Spittelmarkt

  • Gmeiner
  • Erschienen: Januar 2010
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  • Gmeiner, 2010, Titel: 'Spittelmarkt', Originalausgabe
Spittelmarkt
Spittelmarkt
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Jörg Kijanski
801001

Histo-Couch Rezension vonJun 2011

Packender Plot rund um Hitlers Machtergreifung

Kurzgefasst:

Berlin im Herbst 1932. Der Anwalt Eugen Goltz reist im Auftrag des Bankiers Philipp Arnheim nach New York, um die Scheidung von dessen amerikanischer Ehefrau Florence zu regeln. Dort erfährt er von einem mysteriösen "Pharao", dem Oberhaupt einer okkulten Geheimgesellschaft in Berlin, die mit der nationalsozialistischen Bewegung in Verbindung zu stehen scheint. Kurz darauf kommt Florence Arnheim auf rätselhafte Weise ums Leben.

 

Berlin im Herbst 1932: Eugen Goltz arbeitet als Anwalt in einer kleinen Kanzlei und soll für einen einflussreichen Mandanten, den Bankier Philipp Arnheim, dessen Scheidung in New York abwickeln, wo seine Frau Florence lebt. Einzige Bedingung Arnheims ist, dass Goltz einen ominösen Brief, den Florence mitgenommen hat, wieder zurückbringt. Auf der Überfahrt macht Goltz Bekanntschaft mit der attraktiven Künstlerin Irene Varo, die ihn am letzten Abend der Reise in seiner Kabine besuchen möchte. Professor Wolfrath, den Goltz ebenfalls kennen lernt, warnt Goltz vor Varo und bittet ihn zeitgleich um ein Treffen. Doch es kommt anders, denn Goltz verschläft seine Verabredung und macht sich auf die Suche nach Irene, findet jedoch letztlich nur Prof. Wolfrath tot in seiner Kabine vor, augenscheinlich ein Selbstmord.

In New York trifft Goltz zunächst Florence' Anwalt, der alles andere als begeistert von einem Treffen ist. Dieser verlangt ein Pfand für Florence Leben, beispielsweise ein Schreiben dass den "Pharao" belasten würde. Auf Goltz verdutzte Nachfrage erfährt er, dass es sich bei dem "Pharao" um den Führer einer geheimen Loge, der "Brüder und Schwestern vom Licht" in Berlin handelt, der auch Florence angehörte. Doch Aussteiger sind bei dem Geheimbund alles andere als gern gesehen. Überraschend trifft Goltz erneut auf Irene Varo und erhält gemeinsam mit ihr eine Einladung zu einer Party von Florence. Diese geht für Goltz unter recht denkwürdigen Umständen zu Ende und so muss er wenig später erfahren, dass Florence ebenfalls gestorben ist. Auch sie soll sich angeblich selbst gerichtet haben, dabei hat sie Goltz kurz vor ihrem Tod noch zusammen mit Irene in einer höchst amourösen Situation gesehen.

Zurück in Berlin versucht Goltz mehr über die "Brüder und Schwester vom Licht" herauszufinden und muss recht bald erkennen, dass offenbar sein gesamtes näheres Umfeld in diesem Geheimbund tätig ist, und auch er selber hatte schon einmal einen äußerst zweifelhaften Zugang zu der Loge...

Gelungene Stimmungslage einer brisanten Zeit

Spittelmarkt ist der erste Roman von Bernward Schneider im Gmeiner-Verlag und spielt in der Zeit von Hitlers Machtergreifung und spannt den Erzählbogen vom Herbst 1932 bis zum Reichstagsbrand. Sehr gelungen gibt Schneider die Stimmungslage der damaligen Zeit wieder. Auf der einen Seite eine kleine Gruppe, die Deutschland mit Hitlers bevorstehender Machtergreifung bereits am Abgrund sieht, auf der anderen Seite die Mitglieder jener Geheimloge, die sich nichts sehnlicher wünschen, als dass mit ihrem neuen Heilsbringer endlich wieder bessere Zeiten aufkommen. Zwischen diesen klaren Fronten steht der Protagonist und Ich-Erzähler Eugen Goltz, der - wie viele Menschen damals - unpolitisch ist und sich nicht vorstellen kann, dass ein unbedeutender Landschaftsmaler aus Österreich tatsächlich derart verheerend für sein Land sein soll.

Genauso gelungen wie die Wiedergabe der undurchsichtigen Stimmungslage ist die Darstellung des Geheimbundes der "Brüder und Schwestern vom Licht". Hier treffen Schwarzmagier, Okkultisten und einfache Rassisten aufeinander, die von einem reinrassigen germanischen Reich träumen und sich somit voll auf der Linie der neuen Herrscherklasse befinden. Deren Ansichten, die ausführlich vorgestellt werden, sind mitunter recht diffus und erinnern teilweise an die unsäglichen Ausführungen zur Rassenlehre eines Himmlers und vergleichbarer Konsorten. So wundert es nicht, dass der Geheimbund sich hinter den Kulissen für Hitler stark macht und Goltz viel zu spät erkennt, mit wem er sich da einzulassen droht. Was das eigentliche Ziel der Loge ist, soll an dieser Stelle nicht verraten werden. Allerdings, so viel sei vorweg genommen, handelt es sich um eine höchst zweifelhafte Steigerung der Lehre vom perfekten arischen Menschen.

Spittelmarkt ist ein nicht immer einfach zu lesender, aber gleichwohl ein lesenswerter Roman, dessen Schrecken vor allem darin beruht, dass es durchaus wahrscheinlich ist, dass es derartige "Spinner" damals gegeben hat (und, so steht zu fürchten, in ähnlicher Form auch heute noch vereinzelt gibt). Punktabzüge gibt es für die eingebaute "Schleichwerbung" für die Schriftsteller Karl May und Edward Bulwer-Lytton, deren Neuausgaben Bernward Schneider in seinem Benu Verlag veröffentlicht.

 

 

Spittelmarkt

Bernward Schneider, Gmeiner

Spittelmarkt

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