Ein ungeratener Sohn

  • -
  • Erschienen: Januar 2012
  • 1
  • , 2012, Titel: 'Ein ungeratener Sohn', Originalausgabe
Ein ungeratener Sohn
Ein ungeratener Sohn
Wertung wird geladen
Carsten Jaehner
641001

Histo-Couch Rezension vonJul 2012

Einblick in das Leben des jungen Friedrich

Kurzgefasst:

Viele kennen ihn nur als den Alten Fritz. Als Kronprinz war Friedrich II. charmant, witzig und elegant und als Monarch ein Mensch, der mehr als andere Herrscher seiner Zeit der Aufklärung verpflichtet war, Toleranz übte und die Folter abschaffte. Als Prinz wurde er inhaftiert, zudem, geht es um seine Thronbesteigung und um seine ersten Jahre als König.

 

Bevor Friedrich II. von Preußen König wurde, hatte er eine harte Kindheit und Kronprinzenzeit zu durchleben. Sein Vater, König Friedrich Wilhelm I., regierte mit harter Hand und für den Sohn nie ein gutes Wort, im Gegenteil. So plante Friedrich einige Male die Flucht vor dem Vater, doch ausgerechnet bei einem Fluchtplan wurde sein Freund Katte festgenommen und anschließend geköpft, als Zeichen der Warnung für den Sohn.

Friedrich spurt, ist aber immer noch unglücklich. Doch er fügt sich und stellt fest, dass sein Vater seinen Untertanen ein guter König ist und lernt viel über Innenpolitik. Doch seine kulturellen Interessen muss er vor dem Vater geheim halten, sonst drohen ihm wieder Strafen. Erst mit dem Tod König Friedrich Wilhelms I. im Jahr 1740, als Friedrich König wird, ist er erlöst und versucht nun, sein Wissen und seine Erfahrungen in seine Regierungszeit einfliessen zu lassen.

Das Volk liebt ihn zunächst, einen jungen, aufstrebenden und ideenreichen Herrscher. Doch mit seinen Plänen, das wirtschaftlich florierende Schlesien für Preußen zu erobern, macht er sich nicht nur Freunde, im Gegenteil, er legt sich mit den Habsburgern an, die mit Maria Theresia auch eine neue Kaiserin auf den Thron bekommen haben. Friedrich entwickelt sich zu einem Herrscher mit vielen Gesichtern.

Bittere Kronprinzenzeit

Rita Hausen betrachtet im Friedrich-Jahr 2012 die Jugendzeit und die ersten Jahre Friedrichs als König und beschreibt dabei in vielen kleinen Geschichten und Anekdoten seinen Lebensweg. Der 250 Seiten lange Roman beschreibt dabei bis ziemlich genau zur Hälfte seine Kronprinzenzeit, die zweite Hälfte erzählt seine ersten Regierungsjahre.

Die Autorin beschreibt ohne jegliches Geschnörkel und mit einfacher Sprache, so dass es für jeden Leser verständlich ist. Allerdings vermisst man durch diesen Schreibstil auch etwas an Tiefgang im Roman. Manche Passagen lesen sich sogar wie literarisch ausgearbeitete Lexikonartikel, wobei auch nicht an Jahreszahlen und Rückblenden gespart wird.

Wenig Neues

So erzählt sie auch nichts neues, alle Geschichten und die darum gewebte Biografie Friedrichs sind bekannt, und somit sollte man das Buch nicht lesen, um sich vielleicht in das Leben Kronprinzen und späteren Königs zu vertiefen. Eher kann der Roman als Einstieg in das Thema Friedrich genutzt werden, er eignet sich auch als Jugendroman, um junge Leser für Geschichte zu interessieren.

Dabei beschreibt sie Friedrichs Leben durchaus lebendig. Die Ängste vor dem Vater, die immer wieder auftauchen, auch als der schon längst tot ist, vermitteln dem Leser ein Gefühl dafür, wie ausgeliefert man als Kronprinz sein kann und wie man der Übermacht des Vaters, mit dem man nicht reden kann, ohnmächtig entgegensteht. Man versteht die Gründe für seine Flucht, und man leidet mit ihm, als er seinen Freund Katte verliert, der nur als Warnung für ihn hingerichtet wurde. Obwohl die Autorin letztlich nur an der Oberfläche kratzt, vermittelt sich dem Leser doch ein Bild, wie es in Friedrich vorgeht und wie er versucht, damit klarzukommen.

