mit Das Buch des Kurfürsten einen spannenden Roman verfasst, bei dem man sich nie sicher sein kann, wie es denn nun weitergeht. Sie manövriert ihre beiden Protagonisten unabhängig voneinander in derart ausweglose Situationen, dass man selbst als Leser keine Lösungen in Sicht hat. Dabei ist ihr Erzähltempo eher langsam, aber intensiv, und so ist man immer noch näher an den Hauptfiguren dran als normalerweise.

Die Hauptfiguren des Romans sind Philipp und seine ein paar Jahre jüngere Frau Hedwig, beide haben trotzdem eine Anstellung und seit kurzem ein Baby, das Hedwig immer bei sich hat und das bei der Entführung und Flucht von Hedwig immer mit dabei ist. Dadurch ergeben sich immer wieder Probleme, denn Juli schläft leider nicht nur, sondern hat auch Hunger und macht sich gelegentlich die Windeln voll oder das, mit dem Hedwig es eben umwickeln kann. Als sie in Begleitung von Ryss fliehen kann, nachdem einer der Entführer den anderen getötet hat, ist das Baby immer noch mit dabei und lebt auch, und es macht auf der Flucht so einiges mit, ist aber auch gleichzeitig Hauptgefahrenpunkt, denn kleine Kinder können in den unpassendsten Momenten aufwachen und Laut von sich geben.

Bunte Figurenschar

Ryss hingegen ist ein geheimnisumwitterter Walise, der fern der Heimat ist und ein gebrochenes Deutsch mit walisischem Akzent spricht, das von der Autorin durch ein Deutsch mit leicht verschobener Grammatik dargestellt wird. Er ist ein Eigenbrötler, und zieht allein durch die Lande und will auch seine Ruhe haben, da gerät er, auf der Suche nach einem Feuer über die Nacht, in die Fänge der Entführer. Als Hedwig fliehen will, will er ihr gar nicht helfen, da er allein weiter will, aber die Entführer haben ihn als belesenen Mann gezwungen, einen Eintrag aus dem Pergament zu kratzen, und so ist er der einzige, der ahnen kann, welche Verschwörung da eigentlich vor sich geht. Schließlich spricht er mit Hedwig, und als die beiden sich unterhalten und erkennen, was eigentlich hinter ihrer Gesamtsituation steckt, begleitet er sie doch, denn sie wissen, dass das Buch gesucht wird, das sie den Entführern stehlen und sich durch den Wald davon machen, verfolgt von den wiederkehrenden Bösewichten.

Währenddessen ist Philipp völlig verwirrt und schafft es nicht, irgendjemandem sein Herz zu öffnen und zu erzählen, was sich wirklich zugetragen hat, weil er immer noch Angst um seine Familie hat, was sich verstärkt, als die Entführer nicht beim verabredetren Punkt erscheinen und er so befürchtet, dass seine Familie nicht mehr lebt. Verzweiflung aller Orten, Philipp wird beschuldigt, seine Familie getötet zu haben, was er allerdings abstreitet, und wird dennoch in den Kerker geworfen. Hilfe naht durch seinen Freund Kilian und dessen Freundin Appel, einer Magd von Hedwig, die mittlerweile ein Paar sind und sich als echte Freunde in der Not erweisen. Auch Hedwigs und Philipps Eltern, die sich nach und nach einfinden, weil ja auch Jahrmarkt in Heidelberg ist, stossen in dieser Situation dazu, und die Verzweiflung wird noch grösser.

Lokalkolorit

Marlene Klaus baut die Spannung des Romans langsam auf und steigert sie genauso langsam. Erst spät wird klar, wer hinter der Eintragsänderung steckt und damit hinter der Entführung und allen Unannehmlichkeiten, doch auch dies geht ohne grosse Gewalteinwirkung vor sich, und so bleibt der Roman bis zum Ende spannend und doch in einem ruhigen Tempo dahingleitend. Man kann sich nicht wehren und wird in die Geschichte hineingezogen, ist mit den Zweifeln und Verzweiflungen dabei, sieht Hoffnungsschimmer und verwirft sie, wenn alles noch schlimmer wird und zwischendurch wieder mal das Baby schreit.

Durch die geschickte Konstellation an Protagonisten und die einfühlsame Sprache der Autorin ist ein intensiver Roman entstanden, der den Leser von der ersten bis zur letzten Seite in seinen Bann zieht, und das, obwohl die Handlung nur auf vier Tage verteilt ist. Heidelberg und seine Umgebung werden authentisch beschrieben und man merkt, dass sich die Autorin auskennt. Ein Glossar und ein Literaturverzeichnis sowie Danksagungen ergänzen den rundum gelungenen und empfehlenswerten Roman. Man wird gerne wieder zu einem Roman der Autorin greifen. Ein Glücksgriff für den Dryas-Verlag.

Das Buch des Kurfürsten

Marlene Klaus, Dryas

Das Buch des Kurfürsten

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