Gold und Stein

  • Droemer-Knaur
  • Erschienen: Januar 2012
  • 2
  • Droemer-Knaur, 2012, Titel: 'Gold und Stein', Originalausgabe
Gold und Stein
Gold und Stein
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Eva Schuster
741001

Histo-Couch Rezension vonMär 2012

Eine dramatische Suche nach der eigenen Vergangenheit

Kurzgefasst:

Preußen, Mitte des 15. Jahrhunderts. Die 17jährige Agnes und ihre Mutter Gunda leben als angesehene Bierbrauerinnen in Wehlau. Eines Tages taucht der junge Baumeister Laurenz auf und erobert Agnes´ Herz im Sturm. Mit aller Kraft sperrt sich Mutter Gunda gegen diese Liebe, droht damit doch ein dunkles Geheimnis aus ihrer Vergangenheit offenbar zu werden. Als die Deutschordensritter Wehlau belagern, flieht Agnes nach Königsberg, wo sie dem gleichaltrigen Caspar begegnet. Warum nur fühlt sie sich sogleich zu ihm hingezogen, wo ihr Herz doch Laurenz gehört? Ihre Verwirrung wächst, als sie an Caspars Nacken dasselbe Feuermal wie an dem ihren entdeckt. Was verbindet sie mit ihm? Plötzlich muss sie sich nicht nur zwischen zwei Männern, sondern auch zwischen zwei Müttern entscheiden...

 

Das preußische Wehlau im Jahr 1452: Die siebzehnjährige Agnes lebt hier mit ihrer Mutter Gunda. Seit Gundas Ehemann und Agnes' Stiefvater Zacharias Fröbel vor einem Jahr starb, betreibt Gunda die Schankwirtschaft alleine und genießt einen guten Ruf für ihr beliebtes Bier. Agnes versteht sich gut mit ihrer Mutter, doch über ein Thema schweigt Gunda seit jeher beharrlich: Über Agnes' leiblichen Vater und die Zeit unmittelbar nach ihrer Geburt, ehe sie nach Wehlau kamen.

Als Agnes im Wirtshaus von einem Gast belästigt wird, kommt ihr ein Fremder zu Hilfe. Der junge Baumeister Laurenz Selege mit den verschiedenfarbigen Augen und dem schwarzen Bart fasziniert die unerfahrene Agnes sofort und er scheint ebenso interessiert zu sein. Zu Agnes' Überraschung aber spricht er ihre Mutter mit einem anderen Nachnamen an und behauptet, sie als Gunda Kelletat aus Königsberg zu kennen. Mehr noch - er spricht von ihrem Zwillingspaar, einem Jungen und einem Mädchen, die beide ein Feuermal im Nacken trugen.

Gunda besteht darauf, dass der Fremde sie verwechseln müsse. Agnes ist misstrauisch - denn sie trägt tatsächlich ein Feuermal im Nacken. Sie ist fest entschlossen, endlich das Geheimnis ihrer Herkunft zu lüften. Wenig später wird die Stadt von den Deutschordensrittern umzingelt. Zu allem Überfluss soll Agnes mit einem älteren Mann verheiratet werden. Sie flieht gemeinsam mit Laurenz aus Wehlau nach Königsberg. Hier begegnet sie dem gleichaltrigen Caspar, zu dem sie rasch eine rätselhafte Verbindung fühlt - und sie kommt dem dunklen Geheimnis ihrer Familie auf die Spur ...

Ein Familienschicksal im 15. Jahrhundert

Heidi Rehn entführt in diesem umfangreichen Schmöker ihre Leser ins Königsberg des 15. Jahrhunderts, in die Zeit des Preußischen Städtekrieges, auch als Dreizehnjähriger Krieg bekannt. Im Mittelpunkt des Geschehens steht mit Agnes ein junges Mädchen an der Schwelle zur Frau, das einem großen Familiengeheimnis auf die Spur kommt. Die Begegnung mit Laurenz Selege reißt Agnes auf zweierlei Arten aus ihrem bisherigen Leben: Zum einen spürt sie zum ersten Mal die Liebe, zum anderen bringt er sie dazu, nach ihrer Herkunft zu forschen. Bleibt Agnes zunächst etwas blass und austauschbar, gewinnt sie doch nach und nach an Profil und wächst dem Leser durchaus ein wenig ans Herz. Positiv ist vor allem, dass sie nie zu reif für ihr Alter wirkt und ihre teils unsicheren Gedanken und Reaktionen authentisch erscheinen. Ihre Mutter Gunda gehört zu den interessantesten Charakteren des Romans.