Schattierungen

Aber sie mal nicht nur schwarz und weiß, sondern sie sucht auch die Schattierungen. So sieht Friedrich in seinem Vater nicht nur den Despoten, der seinen Sohn an kurzer Leine hält, sondern er sieht auch die politischen Dinge, die Friedrich Wilhelm I., der "Soldatenkönig" erreicht hat. So wird er politisch zu seinem Vorbild, privat allerdings nicht. Auch die Beziehungen zu den anderen Familienmitgliedern wie seinen Geschwistern und seiner Mutter werden einbezogen, wenngleich nicht so stark, wie es den Leser vielleicht interessieren würde.

Friedrichs Frau, die er nicht liebt, ist ebenfalls des öfteren Thema im Roman, wenn auch nur kurz. Er traf sie nur selten, und hier zeigt die Autorin auch ihre Ansicht von Friedrichs sexueller Orientierung, die sich ihrer Meinung nach eher auf das eigene Geschlecht bezog. Sie spricht es nie direkt aus, aber wer zwischen den Zeilen lesen kann, wird das schon mitbekommen. Tatsächlich gesichert ist das nicht, aber in einem Roman kann man ja Stellung beziehen.

Ein umstrittener junger König

Im zweiten Teil des Romans, als Friedrich junger König ist, geht es mehr um seine politischen Fähigkeiten, hauptsächlich um die Schlesischen Kriege, mit denen er seine Beliebtheit schnell aufs Spiel setzte und somit bis heute zu einer umstrittenen Person wurde. Eine abschliessende, neutrale Beurteilung Friedrichs wird wohl nie vorgenommen werden können, und das versucht die Autorin auch gar nicht.

Viele bekannte und unbekannte Gesichter tauchen im Roman auf, von seinen Freunden bis zu seinen Feinden und natürlich Größen wie Voltaire und Johann Sebastian Bach. Doch bleiben dies Anekdoten und Geschichtchen, die chronologisch aneinandergereiht wurden, oft ohne Zusammenhang, und dies ist zwar nett und flüssig zu lesen, lässt aber einiges an Tiefgang vermitteln. Die Schrecken des Krieges werden nur bedingt vermittelt, nur Zahlen von Verletzten und Toten bieten nur eine nüchterne Zusammenfassung. Und nüchtern ist der Roman auch noch an vielen anderen Stellen.

Unruhiges Druckbild

Ein Nachwort, ein ausführliches Personenverzeichnis und ein kurzer Glossar ergänzen den Roman. Störend wirken am Druckbild Absätze an Seitenenden, die gar keine Absätze sind, sondern aus irgend welchen drucktechnischen Gründen gemacht wurden und die Absätze nur suggerieren. Hier hätte man einfach bei einer einheitlichen Zeilenzahl bleiben sollen und dies nicht alle paar Seiten ändern sollen, zumal es dafür keinen Grund gibt. Das ergibt ein ruckeliges Lesen, das vom Verlag aus hätte vermieden werden können.

Ein ungeratener Sohn ist ein Romanporträt vom jungen Friedrich, das sich gut eignet, um in die Thematik einzusteigen. Wirklich neues und innovatives bietet der Roman jedoch nicht, sodass sich "Fortgeschrittene" vielleicht ärgern würden, den Roman gekauft zu haben. Zu sehr kratzt die Autorin an der Oberfläche, die noch mehr hätte durchbrochen werden können. Eine nette Ergänzung zum Friedrich-Jahr, nicht mehr und nicht weniger.

Ein ungeratener Sohn

Rita Hausen, -

Ein ungeratener Sohn

Ähnliche Bücher:

Deine Meinung zu »Ein ungeratener Sohn«

Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!

Letzte Kommentare:
Loading
Loading
Letzte Kommentare:
Loading
Loading

Zeitpunkt.
Menschen, Schicksale und Ereignisse.

Wir schauen auf einen Zeitpunkte unserer Weltgeschichte und nennen Euch passende historische Romane.

mehr erfahren