Fesseln des Schicksals

  • Rowohlt
  • Erschienen: Januar 2011
  • 1
  • Rowohlt, 2009, Titel: 'Lazos y cadenas', Originalausgabe
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Rita Dell'Agnese
801001

Histo-Couch Rezension vonMai 2011

Südstaaten-Epos mit überraschender Tiefe

Kurzgefasst:

In einer stürmischen Nacht im Jahr 1837 werden auf der Baumwollplantage New Fortune nahe bei New Orleans zwei Mädchen geboren. Ihre Mütter könnten unterschiedlicher nicht sein: Katherine ist die Frau des Plantagenbesitzers, Molly ihre Sklavin - und ihre engste Vertraute. Aber Molly wird die Geburt nicht überleben. Katherine weiß um das dunkle Geheimnis der doppelten Geburt: Ihr Mann hatte Molly missbraucht und geschwängert. Um sich an ihm zu rächen, nimmt Katherine das zweite Kind als gleichberechtigte Tochter an. Die Mädchen wachsen zusammen auf und werden wie ihre Mütter engste Freundinnen. Doch dann bricht der Bürgerkrieg aus, und die beiden finden sich auf unterschiedlichen Seiten wieder...

 

Ein dramatischer Einstieg, eine gelungene Überleitung in die eigentliche Geschichte und eine überzeugende Story: Was sich den Lesern von Fesseln des Schicksals präsentiert, ist von größerer Tiefe, als es Titel, Cover und Klappentext zunächst vermuten lassen. Unbestreitbar verbirgt sich hinter dem opulenten Titel ein Roman der großen Gefühle. Es verbirgt sich aber auch eine Geschichte, die mehr zu sagen hat, als schmelzende Liebesschwüre. Es ist die Geschichte einer starken Frau (Katherine) und ihrer beider Töchter Hortensia und Charlotte. Nur Katherine weiß, welches der beiden Mädchen sie selber zur Welt gebracht und welches die Tochter ihrer Sklavin Molly ist, die bei der Geburt des Kindes starb. Eines Kindes, das nach dem Willen Davids, Katherines Ehemann, so schnell wie möglich hätte aus seinem Umfeld verschwinden sollen. Denn die zweite Tochter erinnert den Baumwollpflanzer immer daran, dass er Molly Gewalt antat. Auf der Plantage lebt noch ein weiterer Sprössling Davids: der dunkelhäutige Noah. Auch ihn hat Katherine unter ihre Fittiche genommen und schützt ihn vor den Gewaltausbrüchen der Aufseher und ihres Ehemanns.

Stimmige Darstellung

Die Geschichte beginnt mit der Geburt der beiden Mädchen und schweift dann zunächst zu den Heldentaten Davids, die den Lesern einen guten Einblick in den Charakter des jungen Mannes gewähren. Auf seiner Heimkehr aus dem Krieg lernt der Baumwollpflanzer die Südstaaten-Schönheit Katherine kennen, ein Mädchen aus reichem Hause. Autorin Liz Gallaga versieht Katherine mit allen Attributen, die man von einem Mädchen ihres Standes erwartet: Insbesondere lässt sie das Mädchen als verwöhnten Liebling ihres Vaters auftreten und gibt ihr ein kokettes, nicht aber zynisches Verhalten mit auf den Weg. Sowohl bei der charakterlichen Ausgestaltung Katherines als auch bei jener Davids legt die Autorin viel Feingefühl an den Tag. Geschickt stellt sie die Entwicklung dar, die dazu führt, dass sich Katherine und David schon nach kurzer Ehe nur mehr mit Feindseligkeit begegnen. Nicht ganz so stimmig scheint die Charakterisierung der beiden Töchter sowie Noahs. Hier greift Liz Gallaga leider zu einigen Wendungen, die vor dem Hintergrund des ansonsten überzeugenden Aufbaus etwas plump wirken.

Den Geist der Zeit eingefangen

Eindrücklich fängt Liz Gallaga die sich nur zögerlich wandelnde Einstellung der Weißen zu Menschen mit anderer Hautfarbe ein. Sie zeigt die Mechanismen der Fremdenfeindlichkeit und des Rassendenkens auf, ohne dass sie hier den Moralfinger zu stark heben würde. Die Autorin versteht es, die Situation zu präsentieren und auch die Hintergründe des Kriegs Nord- gegen Südstaaten sichtbar zu machen. Mit ihrem Roman präsentiert sie einen Einblick in eine Epoche, die nur in wenigen historischen Romanen angesprochen wird, die aber bis heute in den USA nachwirkt. Gallagas Roman ist weit entfernt von Margaret Mitchells Vom Winde verweht - auch wenn ein Vergleich der beiden Romane in Teilbereichen durchaus gezogen werden kann.

Gut aufgebaut

Der fast 700 Seiten starke Roman stellt an die Leser keinen zu hohen Anspruch, ist er doch in füßiger und leicht lesbarer Sprache gehalten. Allerdings bietet er einen gelungenen Spannungsbogen und entpuppt sich als echter Pageturner. Dazu kommt, dass nur vereinzelte Längen den Lesefluss etwas hemmen. Grundsätzlich wird man durch Liz Gallagas Südstaaten-Epos bestens unterhalten und erfährt mehr von der damaligen Gesellschaft und Kultur als in vielen anderen Romanen.

Fesseln des Schicksals

Liz Gallaga, Rowohlt

Fesseln des Schicksals

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