Zu Beginn entsteht vor allem das Bild einer willensstarken, energischen Frau, die sich zu behaupten weiß und ihre Tochter manchmal bei aller Liebe etwas zu streng behandelt. Später gibt es vermehrt Einblicke in ihre Vergangenheit, das Verständnis des Lesers wächst und Gundas Verhalten lässt sich zunehmend besser nachvollziehen. Eine besonders liebenswerte Figur ist Gundas Mutter Lore, trotz ihres Alters noch geistig hellwach und vor allem für Agnes ein großer Halt. Interessant sind die vielen Details über das Brauereiwesen, die gut integriert werden und nie belehrend oder trocken wirken. Vergleichsweise kurz kommen dagegen die Details zur historischen Situation und auch das Lokalkolorit hätte sicher ausführlicher thematisiert werden können. Wer sich ausführliche Einblicke in das Königsberg jener Zeit erhofft oder viele Schilderungen zum Städtekrieg, wird möglicherweise enttäuscht - im Fokus steht eindeutig das Schicksal der Familie.

Spannung vor allem in der zweiten Hälfte

Der Stil ist flüssig und lässt sich gut lesen, dennoch ist der Roman in der ersten Hälfte teilweise noch ein wenig schleppend. Es passiert zunächst wenig und der Leser wartet ungeduldig darauf, dass Agnes endlich einmal gewisse Schlüsse zieht und dass sich die Dinge entwickeln. Dies geschieht dann vermehrt in der zweiten Hälfte, die auch gleich umso mehr fesselt. Von nun an gibt es mehrere Faktoren, die für Spannung sorgen: Laurenz sieht sich gezwungen, seine Agnes für ein paar Monate beruflich zu verlassen. Das Mädchen findet zwar bei seiner Tante Obhut und eine Vertrauensperson, aber Agnes bekommt leichte Zweifel, dass Laurenz sie wirklich heiraten will. Auch der Leser schwankt noch ein wenig in seiner Meinung zu Laurenz - er wirkt sympathisch, doch zugleich auch undurchschaubar und es bleibt zu hoffen, dass er es ehrlich mit dem unerfahrenen Mädchen meint. Zum anderen ahnt Agnes nicht, wie nah sie nun ihrem Familiengeheimnis gekommen ist und dass sie sich möglicherweise in Gefahr begibt. Beim Zusammentreffen mit dem liebenswerten jungen Caspar weiß der Leser weitaus mehr als sie und wartet unablässig darauf, dass endlich auch Agnes die Zusammenhänge begreift.

Informativer Anhang

Etwas kritisch ist der Prolog zu sehen, der siebzehn Jahre vor der Haupthandlung spielt, denn der Leser erfährt hier ein bisschen zu viel über das Familiengeheimnis. Zwar gibt es im weiteren Verlauf noch einige Wendungen und manche Dinge entwickeln sich anders als angenommen; dennoch hätte man es auch dabei belassen können, dem Leser nicht so viel Vorwissen zu geben - mit ein bisschen Geschick hätte man auch ohne diesen Prolog sicher gewisse Ahnungen beim Lesen bekommen.

Umso begrüßenswerter ist der ausführliche Anhang. Hier erläutert die Autorin auf einigen Seiten diverse wichtige historische Punkte des Romans vom Bierbrauen bis zur landläufigen Auffassung über Zwillinge. Das Glossar erklärt die ausländischen Formulierungen sowie die zeitgenössischen Begriffe und das Personenregister rundet die Übersicht ab. Bemerkenswert ist auch das edle Cover mit dem golden funkelnden Namen der Autorin.

Unterm Strich legt Heidi Rehn mit Gold und Stein einen lesenswerten Roman vor, der seine Leser gut zu unterhalten versteht. Es ist kein Meisterwerk, aber solide Literatur. Vor allem in der zweiten Hälfte entwickelt der Roman Spannung und lässt sich aufgrund des flüssigen Stil trotz des Umfangs leicht lesen.

Gold und Stein

Heidi Rehn, Droemer-Knaur

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