Wind in den Tamarinden

  • Ehrenwirth
  • Erschienen: Januar 2010
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  • Ehrenwirth, 2010, Titel: 'Wind in den Tamarinden', Originalausgabe
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Rita Dell'Agnese
901001

Histo-Couch Rezension vonOkt 2011

Ein poetischer und dennoch ungeschminkter Blick auf das Afrika der Kolonialzeit

Kurzgefasst:

Hamburg 1902: Nora Hendriksen, eine spontane und leidenschaftliche junge Frau, fühlt sich in ihrem Leben als behütete Bankiersgattin wie in einem goldenen Käfig gefangen. Als sie den schwärmerischen Dichter Rainer Offergelt kennenlernt, bricht sie aus und folgt ihm nach Deutsch-Südwestafrika, um dort als Farmerin ein neues Leben zu beginnen. Doch Offergelt erweist sich als zu schwach für das harte Dasein fernab der Zivilisation. Erst bei einem Offizier der Schutztruppen findet Nora eine erfüllende, aber großen Gefahren ausgesetzte Liebe. Denn der zur selben Zeit ausbrechende Herero-Aufstand führt das Land in einen grausamen Krieg.

 

Nora Hendriksen ist unglücklich. Die junge Frau fühlt sich in einem goldenen Käfig gefangen. Ihr Gatte, ein wohlhabender Bankier, hat nur wenig Verständnis für die träumerische Art seiner Frau und ihrer Spontanität, die zu mancher peinlichen Situation in der Gesellschaft führt. Als ihre Schwärmerei für den Dichter Rainer Offergelt an der Hochzeit ihrer Schwester zu einem Eklat führt, wird Nora auf ein Landgut verbannt. Offergelt reist der Frau, für die er in tiefer Liebe entbrannt ist, nach. Nora entscheidet sich spontan, ihren Mann zu verlassen und mit dem Dichter nach Südafrika zu reisen, um dort eine Farm zu betreiben. Doch es zeigt sich, dass Rainer Offergelt der harten Wirklichkeit in Südafrika nicht gewachsen ist. Zutiefst enttäuscht wendet sich Nora einem jungen Offizier zu und gerät in die Wirren der politischen Verhältnisse in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts.

Interessante Charakterstudie

Mit Nora Hendriksen als Hauptperson wagt sich die Autorin Kayla Fleming auf ein rutschiges Parkett. Die junge Frau ist gefangen in ihrer eigenen Leidenschaft, die sich aber aufgrund der gesellschaftlichen Konventionen und ihrer Erziehung in sich zu verbergen versucht. Doch immer wieder brechen ihre Gefühle aus und verpassen dem Bild einer nüchternen Schönheit Risse. Im Bestreben, die sich erstickenden Mauern der Konventionen einzureißen, bricht Nora aus und reist in eine unbekannte Welt. Durchdrungen vom Wunsch, ihre Gefühle offen leben zu dürfen, verschließt sie die Augen vor den Unzulänglichkeiten ihres Gefährten. Doch je schwächer er wird, desto mehr wächst Nora über sich hinaus. Sie bleibt zwar ein schwieriger Charakter, der sich immer wieder selber auch im Wege steht, aber sie findet langsam einen Weg zu sich selber. Alleine diese Charakterstudie lohnt die Lektüre des Buches durchaus. Sie ist aber lediglich Grundlage für ein komplexes Werk, das von Träumen und Realität handelt und jedem empfohlen werden kann, der sein Glück in der Ferne suchen möchte.

Kulturen prallen aufeinander

Nora und Rainer reisen ohne jede Vorbereitung in das ihnen fremde Land Deutsch-Südwestafrika. Sie müssen sich zunächst mit einer ihnen fremden Kultur auseinandersetzen, zudem merken sie erst jetzt, dass sie in ihrem bisherigen, überaus behüteten Leben von der Last eines arbeitsreichen Alltags nur wenig mitbekommen haben. Mit viel Feingefühl beobachtet Kayla Fleming die unterschiedliche Entwicklung der beiden Menschen, die ihrem Traum gefolgt sind. Schnörkellos und doch voller poetischer Schönheit ist auch die Beschreibung der Welt, in der Nora und Rainer Fuß zu fassen versuchen. Der sich anbahnende Herero-Aufstand fließt still, aber nachhaltig in das Geschehen ein und die dadurch entstandenen, politischen Verwicklungen werden durch eine klare Sprache gut nachvollziehbar.

Keine schnulzige Liebesgeschichte

Titel und Klappentext erwecken den Eindruck, dass es sich hier um eine etwas schnulzige Liebesgeschichte handelt. Doch weit gefehlt. Zwar steht die Verliebtheit Noras in den Dichter Offergelt durchaus im Zentrum der Ereignisse, doch hat Kayla Fleming hier ein sehr sorgfältig erarbeitetes Portrait einer an der Realität zerbrechenden Gefühlswelt vorgelegt. Es ist weder eine Friede-Freude-Eierkuchen-Geschichte noch geht es um eine strahlende Heldin, die alle Gefahren mit Bravour übersteht. Es ist die Geschichte einer jungen Frau, die an dem engen Korsett, das ihr ihre Zeit umlegt, zu zerbrechen droht - einer Frau, die zwar über sich hinaus wächst, letztlich aber doch in ihren Grenzen gefangen bleibt. Erzählt wird dies alles in einer schönen, klaren Sprache.

Wind in den Tamarinden

Kayla Fleming, Ehrenwirth

Wind in den Tamarinden

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